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Referendariat

Die Anwaltsstation – Wie bewerbe ich mich richtig?

By 4. Oktober 2018Oktober 18th, 2023No Comments
Erfahrungsbericht

Die Anwaltsstation – Wie bewerbe ich mich richtig?

Nach der Zivilstation und der Strafstation steht in Baden-Württemberg die Anwaltsstation I vor der Tür. Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern ist die Station bei der Anwältin bzw. dem Anwalt in Baden-Württemberg in zwei Blöcke (Anwalt I und Anwalt II) aufgeteilt, die jeweils 4,5 Monate dauern. Während man am Gericht und bei der Staatsanwaltschaft seiner bzw. seinem Ausbilder:in einfach zugeteilt wird, darf und muss man sich in der Anwaltsstation selbst darum kümmern, in welcher Kanzlei man die Station verbringt. Der Bewerbungsprozess läuft aber in allen Bundesländern gleich ab, sodass der Artikel für alle Referendar:innen interessant sein dürfte:

Die Entscheidung – Wo soll ich hin?

Zunächst steht die grundlegende Entscheidung an, in welcher Stadt, welchem Rechtsgebiet und bei welcher Kanzlei man die Anwaltsstation verbringen möchte. Dabei gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, die Station auch in einem anderen Bundesland oder im Ausland zu absolvieren. Hierzu bedarf es aber einer Ausnahmegenehmigung durch das zuständige Gericht. Denn auch während der Anwaltsstation laufen die Arbeitsgemeinschaften weiter, an denen man ca. einmal in der Woche verpflichtend teilnehmen muss.

Nun aber zurück zu deiner wichtigen Entscheidung: Zentrales Auswahlkriterium bei vielen Referendar:innen ist die Nähe der Kanzlei zum eigenen Wohnort bzw. zum Unterrichtsort und eine gute Erreichbarkeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Wer schon immer eher ein:e Strafrechtler:in war, wird sich natürlich eine Kanzlei aussuchen, in der es eine:n Fachanwält:in für Strafrecht gibt. Unabhängig von bereits bestehenden Interessen, bietet die Anwaltsstation aber auch die Möglichkeit, Rechtsgebiete und Jobperspektiven kennenzulernen, die im Studium so noch nicht behandelt wurden. Wie wäre es also zum Beispiel mal mit Datenschutzrecht oder M&A?

Ein ganz entscheidender Faktor ist für viele angehende Jurist:innen auch die Größe der Kanzlei. Wer es lieber persönlich mag, ist bei einer oder einem Einzelanwält:in oder einer kleineren Kanzlei bestimmt gut aufgehoben. Besteht Interesse an einem Auslandsaufenthalt oder weißt du schon jetzt, dass du gerne einmal richtig Kohle machen willst? Dann ab in eine der berühmt berüchtigten Großkanzleien! Anzug und Krawatte nicht vergessen! Letztere haben den Vorteil, dass die Station zusätzlich zur Unterhaltsbeihilfe vergütet wird. Viele Kanzleien bieten ihren Referendar:innen inzwischen über 450€ pro Wochenarbeitstag an. Dafür wird dann meistens aber auch ein Prädikatsexamen vorausgesetzt und die Arbeitstage sind entsprechend lang und anstrengend. Kleinere Kanzleien haben den Vorteil, dass die Arbeitszeiten oft viel flexibler vereinbart werden können und nebenher auch noch genug Zeit zum Lernen bleibt. Außerdem sind es gerade die kleineren Rechtsfälle aus dem Alltag, die häufig äußerst examensrelevant sind. Das Prüfungsamt wird im Zweifelsfall eher Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall abfragen als Details zu einem internationalen Unternehmenskauf.

Letztendlich ist es aber – wie so oft im Leben – eine ganz individuelle Entscheidung, wo man seine Station verbringt.

3, 2, 1, Bewerbung!

Ist die Entscheidung aber erstmal gefallen, sollte man sich bereits mehrere Monate vor Beginn der Anwaltsstation bei der jeweiligen Kanzlei dafür bewerben. Plätze bei besonders beliebten Kanzleien sind begrenzt und schnell vergriffen! Gerade Kandidat:innen mit eher schlechteren Noten sei an dieser Stelle geraten, sich am besten parallel bei mehreren Kanzleien zu bewerben, falls es bei einer Kanzlei nicht klappen sollte. Es kann sinnvoll sein, vorab telefonisch bei deiner Wunsch-Kanzlei anzufragen, ob noch Referendarsplätze frei sind, wer der richtige Ansprechpartner ist und welche Unterlagen eingereicht werden sollen. Telefonnummer und Adresse entnimmst du am besten der Homepage der Kanzlei.

Die Bewerbung läuft dann letztendlich genauso ab, wie jede andere Bewerbung auch. Gerade bei kleineren Kanzleien kann die Bewerbung aber auch wesentlich informeller und persönlicher gestaltet sein. Deine „normalen“ Bewerbungsunterlagen sollten ein Anschreiben, einen tabellarischen Lebenslauf, dein Zeugnis über das Bestehen der Ersten Staatsprüfung und eventuelle Arbeitszeugnisse enthalten. Es ist inzwischen Standard die Unterlagen per Mail als PDF-Dokument zu versenden.

