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Referendariat

Meine ersten Vorstellungsgespräche als Volljurist

By 21. Mai 2019Oktober 12th, 2023No Comments
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Meine ersten Vorstellungsgespräche als Volljurist

Erste Schritte in Richtung Karrierestart

Inzwischen sind knapp 3 Monate vergangen, seitdem ich mein Zweites Staatsexamen in der Tasche habe. Noch immer zieht es mein Herz in Richtung Selbstständigkeit, aber nichtsdestotrotz bin ich fleißig dabei Bewerbungen zu schreiben. Zum einen wird dies von der Agentur für Arbeit vorgegeben (da die Möglichkeit für eine Bürogemeinschaft erst in 5 Monaten besteht) – zum anderen wollte ich einfach für mich wissen, welche Angebote mir mit einem durchschnittlichen Examen gemacht werden und ob diese mich ja vielleicht doch von meinen Plänen für den Einstieg in die Selbstständigkeit abbringen könnten. Hier möchte ich einmal meine ersten Erfahrungen in den Vorstellungsgesprächen mit euch teilen.

Die Bewerbungsphase

Die meisten Stellenangebote fand ich tatsächlich über die Jobbörse der Arbeitsagentur. Dort fiel mir sofort auf, dass der Stellenmarkt für Volljuristen sehr gut aussieht. Große und mittelständische Kanzleien sind ständig auf der Suche nach Rechtsanwälten – ob mit oder ohne Berufserfahrung. So verschickte ich erstmal meine überarbeiteten Bewerbungsunterlagen an einige mittelständische Kanzleien. Dass ich einen Verbesserungsversuch starten will, erwähnte ich in meinen Bewerbungen zunächst nicht und sprach dies erst bei den Vorstellungsgesprächen an. Einige Kanzleien meldeten sich gar nicht, andere schickten mir schon innerhalb von zwei Tagen eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Vorab: Dies deute ich klar als Zeichen dafür, dass der Bewerber bereits alle Hauptkriterien erfüllt. Und das ohne Prädikatsexamen! Wie ihr attraktive und ansprechende Bewerbungsunterlagen erstellt, habe ich euch ja bereits in meinem letzten Blogbeitrag verraten.

Die Vorstellungsgespräche

Die erste Kanzlei zu der ich eingeladen wurde, war eine auf Verkehrsrecht spezialisierte Kanzlei mit etwa 18 Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen. Aktuell beschäftigt sich die Kanzlei überwiegend mit dem VW-Abgasskandal. Bereits von der Empfangsdame wurde ich freundlich begrüßt und bekam sofort ein Wasser. Natürlich war ich schon 15 Minuten früher da (erster Eindruck!) und wartete in meinem frisch gebügelten Hemd und meinem Anzug im Foyer darauf, dass mich der Chef des Hauses abholt. Er ließ mich nicht lange warten und begrüßte mich sofort herzlich und dem entsprechend verlief auch das folgende Gespräch.

Zunächst unterhielten wir uns allgemein über meinen Werdegang, über die Kanzleiphilosophie und was von den Mitarbeitern erwartet wird. Besonders wichtig schien dem Chef, dass 40 Stunden dort auch 40 Stunden bedeuten (dass das nicht überall so ist, lest ihr gleich weiter unten). Über Noten wurde zu keinem Zeitpunkt gesprochen. Im Gegenteil. Die ersten Monate sollte man nur Schriftsätze am Band abarbeiten, die zwar mit dem VW-Abgasskandal, aber so gut wie nichts mit Jura zu tun haben sollten. Danach würde man dann in das Verkehrsrecht eingearbeitet werden. Besonders attraktiv war, dass die Kanzlei hochmoderne Arbeitsplätze anbietet, wo nicht mehr mit Papier, sondern nur noch mit „e-Akten“ gearbeitet wird.

