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Referendariat

Die Stationenwahl im Referendariat

By 13. November 2018Oktober 18th, 2023No Comments
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Die Stationenwahl im Referendariat

Erfahrungsbericht und Tipps für die Stationenwahl

Spätestens zu Beginn der zweiten Station – in Schleswig-Holstein ist das die Zivilstation – sollte man sich ernsthafte Gedanken über die Wahl der weiteren Stationen machen.

Der folgende Erfahrungsbericht soll euch ein paar Tipps für die eigene Stationensuche liefern.

Allgemeines zur Stationenwahl

Die ersten zwei Stationen des Referendariats – Straf- und Zivilstation – sind vorgegeben. Aber ab der dritten Station kann und muss man sich eigene Ausbildungsstätten suchen. Hiervon umfasst sind die viermonatige Verwaltungsstation, die neunmonatige Anwaltsstation und die dreimonatige Wahlstation.

Vorab: Grundsätzlich können Bewerbungen in unserem elektronischen Zeitalter auch bereits per Mail versendet werden. So spart man zumindest Porto. Allerdings kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass sich nicht alle Ausbildungsstätten auf elektronische Bewerbungen zurückmelden. In den meisten Fällen reicht die Übermittlung eines Lebenslaufs sowie des Examenszeugnisses aus. Bei besonderen Qualifikationen für die beworbene Station sollte man auch diesbezügliche Zertifikate mitschicken. Ein Optimist kann auch bereits den vorausgefüllten Überweisungsantrag anhängen.

Wie lange eine Rückmeldung auf sich warten lässt, ist unterschiedlich. Ich hatte meine ersten Rückmeldungen bereits ein bis zwei Tage nach Bewerbung, auf einige warte ich (zwei Monate nach Verschicken der Bewerbung) immer noch. Spätestens zwei Monate vor Beginn der Station müssen die ausgefüllten Überweisungsanträge an den Dienstherrn weitergeleitet werden. Bis dahin sollten die Zusagen eintrudeln, bzw. man selbst vorsichtig noch einmal nach dem Bearbeitungsstand fragen.

Die Wahl der richtigen Ausbildungsstätte hängt maßgeblich davon ab, welchem Typ Referendar man selbst angehört. Der Einfachheit halber stelle ich mal drei Stereotypen auf: Den Karriero, den Unentschlossenen und den Minimalisten.

Der Karriero hat bereits zu Beginn des Referendariats mindestens ein konkretes Jobangebot auf dem Tisch und weiß bereits ganz genau, wie sein weiteres Berufsleben ausgestaltet sein soll. Er sieht das Referendariat als eine zweijährige Bewerbungszeit, um sein Ziel schnellstmöglich zu erreichen.

Der Unentschlossene weiß noch nicht genau, wo die Reise nach dem Referendariat hingehen soll. Er sieht das Referendariat als eine Möglichkeit, in möglichst viele unterschiedliche Bereiche hineinzuschnuppern und hierbei hoffentlich seinen Traumjob zu finden.

Der Minimalist ist die Zeit nach dem Referendariat bislang völlig schnuppe. Er möchte lediglich mit dem kleinstmöglichen Aufwand die Stationen ableisten und sich währenddessen weitestgehend auf das Examen konzentrieren.

Die folgenden Tipps orientieren sich an den drei Stereotypen. Ich gebe zu, dass ich selbst eine Mischung aus Karriero und Unentschlossener darstelle.

Die Wahl der Verwaltungsstation oder „Deutsche Behörden, eine wahre Freude“

Die viermonatige Verwaltungsstation schließt in Schleswig-Holstein direkt an die Zivilstation an. Generell ist die Station an einer Behörde abzuleisten. Es ist aber auch möglich, die Station zu splitten und zwei Monate an einem Gericht oder je zwei Monate an einer Behörde zu verbringen.

Auf der Seite des Referendarrates SH finden sich viele Vorschläge, wo die Verwaltungsstation konkret abgeleistet werden kann. Zusätzlich ist ein Ranking vergangener Referendare vorhanden, die Arbeitsaufwand und Zufriedenheit bewertet haben.

