Worauf sollte man bei der Bewerbung achten?
„Ich bin fertig, ich habe das Erste Juristische Staatsexamen bestanden.“ Diesen Moment erwarten wohl alle Jurastudenten sehnsüchtig. Endlich hat man das Erste Juristische Staatsexamen in der Tasche. Und nun? Nach mehreren Monaten des zielstrebigen Lernens ist diese Etappe auf einmal erreicht und die Aufgabe, für die man die letzten Monate und Jahre gelebt hat, ist erfüllt.
Nach einigen Wochen der Entspannung kribbelt es nun wieder in den Fingern und vom Nichtstun hat man so langsam genug. Die Bewerbung für das Referendariat rückt näher. Doch was erwartet uns im Referendariat eigentlich, worauf sollte man bei der Bewerbung achten und über welche Umstände sollte man sich vorher unbedingt informieren?
Erwartungen an das Rechtsreferendariat
Nach dem Ersten Staatsexamen denken wohl die meisten Jurastudenten: „Lernintensiver als im letzten Jahr, kann es gar nicht mehr werden“ und doch hört man von vielen Absolventen des Zweiten Staatsexamens den Satz: „Das Zweite Staatsexamen ist noch viel schlimmer als das Erste.“
Ich selbst habe vor Kurzem mein Erstes Juristisches Staatsexamen bestanden und die Bewerbung für das Referendariat stand nun vor der Tür. Meine Erwartungen an das Referendariat spiegeln wahrscheinlich die eines jeden Jurastudenten wider: „Endlich kann ich Praxiserfahrung sammeln.“ Natürlich habe ich Respekt vor den hohen Anforderungen, die im Zweiten Staatsexamen an die Referendare gestellt werden – es überwiegt jedoch die Vorfreude auf die neuen Erfahrungen, zum Beispiel das Reinschnuppern in den Alltag eines Richters, Staatsanwalts oder Rechtsanwalts
Während ich im Hinblick auf die Zivilstation noch gar keine genauen Vorstellungen habe, ob ich lieber beim Amts- oder beim Landgericht landen würde, häufen sich mittlerweile die Erwartungen für meine Zeit bei der Staatsanwaltschaft. Dies mag wohl maßgeblich daran liegen, dass ich nach dem Ersten Examen begonnen habe, als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einer Kanzlei zu arbeiten, die auf Strafrecht spezialisiert ist. Außerdem habe ich ein Praktikum bei dem Landgericht Hamburg in der großen Jugendstrafkammer absolviert und im Studium den Schwerpunkt Kriminalität und Kriminalitätskontrolle – Jugendstrafrecht und Jugendkriminologie belegt. Das Strafrecht fasziniert mich einfach und dies spiegelt sich auch in meinen Erwartungen für die Station bei der Staatsanwaltschaft wider.
Zu gerne würde ich an einer Nachtfahrt bei der Polizei teilnehmen oder gar Mäuschen bei einer Hausdurchsuchung spielen. Solche Verfahrensschritte aus unmittelbarer Nähe zu beobachten stelle ich mir als einmalige Erfahrung vor, die einerseits hilfreich ist, um die Härte dieser Eingriffe in die Rechte der Betroffenen besser nachvollziehen zu können und andererseits, um ein genaues Bild von diesen „Ermittlungsmaßnahmen aus dem Lehrbuch“ ermöglicht zu bekommen.
Auch von der Sitzungsvertretung in der Station bei der Staatsanwaltschaft verspreche ich mir viel. Trotzdem graut es mir auch etwas davor „ins kalte Wasser geschmissen zu werden“ und ganz allein die Aufgaben des Staatsanwalts im Prozess zufriedenstellend bewältigen zu müssen. Während meiner Zeit in der Kanzlei habe ich aber gelernt, dass man meistens den größten Lerneffekt erzielt, wenn man eigenverantwortlich kniffelige Aufgaben übernimmt und bearbeitet. Im Nachhinein konnte ich immer zurückblicken und sagen: „Das war doch gar nicht so schlimm und hat sogar echt Spaß gemacht.“ Ins kalte Wasser geschmissen zu werden ist im Endeffekt also gar nicht so schlecht.
Es überrascht wohl nicht, wenn ich gestehe: Ich träume davon, die Verwaltungsstation im Polizeipräsidium absolvieren zu können – dies ist eben auch eine Behörde, die eine bedeutende Rolle im Strafverfahren einnimmt und damit eine nahe Verwandtschaft zu meinem geliebten Strafrecht aufweist. Ich begeistere mich jedoch auch sehr für das Gefahrenabwehrrecht, besonders für das Versammlungsrecht, so dass das Reinschnuppern in die Arbeit in einem Polizeipräsidium alle meine Interessen bedienen dürfte. Hier heißt es dann wohl: Frühzeitig bewerben, damit der Traum von der Verwaltungsstation im Polizeipräsidium nicht platzt.
