Anwaltsstation – und jetzt?!
In diesem Beitrag möchte ich euch über das Mysterium Anwaltsstation und Fortgeschrittenen-AG aufklären. Die hierbei erwähnten Dinge gelten für den Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf, tauchen aber wahrscheinlich so oder so ähnlich auch in anderen Gerichtsbezirken auf.
In den meisten Referendariatsgruppen gibt es zwei Sorten von Menschen: solche, die Freunde haben, die das Ref bereits hinter sich haben, und solche, für die jeder Schritt im Ref überraschend und neu ist. Ich gehöre zwar zu der ersten Sorte, fühlte mich aber in den letzten Monaten immer mal wieder sehr unvorbereitet, was den Fortgang der Stationen anging.
Die sogenannte „Fortgeschrittenen-Arbeitsgemeinschaft“
Die Anwaltsstation mit der bei uns in NRW vorgesehenen Fortgeschrittenen-AG (F-AG) war mal wieder ein solches Mysterium. Gut, wie die Anwaltsstation beim Anwalt selbst abläuft, konnte ich mir gut vorstellen, da ich in „meiner“ Kanzlei bereits als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig war. Dazu später mehr. Über die AG hatte mir aber niemand besonders viel erzählt, ich habe allerdings auch nicht nachgefragt.
Im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist es mittlerweile so, dass in der F-AG der Einführungslehrgang abgeschafft wurde. Während man früher also die ersten beiden Wochen fast jeden Tag im Landgericht saß, reduziert sich das Ganze nun von vornherein auf 1-2 Mal die Woche. Diese Einheiten dauern dann in der Regel den ganzen Tag (an meinem Landgericht von 9-17 Uhr inklusive Mittagspause), sind also nichts für schwache Nerven.
Für die verschiedenen Rechtsgebiete gibt es jeweils unterschiedliche AG-Leiter. In unserer AG sind es fast exorbitant viele, das sollte allerdings nicht die Regel sein. Die F-AG ist außerdem in verschiedene Blöcke aufgeteilt, an deren Ende meistens die Klausurenwoche ansteht. Klausurenwoche bedeutet 4 Klausuren in einer Woche, das Ganze ungefähr 5 Mal in den 10 Monaten der AG.
Der Inhalt der F-AG selbst ist dann hoch variabel. Manche AG-Leiter werden kommen und stundenlang erzählen, welche Kuscheltiere sie in ihrem Schrank aufbewahren, falls Mandanten mit quengeligen Kindern kommen. Darauf sollte man sich einstellen. Viele werden versuchen, Inhalte zu vermitteln, was mal mehr, mal weniger gut funktioniert. Bei uns fehlte leider oft die Struktur und ein erkennbares Ziel: machen wir gerade Zwangsvollstreckungsrecht? Anwaltsklausur? Übung für die mündliche Prüfung? Es ist wirklich manchmal unergründlich, welches System hinter der F-AG steckt.
Wie man die F-AG ergänzen sollte
Ich persönlich würde aus meinem sehr begrenzten Erfahrungsschatz empfehlen, von vornherein nebenher mit Skripten oder anderen Büchern zu arbeiten. Aber das allerwichtigste: Klausuren schreiben. Wie ich in einem vorherigen Beitrag schon einmal berichtet habe, gibt es die verschiedensten Anbieter für Klausuren. Ich glaube, letzten Endes kommt es aber sowieso nur darauf an, dass man sie schreibt. Auf diese Weise lernt man Aufbauschemata, Standard-Floskeln und Zeitmanagement. Und genau das sind die Fähigkeiten, die man im 2. Staatsexamen braucht. Die AG-Leiter können natürlich versuchen, das hinterletzte Problem bei der Drittwiderspruchsklage zu unterrichten, davon weiß man aber lang noch nicht, wie man eine Klausur aufbaut und wo man relevante Sachen im Kommentar nachschlagen kann.
Und man sollte damit auch nicht zu lange warten. Die Anwaltsstation ist kurz. Da man bereits im 10. Monat schreibt und das meistens am Anfang des Monats, hat man faktisch nur 9 Monate. Je nachdem, welches Tauchmodell man verfolgt, können diese 9 Monate ganz schön knapp werden.
Der praktische Teil: die Ausbildung beim Anwalt
Nun noch einige Worte zu dem praktischen Teil der Anwaltsstation. Bei mir persönlich ging es eigentlich ziemlich genau so weiter, wie es vor meiner Verwaltungsstation aufgehört hatte. Schon damals war ich eine ganze Weile als wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Kanzlei tätig und war im Prinzip eingearbeitet. Nun, ungefähr einen Monat nach meiner Rückkehr, mache ich eigentlich noch dieselben Dinge wie davor. Wer dieses Risiko nicht eingehen will, dem gebe ich den Tipp, die Kanzlei zwischen wissenschaftlicher Mitarbeit und Anwaltsstation zu wechseln. Ich muss aber ehrlich sagen, dass ich es sehr angenehm so finde. Mein Fokus liegt momentan eindeutig auf dem Examen und der Vorbereitung darauf. Sicherlich ist das eine Frage der persönlichen Prioritäten. Möchte man lieber gut als künftiger Anwalt/künftige Anwältin ausgebildet werden? Oder ist man auch einmal froh, wenn gerade nichts zu tun ist und man die Zeit zum Lernen nutzen kann?
Nicht zu vergessen: das Lernen
Lernen ist ein gutes Stichwort. Wie lernt man, wenn man vier Mal die Woche arbeitet und einen Tag in der F-AG verbringt? Nun, bei manchen ist die Antwort sicherlich: gar nicht. Das kommt dann im Tauchen. Manch anderer hat sich bewusst eine Station gesucht, bei der die Anwesenheit nur sehr selten gefragt ist und daher von Anfang an regelmäßig und viel gelernt wird.
Mein Tauchmodell sieht vor, dass ich 4 Monate lang 4 Tage die Woche arbeite und danach bis zum Examen tauche. Das sollte (zumindest in NRW) ein sehr übliches Modell an. Die meisten Kanzleien locken neben einem üppigen Zusatzgehalt mit Kaiser-Seminaren, Klausurenkursen oder anderen Repetitorien. Aber auch hier gilt, wie für fast alles in der juristischen Ausbildung: es gibt kein Richtig oder Falsch. Man sollte vielmehr entscheiden, was man persönlich für ein Lerntyp ist, was man an Unterstützung braucht, wie wichtig es einem ist, seinen potentiell künftigen Arbeitgeber zu beeindrucken. Das Beruhigende ist, dass ich aus allen Geschichten ehemaliger Referendare den Schluss ziehen konnte, dass auch die Tauchzeit von 5-6 Monaten ausreicht, um sich ordentlich auf das Examen vorzubereiten.
Was man am Ende immer braucht: ein Fünkchen Glück.
In diesem Sinne: viel Erfolg in allen Stationen, die euch gerade so bevorstehen!
Eure Juliane
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