Der Karriero sollte sich Stationen suchen, die möglichst mit seinem Zukunftsplan in Einklang stehen. Möchte er später Staatsanwalt oder Richter werden, empfehlen sich Bewerbungen bei Ministerien oder der jeweiligen Kriminalinspektion. Bei weiteren Spezialisierungen, z. B. im Steuerrecht, sollten Stationen am Finanzgericht oder dem Finanzamt in Erwägung gezogen werden. Zu beachten ist hierbei, dass einige Stationen, insbesondere Ministerien, grundsätzlich nur Referendare für die vollen vier Monate aufnehmen, sodass ein Splitten nicht möglich ist.

Der Unentschlossene sollte die Station auf jeden Fall splitten und einen Teil bei Gericht, den zweiten an einer Behörde verbringen. So kann er sowohl den Gerichtsalltag – abseits eines Amts- / Landgerichts – als auch den Behördenalltag aktiv erleben.

Der Minimalist sucht sich eine Station, die mit dem wenigsten Arbeitsaufwand bewertet wurde. Hier sitzt er zwar wahrscheinlich nur seine Zeit ab und erlebt wenig vom eigentlichen Behördenalltag, die freie Zeit kann er aber zur Vorbereitung auf das Examen nutzen.

Spätestens zwei Monate vor Beginn der Station muss die ausgefüllte Ausbildungszusage der Staatskanzlei zugeschickt werden. Falls die Zusage seitens der Ausbildungsstätte sehr lange dauert, wundert euch nicht: Deutsche Behörden arbeiten eben SEHR gründlich.

Ich selbst habe die Station ebenfalls gesplittet und werde die erste Hälfte bei Gericht, die zweite bei einer Behörde verbringen.

Die Anwaltsstation oder „Tauchen gibt es nicht!“

An die Verwaltungsstation schließt sich direkt die neunmonatige Anwaltsstation an. In dieser ist der Referendar völlig frei in seiner Stationenwahl. Er kann die Zeit also auf mehrere Kanzleien aufsplitten oder einer treu bleiben. Zu bedenken ist hierbei, dass im letzten Monat der Station das schriftliche Examen stattfindet, also eigentlich nur acht Monate frei eingeteilt werden können. Auf der Seite des Referendarrates SH werden regelmäßig Stationsangebote von Kanzleien aber auch Unternehmen veröffentlicht.

Soweit es den Karriero in Richtung Großkanzlei zieht, empfiehlt sich eine entsprechende Bewerbung – soweit nicht bereits eine vorherige Zusage vorliegt. Ein Splitten auf mehrere Großkanzleien bietet sich an, um spätere Gehaltsverhandlungen zu beleben. In dieser Zeit kann auch bereits ein Fachanwaltslehrgang abgeleistet werden, um für Kanzleien noch attraktiver zu sein.

Der Unentschlossene sollte ebenfalls die Station splitten, um in verschiedene Kanzleialltage eingebunden zu werden und die eigenen Vorlieben zu erkennen. Eine Aufteilung auf eine Großkanzlei und eine kleine Anwaltsboutique bietet sich zum Beispiel an, um die verschiedenen Extreme zu erleben.

Der Minimalist sucht sich einen Ausbilder, vornehmlich in einer kleinen Kanzlei, in der nach Absprache möglichst wenig Arbeitsbelastung erfolgt und er besonders lange tauchen kann. So kann er wiederum nicht den vollen Kanzleialltag erfahren, hat aber weitaus mehr Zeit zur Vorbereitung auf das Examen.

