Skip to main content
Referendariat

Die Strafstation bei der Staatsanwaltschaft

By 26. Dezember 2019März 15th, 2022No Comments
Erfahrungsbericht_Strafstation_FB

Die Strafstation bei der Staatsanwaltschaft

Man muss auch mal Glück haben…

Nachdem ich bei meiner Zivilstation eher Pech mit meinem Ausbilder hatte, durfte ich mir den für die Staatsanwaltschaft zum Glück selbst aussuchen – und was soll ich sagen? Glücksgriff! Da hat sogar mir das Strafrecht richtig Spaß gemacht.

Wie sucht man sich seinen Staatsanwalt aus?

In Berlin darf man sich seinen ausbildenden Staatsanwalt selbst aussuchen. Man muss aber nicht, dann wird man zugeteilt. Das betrifft dann auch die Abteilung. Wer also nicht zur Wirtschaftskriminalität will (als Beispiel), sollte sich zumindest eine Abteilung aussuchen, auch das geht in Berlin. Oder man nennt einen konkreten Staatsanwalt. Den ruft man dann an und fragt, ob er noch frei ist für den Zeitpunkt der Station.

Aus den 300 Staatsanwälten in Berlin muss man sich natürlich erst mal den richtigen aussuchen. Dafür gibt es im Büro des Personalrats der Referendar*innen Berlin ordnerweise Beurteilungen der Staatsanwälte von ehemaligen Referendaren. Da man von der Anzahl total überschlagen wird, empfehle ich euch, genügend Zeit mitzubringen (ca. 2h) und euch vorher zu überlegen, in welche Abteilung ihr wollt. Das könnte ihr nach Interesse wählen oder z.B. nach der Examensrelevanz.

Da bieten sich die Buchstabenabteilungen an (benannt nach dem Zuteilungsverfahren nach Buchstaben). Diese allgemeinen Abteilungen beschäftigen sich mit der „Alltagskriminalität“. Meine Akten beschäftigten sich mit Körperverletzung, Diebstahl, Betrug, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Co. Dabei handelt es sich meist auch relativ einfach Verfahren und Akten, die sich gut für den Einstieg eignen.

Was macht man als Referendar bei der Staatsanwaltschaft?

Die Aufgaben unterteilen sich in drei Bereiche. Erstens gehen die meisten Referendare mit ihren Ausbildern in deren Sitzungen und schauen ihnen bei der Arbeit zu. Dies habe ich mit meinem Ausbilder nicht gemacht, er da zu mir meinte, dass seine Sitzungen thematisch nicht examensrelevant sind.

Die zweite Aufgabe ist das Bearbeiten von Akten. Dabei ging es um Anklageschriften, Strafbefehle, Haftbefehle, Verfügungen und Vermerke. Ich bin im Schnitt ein Mal pro Woche zu meinem Ausbilder gefahren und habe alte Akten abgegeben und neue abgeholt. Dabei wurden die alten Akten auch jedes Mal ausführlich besprochen. Das fand ich von meinem Ausbilder sehr gut. Er hat meine Arbeiten auf seinem Computer geöffnet und kritisiert – im positiven Sinne. Er hat mit erklärt, was ich gut gemacht habe und was noch verbessert werden muss. Ich bin dabei immer mit einem guten Gefühl rausgegangen. Wenn ich mich geärgert habe, dann über mich selbst, weil ich mal wieder denselben Fehler gemacht habe.

Die dritte Aufgabe ist die Sitzungsvertretung, die wohl aufregendste Aufgabe. Sie ist sehr fordernd aber auch total spannend und so praktisch! Endlich nicht mehr im Büro sitzen und büffeln, sondern einen Job in der Praxis haben. Ich war jedes Mal total aufgeregt, gerade beim ersten Mal war ich echt furchtbar nervös… Da steht man da in Robe im Gerichtssaal und alle gucken einen erwartungsvoll an. Mein erstes Plädoyer war auch dementsprechend runtergerattert und abgelesen bzw. auswendiggelernt. Aber es wurde von Mal zu Mal besser und hat am Schluss echt Spaß gemacht. Trotzdem weiß man nie, was passiert und etwas unerwartetes kommt immer. Doch gerade das macht den Reiz aus – so ist die Praxis nun mal.