JurCase informiert:
In welchem Rechtsgebiet ich mir meine Anwaltsstation vorstelle, halte ich mir noch offen. Vielleicht finde ich ja noch den Absprung vom Strafrecht in ein anderes Rechtsgebiet oder ich kann diese Leidenschaft nicht aufgeben und finde meinen Weg dorthin zurück – ich bin gespannt, wohin es mich und meine Interessen nach den ersten Erfahrungen im Referendariat verschlagen wird.
Ablauf des Referendariats
Während des Schreibens meiner Bewerbung erhielt ich bereits einige Einblicke in das Referendariat. Besonders fielen mir die regionalen Unterschiede im Ablauf des Referendariats auf, die es vor der Bewerbung zu beachten gilt. Dazu zählen auch die jeweiligen Prüfungsbedingungen, die sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. So sind etwa die Reihenfolge der zu durchlaufenden Stationen und deren Länge sowie die Anzahl der zu schreibenden Klausuren in den verschiedenen Fächern von jedem Bundesland anders festgelegt.
Auch die Anzahl der Wahlstationen und die Vorgaben für diese unterscheiden sich jeweils.
JurCase informiert:
Eine Recherche der Prüfungsbedingungen des Referendariats im Wunschbundesland lohnt sich, um nachträglich nicht unangenehm überrascht zu werden.
Gerade die Anzahl der zu schreibenden Klausuren weicht, wie ich staunend feststellen musste, in den Bundesländern drastisch voneinander ab. Während sich die Anzahl beispielsweise in Bayern auf neun beläuft, werden im Norden weitaus weniger Klausuren geschrieben. Für einen Bewerber, der seine Stärken im schriftlichen Teil aufweist, könnte also beispielsweise ein Referendariat in Bayern im Hinblick auf die Endnote womöglich geeigneter sein als ein solches im Norden. Wer hingegen besonders in der mündlichen Prüfung glänzen möchte, kann auch hier Abweichungen dahingehend feststellen, wie hoch die Gewichtung der Klausuren und der mündlichen Prüfung ausfällt.
Ein Blick auf den Ablauf des Referendariats in der angestrebten Region vor dem Abschicken der Bewerbung kann also schon vor Antritt des Referendariats den Weg für zwei erfolgreiche Jahre ebnen!
Bewerbung
Ihr ahnt es vielleicht schon? Richtig, auch die Bewerbung für das Referendariat läuft regional unterschiedlich ab. Ausschlaggebend für das Angebot eines Referendariatsplatzes ist zunächst die Endnote der Ersten Juristischen Prüfung. Während allerdings einige Bundesländer sogenannte „Wartepunkte“ eingeführt haben, gibt es ein solches System in anderen Bundesländern nicht.
Bei Bestehen eines „Wartepunktesystems“ heißt es also: schnell ran an die Bewerbung! Wartepunkte kann es für einen jeweils verstrichenen Zeitpunkt geben, in welchem man bereits auf einen Referendariatsplatz wartet. Auch werden beispielsweise Punkte vergeben für Personen, die in diesem Bundesland schon ihr Erstes Examen absolviert haben. In Bundesländern ohne ein solches System ist dagegen lediglich eine Bewerbung zum Wunschzeitpunkt nötig. Außerdem müsst ihr bei der Bewerbung eine Vielzahl von Unterlagen einreichen, die ihr schnellstmöglich zusammensuchen solltet. Auch hier sollte ihr euch also unbedingt über die Modalitäten im Wunschbundesland informieren, um nicht eine lange Wartezeit für einen Referendariatsplatz in Kauf nehmen zu müssen.
Fazit
Es ist damit sehr ratsam, sich vor einer Bewerbung für einen Referandariatsplatz über die regionalen Unterschiede zu informieren, seine Stärken und Schwächen im Ersten Examen Revue passieren zu lassen und sich dann anhand aller Informationen für ein Bundesland zu entscheiden. Ich selbst habe nun mein Wunschbundesland gefunden, freue mich schon jetzt auf den Start des Referendariats – besonders auf die Station bei der Staatsanwaltschaft – und bin sehr gespannt darauf, welche tollen Erfahrungen ich in dieser Zeit sammeln darf.
Viel Glück für euren Weg im Rechtsreferendariat!