Das Anschreiben

Das Bewerbungsschreiben sollte maximal eine Seite umfassen, individuell verfasst und an die konkrete Bewerbung angepasst sein. Das Anschreiben ist formal gesehen ein Geschäftsbrief und wie ein solcher aufzubauen. Ganz oben steht daher der Briefkopf mit Absender:in und Adressat:in, darunter folgt eine Zeile mit dem Betreff „Bewerbung für…“. Darunter wiederum steht die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“. Das Anschreiben wird zunächst mit einem allgemeinen Einleitungssatz begonnen: „Hiermit bewerbe ich mich für…“. Erst dann folgen weitere Ausführungen zur eigenen Person und Motivation. Das Anschreiben endet mit einem Hinweis auf die angehängten Dokumente (Lebenslauf, Zeugnisse) sowie der Grußformel „Mit freundlichen Grüßen“ und deiner Unterschrift.

Sinn des Anschreibens ist es, dich deinem Gegenüber kurz vorzustellen und zu erklären, wieso du dich auf die angegebene Stelle bewirbst und warum du dafür die bzw. der richtige Kandidat:in bist. Im Anschreiben kann dabei auch auf ein bereits stattgefundenes Telefongespräch oder eine frühere E-Mail Bezug genommen werden. Vorlagen für Anschreiben gibt es zuhauf im Internet. Diese sollten jedoch nie bedenkenlos komplett übernommen, sondern immer angepasst werden. Grundsätzlich gilt: Je größer die Kanzlei, desto professioneller sollte die Bewerbung ausfallen. Bei kleineren Kanzleien genügt es oft schon, zu erläutern in welchem Zeitraum man sich auf welche Stelle bewirbt und welchen Werdegang (Jurastudium, besondere Kompetenzen) man hinter sich hat.

Der Lebenslauf

Dein Lebenslauf sollte zwei Seiten nicht überschreiten und ordentlich und übersichtlich in einer neutralen, gut lesbaren Schriftart formatiert sein. Ein tabellarischer Lebenslauf beginnt mit der Überschrift (»Lebenslauf« oder »Curriculum Vitae«), den wichtigsten Daten zu deiner Person (Vorname, Nachname, Geburtsort, Familienstand) sowie Adresse, Telefonnummer und E-Mailadresse. In Deutschland hat sich wohl der chronologische Aufbau durchgesetzt, wobei die jeweils aktuellste Position oben steht. Grundsätzlich ist es möglich, den Lebenslauf in mehrere Blöcke aufzuteilen. Als Kategorien bieten sich an: Ausbildung (Schule, Studium), Berufstätigkeit/Praxiserfahrung, Kenntnisse (Sprachen & IT), Engagement/Ehrenamt und Interessen/Hobbys. Zwingend sind wohl die Angaben zum Abitur (inklusive Note) und bestandenem Ersten Staatsexamen (inklusive Note) sowie die Angabe des universitären Schwerpunkts. Gerade juristische Nebenjobs sind gerne gesehen und sollten unbedingt erwähnt werden. Gleiches gilt für ehrenamtliches Engagement sowie Sprach- und Computerkenntnisse.

Ein Bewerbungsfoto muss dem Lebenslauf zwar nicht zwingend beigefügt werden, ist in Deutschland wohl aber immer noch Standard. Es sollte sich dabei aber unbedingt um ein professionelles Foto in Business-Kleidung handeln.

Der Bewerbung beigefügt werden Kopien des Abiturzeugnisses, des Zeugnisses über das Bestehen der Ersten Juristischen Staatsprüfung sowie deine bisherigen Arbeitszeugnisse bzw. Praktikumszeugnisse. Es ist nicht nötig, Zwischenzeugnisse oder Scheine aus der Universität anzuhängen.

Das Bewerbungsgespräch

Hast du deine Bewerbungsunterlagen erfolgreich eingereicht, folgt in der Regel eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch. Auch dieses läuft letztendlich ab wie jedes andere ganz normale Bewerbungsgespräch. Es gilt: Gut vorbereiten, schick anziehen und pünktlich sein! Üblich sind Fragen wie: Warum haben Sie sich gerade bei uns beworben? Was interessiert Sie an diesem Rechtsgebiet besonders? Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor? Oder: Warum sollten wir gerade Sie einstellen? Man sollte sich also vorab über die Kanzlei und das Rechtsgebiet genauestens informiert haben und ansonsten einfach versuchen, Ruhe zu bewahren. Umgekehrt bietet das Vorstellungsgespräch aber auch die Möglichkeit, einen besseren Eindruck von der Kanzlei und deiner bzw. deinem zukünftigen Chef:in zu gewinnen. Unbedingt solltest du daher Fragen wie Arbeitszeiten, Arbeitsumfang und Vergütung thematisieren. Ach übrigens: Was sind eigentlich deine Stärken und Schwächen? 😉

Ich wünsche Euch viel Erfolg bei der Bewerbung für die Anwaltsstation!

– Jannina

(Referendarin in BW, Autorin auf justillon.de und iurratio.de)

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Beitragsautor:

Jannina Schäffer

Jannina Schäffer

Jannina studierte Rechtswissenschaften in Tübingen und legte 2019 ihr Zweites Staatsexamen am Landgericht Stuttgart ab. In ihrer Freizeit betreibt sie unter anderem JURios - das online Magazin für kuriose Rechtsnachrichten.

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