Wie läuft die AG ab?

Die AG ist anders aufgebaut als in der Zivilstation. Der Einführungslehrgang ist nur halb so lang (2 statt 4 Wochen) und unser Ausbilder ist Strafrichter. Leider wird in der AG nicht vom Ausbilder unterrichtet, das finde ich schade und in der Zivilstation deutlich besser. Es wird vom AG-Leiter selbst kein Wissen mehr vermittelt, sondern die Referendare halten Referate. Zu Beginn der AG konnte sich jeder ein Vortragsthema aussuchen und musste dann darüber einen im Schnitt ein- bis anderthalbstündigen Vortrag halten. Dabei ging es um Beweisverbote, Durchsuchung, Strafverteidigung und Co. Also durchaus relevante Inhalte, die ich aber lieber von meinem AG-Leiter erklärt bekommen hätte. Da das in den anderen AGs auch so lief, scheint das aber wohl der Standard zu sein…

Wir hatten jeden Dienstag für 3,5 Stunden AG. Dazu kommen 3 Klausuren sowie 2 JVA-Besuche, Obduktion, Polizeifahrt – und Weihnachtsmarkt 😉

Wie ist das zeitliche Pensum?

Ich denke, dass sich die Zivilstation und Staatsanwaltschaft zeitlich nicht viel nehmen. Es gibt 1-2 AG Termine pro Woche, man muss 1-2 Mal pro Woche zu seinem Ausbilder plus Sitzungsvertretung etwas alle zwei Wochen. Bei mir kommt noch mein Job dazu, dem ich ein Mal pro Woche nachkomme. Ich bin also jeden Tag unterwegs während der Stationen.

Dazu kommt dann die „Hausarbeit“: Lernen für Klausuren und Aktenbearbeitung. Ich denke, dass ich schon so 10-15 Stunden pro Wochen an den Akten gesessen habe. Ich habe immer mehrere mitbekommen. Und die Sitzungen muss man auch vorbereiten. Auf 40 Stunden pro Woche kommt man da locker, ich habe auch fast jedes Wochenende gesessen und was gemacht – vor allem eben die „Hausarbeit“.

Fazit

Die Strafstation bei der Staatsanwaltschaft macht sehr viel Spaß, auch wenn sie zeitlich umfangreich ist und man vieles Neues lernen muss. Ich empfehle euch wirklich, während der Station schon möglichst viel nebenbei zu lernen, um die Übungsklausuren während der AG sinnvoll nutzen zu können, da das zu erlernende Wissen auch nicht weniger wird. Allgemein ist das Klausurenschreiben das allerwichtigste, das merke ich immer wieder. Jede Woche sollte mindestens eine Klausur geschrieben werden.

JURCASE MIETANGEBOT FÜR DEIN
2. STAATSEXAMEN

Jetzt mieten statt kaufen!

Für alle Bundesländer bietet JurCase die zugelassenen Hilfsmittel auf Basis der Prüfungsordnung der jeweiligen Bundesländer zur Miete an. Du kannst je nach Bedarf nur die Examenskommentare, nur die Gesetzestexte oder das Kombi-Paket mit allen Kommentaren und Gesetzestexten bei JurCase mieten.

Profitiert als AG von den JurCase AG-Rabatten: Wir bieten bei Gruppenbestellungen attraktive Sonderkonditionen für unsere JurCase Mietprodukte an.

Hat dir der Beitrag gefallen?

Beitragsautor:

Ulrike R.

Ulrike R.

Ulrike befindet sich seit zwei Jahren im juristischen Vorbereitungsdienst, den sie zugunsten ihres Sohnes unterbrechen musste. Sie befindet sich noch bis voraussichtlich Mai 2021 in Mutterschaftszeit. Danach steht bei ihr das Examen an. In ihren Beiträgen berichtet sie von der Vereinbarkeit von Kind und Referendariat.

Alle Beiträge von Ulrike R. ansehen