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Referendariat

Vier Monate Zivilrechtsstation: eine letzte Bilanz

By 15. März 2018Oktober 18th, 2023No Comments
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Vier Monate Zivilrechtsstation: eine letzte Bilanz

Die jungen Juristen, die auf ihre erste juristische Prüfung hin fiebern, wissen: die Zeit rast. Ich habe vor vier Monaten meinen juristischen Vorbereitungsdienst angetreten, nun ist die erste Station schon vorbei. Mir wurde zwar bereits am ersten Tag gesagt, dass die Zeit schnell vergehen würde, ich habe aber nicht damit gerechnet, dass die Zeit im Referendariat nochmals an Zug gewinnt und vier Monate wie vier Wochen wirken lässt. Nun ist es auch so, dass jede Station den Referendar auf Praxis und Examen vorbereiten soll. Deshalb wird es Zeit, eine letzte Bilanz zur Zivilrechtsstation zu ziehen, insbesondere mit Blick auf die Bilanz nach dem ersten Monat:

Die Arbeitsgemeinschaft (AG)

Die AG soll theoretisches Wissen für Praxis und Examen vermitteln. In der zweiwöchigen Einführung gab es einen doch eher wirren Rundumschlag durch die ZPO, insbesondere zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen und dem Aufbau eines Urteils. Beides war mehr geprägt durch Frontalunterricht, ersteres hätte man auch wesentlich kürzer behandeln können, da das meiste bereits aus der universitären ZPO-Vorlesung hätte bekannt sein sollen. Stattdessen hätte die so eingesparte Zeit für die wichtigen praktischen Werkzeuge verwendet werden können: Wie schreibt man eine Relation oder ein Urteil?

Die Regel-AG, also die im Anschluss der Einführungswochen wöchentlich stattfindende Arbeitsgemeinschaft, bot zwar mehr praktische Inhalte, war jedoch bedauerlicherweise auch überwiegend von Frontalunterricht und bekannten Inhalten geprägt. Erst gegen Ende der Station bekamen wir als Hausaufgabe auf, ein Gutachten, ein Urteil und eine Relation zu schreiben – dies kam allerdings für die meisten viel zu spät. In meinem Fall war es zum Beispiel so, dass ich jeweils bereits in der Einzelausbildung hatte liefern müssen, was dort auch benotet worden war.

Die Arbeitsgemeinschaft hatte jedoch auch ihre Höhepunkte: So waren die wöchentlichen Aktenvorträge hilfreich und das Rollenspiel ein Highlight. Schlussendlich lässt sich aber auch sagen, dass die AG (zumindest in Kombination mit der Einzelausbildung) doch relativ erfolgreich verlief: nicht nur haben sich die Noten bei den Aktenvorträgen stetig gebessert, sondern auch die beiden benoteten AG-Probeklausuren unter Examensbedingungen waren ein voller Erfolg.

Ein Abschlussgespräch, bei dem wir auch unser AG-Stationszeugnis erhalten sollen, fand im Rahmen der Zivilrechtsstation bisher nicht statt. Aktuell warten wir auf einen Termin hierfür.

Die Einzelausbildung

Meine Zeit bei meiner Einzelausbilderin hat mir im Vergleich zur Arbeitsgemeinschaft wesentlich mehr Spaß gemacht, da die Arbeit praktischer war. So musste ich beispielsweise vier Urteile, zwei Beschlüsse, zwei einfache Gutachten sowie eine Relation schreiben. Selbstverständlich ist das Anfertigen eines Gutachtens nicht großartig anders als an der Universität, allerdings muss hierfür der Sachverhalt selbst aus den Akten gezogen werden. Allein diese Praxisnähe macht – zumindest für mich – das Schreiben eines Gutachtens wesentlich interessanter als die „abgedrehten, lebensfremden Fälle“, die es hin und wieder an der Universität zu lösen galt.