Dann kam man zum nicht ganz unwesentlichen Teil: dem Gehalt. Relativ offen wurde mir gesagt, dass die Kanzlei natürlich keine Großkanzleigehälter zahlt. Allerdings würde man die ersten 3 Monate mit 3100 Euro brutto und danach mit 3.500 Euro brutto + Weihnachtsgeld einsteigen. Dazu würde auch der Fachanwaltslehrgang finanziert. Für ein Durchschnittsexamen empfinde ich das als faires und realistisches Angebot. Das Gespräch verlief insgesamt sehr positiv. Problematisch schien für den Chef der Kanzlei nur zu sein, dass ich einen relativ weiten Arbeitsweg hatte. Man verblieb dann dabei, dass es wohl für beide Seiten am besten wäre, wenn man langfristig über einen Umzug nachdenkt, damit man sich nicht über kurz oder lang nach einem neuen, näher gelegenen Job umschaut.

Mit dieser ersten Erfahrung begab ich mich dann in das zweite Vorstellungsgespräch, ebenfalls eine mittelständische Kanzlei, die diesmal auf Zivilrecht spezialisiert war. Überrascht hat mich zunächst, dass ich bereits einen Tag nach dem Versenden meiner Bewerbungsmail zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Selbstbewusst ging ich auch in dieses Gespräch. Auch das kann ich allen nur raten: Versetzt euch niemals in die Rolle des Bittstellers. Die Kanzleien sind auf der Suche nach guten Leuten! Zeigt was ihr (außer Noten) mitbringt und warum ihr der richtige Kandidat seid.

Empfangen wurde ich nach kurzer Wartezeit von der Chefin sowie einem langjährigen Mitarbeiter der Kanzlei. Der erste Eindruck der Kanzlei erinnerte mich ein wenig an eine Großkanzlei. Modern, geschmackvoll und mit vielen schönen Konferenzräumen ausgestattet. Auch dieses Gespräch verlief wirklich sehr nett und angenehm und dauerte länger als gedacht. Ich war wirklich voller Euphorie und konnte mir wirklich gut vorstellen in dieses Team einzusteigen. Allerdings hielt die Euphorie nicht allzu lange an, da die eigentlich wichtigen Themen, nämlich Gehalt und Arbeitszeiten, erst zum Schluss angesprochen wurden. Kurz und knapp kann ich sagen, dass ein Arbeitspensum wie in einer Großkanzlei erwartet wurde (11-Stunden-Tage und gerne auch mal Samstagsarbeit).

Bei meiner Gehaltsvorstellung von mindestens 3.500 Euro brutto musste die Chefin kurz schlucken und teilte mir dann mit, dass trotz des Arbeitspensums zu Beginn ein Gehalt von 3000 Euro brutto angeboten wird, man aber bereit wäre später über eine Gehaltserhöhung zu sprechen. Insbesondere mit Blick auf die Arbeitszeiten habe ich dieses Angebot abgelehnt. Erwartet hatte ich das eigentlich nicht, denn in der Stellenbeschreibung war die Rede von „flexiblen Arbeitszeitmodellen zur Verwirklichung von Freizeit und Familie“… Dass dieses Arbeitspensum aber nun mal nicht nur in Großkanzleien erwartet wird, bestätigten mir im Übrigen auch andere Kollegen.

Fazit

Als Fazit lässt sich festhalten, dass man sich auch als Volljurist mit durchschnittlichen Noten keine Sorgen über eine Anstellung machen muss. Wenn man bedenkt, dass das nur die ersten Vorstellungsgespräche waren und der Markt aktuell viel hergibt, kann man sagen, dass man gute Chancen für einen schnellen Berufseinstieg hat. Zwar wird man zu Beginn kein Spitzengehalt verlangen können, allerdings gleicht sich das mit den Berufsjahren und Erfahrungen aus, sodass dann die Note nicht mehr entscheidet.

Welche Alternativen mir zu einem Anstellungsverhältnis angeboten wurden und wie es dazu kam, erfahrt ihr in meinem nächsten Blogbeitrag.

Bis dahin wünsche ich euch viel Glück mit euren eigenen Bewerbungen!

-Sinan

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Beitragsautor:

Sinan Akcakaya

Sinan Akcakaya

Sinan schrieb für JurCase zunächst über seine Erfahrungen im juristischen Vorbereitungsdienst und sodann über das Assessorexamen. Seine letzten Beiträge für uns befassen sich hingegen mit dem Karrierebeginn junger Volljuristen.

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