Kleiner Exkurs zum Thema „Tauchen“

Für diejenigen, die noch nicht wissen, was das bedeutet: In den letzten Monaten vor dem schriftlichen Examen lassen sich viele Referendare von ihrem Ausbilder inoffiziell freistellen, um sich ausschließlich auf das Examen vorzubereiten. Dies erfolgt meist in einem Zeitraum von zwei bis vier Monaten. Ein Kollege von mir hat das Thema Tauchen in der Staatsanwaltsstation ganz offen und unbedarft beim AG-Leiter angesprochen und wurde dafür erstmal zurechtgestutzt. Sowohl den Begriff als auch das Konzept gibt es offiziell nicht. Somit bieten auch nicht alle Kanzleien diese Möglichkeit an. Einige Anwälte reagieren auch mehr als sparsam auf diesbezügliche Nachfragen während des Bewerbungsgesprächs, andere sprechen dies von sich aus wiederum offen an. Ich finde diese Schweigepolitik ziemlich albern, denn es handelt sich um ein etabliertes, wenn auch totgeschwiegenes Konzept, das die meisten Ausbilder auch selbst wahrgenommen haben dürften. Trotzdem sollte man sich gut überlegen, ob man das Thema von sich aus beim Ausbilder, Mitreferendaren oder sogar dem zuständigen OLG anspricht. Spätestens von letzterem würde ich dringendst abraten.

Ich selbst absolviere die Anwaltsstation in einer Kanzlei, in der ich seit dem Studium – und auch neben dem Referendariat – eine Nebentätigkeit wahrnehme. Dies erleichtert auch derart delikate Gespräche ungemein.

Die Wahlstation oder „Wo kriege ich die meisten Punkte?“

An das schriftliche Examen anschließend beginnt die Wahlstation, die letzte Station des Referendariats. Sie endet mit dem Tag der Mündlichen Prüfung. Der Bereich, in dem man diese Station wählt, bestimmt das Thema des Aktenvortrags. Auch für die Wahlstation finden sich Jobangebote auf der Seite des Referendarrates SH.

Der Karriero kann diese Station entweder nutzen, um bei einem obersten Gericht bzw. der Generalstaatsanwaltschaft Eindruck zu schinden und hiermit die Ernennung zum Richter oder Staatsanwalt zu pushen. Alternativ kann er sich eine renommierte Auslandsstation suchen, um weitere Qualifikationen für den Anwaltsberuf zu erwerben.

Der Unentschlossene sollte sich ebenfalls für einen Auslandsaufenthalt entscheiden, um auch die auswärtige Rechtspflege kennenzulernen.

Der Minimalist sucht sich wiederum eine möglichst arbeitsarme Station, um sich intensiv auf die Mündliche Prüfung vorzubereiten. Auch nimmt er seinen kompletten Resturlaub in dieser Station, um keine Urlaubstage verfallen zu lassen.

Ich selbst werde meine Wahlstation bei der Generalstaatsanwaltschaft ableisten und daher meinen Aktenvortrag im Strafrecht halten.

Viele Gerüchte umschwirren die einzelnen Wahlgebiete. Im Verwaltungsrecht soll man zum Beispiel mit mindestens einer Note besser abschneiden als in den anderen Gebieten, im Strafrecht wiederum eine Note schlechter. Steuerrecht soll weiterhin die absolute Hölle sein. Ich persönlich gebe – ebenso wie im Studium – nicht so viel auf derartige Gerüchte. Jeder sollte den Bereich wählen, für den er sich am meisten interessiert bzw. den er am besten beherrscht. Ich bin davon überzeugt, dass sich dies in der Note widerspiegeln wird.

Fazit:

Welche Stationen im Referendariat für euch die Richtigen sind, hängt meiner Meinung nach maßgeblich von eurer persönlichen Einstellung zum Referendariat und eurer Zielsetzung ab.

Sobald ihr euren persönlichen Weg gefunden habt, lassen sich jedoch für jeden die passenden Stationen finden. Lasst euch aber nicht zu viel Zeit und bewerbt euch frühzeitig. Einerseits habt ihr zu Beginn des Referendariats noch die meiste Zeit und Muße für die Bewerbungsgespräche, andererseits sind umso mehr Stationen bereits vergeben, je länger ihr wartet.

Ich hoffe, dieser Erfahrungsbericht hilft euch ein wenig bei euren Bewerbungen und wünsche euch viel Erfolg bei der Stationenwahl!

– Regina

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Beitragsautor:

Regina Kardel

Regina Kardel

Regina berichtete uns über ihre Erlebnisse und Erfahrungen, die sie während ihres juristischen Vorbereitungsdienstes gemacht hat. Mittlerweile ist sie zugelassene Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei. Deshalb schreibt sie aktuell für JurCase-Jobs über die anwaltliche Karriere.

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