Meine Einzelausbilderin hat sich bei der Korrektur meiner Arbeiten immer besonders viel Mühe gegeben, mir dabei auch einige Verbesserungsvorschläge gemacht und – sowohl schriftlich im Rahmen der Korrektur als auch mündlich bei der Besprechung der Arbeit – ein abschließendes Fazit gegeben. Die Noten waren immer fair, wenngleich sicherlich auch etwas wohlwollender.

Die Sitzungstage empfand ich hingegen als eher überflüssig, auch wenn sie von AG-Leitern und Einzelausbildern hoch angepriesen werden, da man allein durch das häufige anwesend sein eine Routine erlernen würde. Dies mag für einige Lerntypen sicherlich der Fall sein, mir hilft bloßes „herumsitzen und beobachten“ wenig. Ich muss selbst praktisch tätig werden, wie es bei der ersten eigenen Beweisaufnahme der Fall war. Diese praktische Übung kann gerne auch – wie geschehen – chaotisch ablaufen, bei mir bildet sich daraus dennoch ein Lernerfolg. Glücklicherweise brauchte ich jedoch nicht bei allzu vielen Sitzungen als stiller Beobachter dabei sein, da meine Einzelausbilderin lediglich eine ¼-Stelle als Zivilrichterin und eine ¾-Stelle als Strafrichterin hat und deshalb regelmäßig nur alle zwei Wochen Zivilsitzungen hatte, von denen auch recht viele ausgefallen sind.

Das Abschlussgespräch und mein Stationszeugnis bestätigten schließlich mein Gefühl, dass ich mich nicht nur gut in die Zivilrechtsstation eingefunden hatte, sondern auch eine Lernkurve deutlich zu erkennen war.

Mein Fazit: Die AG hätte besser sein können, die Einzelausbildung war hingegen großartig – möchte man die Station aber ordentlich bewältigen, bedeutet dies jedoch eine Menge Arbeit

Dieses Fazit hängt selbstverständlich stark von den AG-Leitern beziehungsweise Einzelausbildern sowie von den eigenen Präferenzen ab – sowohl hinsichtlich Aufbau und Art der Ausbildung als auch der Arbeitsauslastung.

In unserem Falle erlitt die Arbeitsgemeinschaft bereits deshalb einen Bruch, weil wir zwei unterschiedliche AG-Leiter – jeweils einen für die Einführungswochen sowie einen für die Regel-AG – hatten. Hinsichtlich der Einzelausbildung habe ich beispielsweise von einigen Kollegen auch „Horrorgeschichten“ gehört, insbesondere dass bis zum Schluss, wenn überhaupt, nur eine oberflächliche Besprechung der Arbeiten stattfand und die Noten erst mit dem Stationszeugnis bekannt gegeben wurden.

Zum Arbeitsumfang möchte ich abschließend noch sagen: Ich nehme die Ausbildung sehr ernst und habe mich intensiv mit den Arbeitsaufträgen der Einzelausbilderin auseinandergesetzt und die Arbeitsgemeinschaft so gut wie möglich nachbereitet. Dies ging allerdings nicht nur zulasten meiner Freizeit, sondern bedauerlicherweise bin ich auch nicht dazu gekommen an meiner Dissertation weiterzuarbeiten sowie mein Ehrenamt bei der Staatsanwaltschaft wahrzunehmen. Insoweit gilt auch hier, wie beim ersten Staatsexamen, dass jeder selbst wissen muss, wie er seine Prioritäten setzt.

Last but not least: Als Strafrechtler empfand ich die Zivilrechtsstation weit weniger schlimm als anfangs befürchtet, zuweilen hat sie mir sogar richtig viel Spaß gemacht. Dennoch schaue ich nun mit voller Spannung Richtung Strafrechtsstation.

– Sebastian Klingenberg, Referendar und Doktorand aus Hessen

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Beitragsautor:

Sebastian M. Klingenberg

Sebastian M. Klingenberg

Redaktionsleiter bei JurCase
Rechtsassessor, Promotionsstudent, Freiberufler

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