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Referendariat

Meine Einführungswoche in der Strafrechtsstation

By 20. April 2018Oktober 18th, 2023No Comments
Erfahrungsbericht_Strafstation_FB

Meine Einführungswoche in der Strafrechtsstation

Etwas endet, etwas beginnt: Mit dem Ende der Zivilrechtsstation beginnt in Hessen die Strafrechtsstation und zwar mit der sogenannten Einführungsarbeitsgemeinschaft (kurz: Einführungs-AG). Meine Einführungswochen in der Zivilrechtsstation waren von einem recht langweiligen Rundumschlag durch die ZPO in Form von Frontalunterricht geprägt, bei dem das Erlernen des notwendigen Handwerkszeugs eines Zivilrichters (Sachbericht, Relation, Urteil, Beschluss und Verfügungen) zu kurz kam. Ich befürchtete, dass die Einführungs-AG in der Strafrechtsstation ähnlich verlaufen würde. Eine Befürchtung war dies deshalb, da Strafrecht mein Steckenpferd ist und ich – trotz mangelhafter Vorbereitung – aufgrund meines einschlägigen Schwerpunkts an der Universität, einen solchen Rundumschlag durch die StPO sicherlich als besonders einschläfernd empfinden würde. Wie sich nun aber tatsächlich meine Einführungswoche in der Strafrechtsstation gestaltete und welche Überraschungen es gab, erfahrt ihr hier:

Tag 1:

Die Einführungsarbeitsgemeinschaft in der Strafrechtsstation begann wie befürchtet mit Frontalunterricht, allerdings gepaart mit vielen Fragen des AG-Leiters an die Referendare. Ich musste mich jedoch nicht wie Hermine Granger dauerhaft melden, um mit meinem Wissen zu „prahlen“, da der AG-Leiter mich kurioserweise von selbst sehr häufig dran nahm. Woran dies gelegen haben mag, vermochte ich zunächst noch nicht einzuschätzen; entweder wusste er von meinem Ehrenamt bei der Staatsanwaltschaft im Haus des Jugendrechts oder es lag an meinem Auftreten im Anzug, vielleicht aber auch an meinem alten StPO-Skript, das ich vor mir liegen hatte, oder eventuell doch an einen ganz anderen Grund.

Die in der Einführungs-AG vermittelten Informationen wurden jedoch zunehmend praktischer und dementsprechend wichtig für die Tätigkeit als Staatsanwalt, also für unsere Einzelausbildung. So haben wir insbesondere einen genaueren Blick auf die Verfügungstechniken geworfen und dabei zwei Beispiele verschriftlicht: einmal die Verfügung an die Polizei zur Beschuldigtenvernehmung sowie zur vollumfänglichen Ermittlung und einmal die Einstellungsverfügung i.S.d. § 170 Abs. 2 StPO. Die AG endete sodann mit einer kleinen Fragerunde zum weiteren Ablauf und organisatorischen Fragen. Der erste Tag war damit auf jeden Fall besser als gedacht.

Tag 2:

Der zweite Tag der Einführungswoche in die Strafrechtsstation begann mit einer Wiederholung des vorherigen Tages. Der AG-Leiter stellte verschiedene Fragen und nahm dabei per Zufallsprinzip dran. Die Wiederholung an sich ist sicherlich eine gute Sache, die Art und Weise finde ich suboptimal, da sie durchaus vermag, einen Rechtsreferendar vorzuführen. Ich durfte einige viele Fragen zur Einstellungsverfügung beantworten, meine Fragerunde wurde witziger Weise mit den Worten „Hierzu muss der Herr Klingenberg wieder herhalten“ eingeleitet. Auch wenn ich nicht weiß, woher die Faszination des AG-Leiters für meine Person stammt, machte mich diese Einleitung doch ein wenig stolz. Aufgrund meiner Nachbearbeitung am vorangegangenen Abend und den entsprechenden Notizen vor mir hatte ich jedenfalls keine Probleme mit den Fragen und konnte meinen „guten Lauf“ fortsetzen.

Im Anschluss an die Wiederholung bekamen wir einen kleinen Fall ausgeteilt, der einen Wohnungseinbruchsdiebstahl und einen Computerbetrug zum Inhalt hatte, wobei der Anzeigeerstatter und mehrere mögliche Tatbeteiligte bei der Polizei entsprechende Aussagen getätigt hatten. Es handelte sich bei diesem Fall um einen alten Examensfall, bei dem es neben einem Gutachten auch die verschiedenen Verfügungen und – soweit erforderlich (haha!) – die Anklageschrift zu erstellen galt. Die gutachterliche Komponente sowie die Einstellungsverfügung bezüglich eines Tatverdächtigen handelten wir vergleichsweise schnell ab und widmeten uns sodann ausführlich der Anklageschrift, wobei wir uns Schritt für Schritt ein Grundgerüst zusammengebaut haben. Mit dem Ende der Anklageschrift ging auch der zweite Tag zu Ende.

Tag 3:

Auch der dritte Tag begann mit einer Wiederholung, welche beide Tage umfasste, sich dabei aber insbesondere auf die Klageschrift fokussierte und deshalb knapp eine Stunde dauerte. Mit einer ordentlichen Nachbereitung des bereits Gelehrten war die Fragerunde allerdings alles andere als schwierig, insbesondere wenn die entsprechenden Unterlagen auch griffbereit waren.

Nach der Wiederholung diktierte uns der AG-Leiter wieder einen kleinen Fall. Zunächst sollten wir selbst eine entsprechende Anklage formulieren, bevor wir die Anklageschrift ausführlich besprachen und im Rahmen dessen das bereits hergestellte Grundgerüst der Anklageschrift erweiterten. Schwerpunkte waren nunmehr insbesondere der Aufbau bei Tateinheit und Tatmehrheit sowie bei Vorliegen eines in Untersuchungshaft befindlichen Angeschuldigten. Materiell-rechtlich haben wir außerdem die absolute und relative Fahruntüchtigkeit mitsamt der BAK-Werte [Blutalkoholkonzentrationswerte] besprochen.

Damit ging auch schon der dritte Tag zu Ende und zu unserem Erstaunen auch die Einführungswoche, da unser AG-Leiter die nächsten beiden AG-Termine aufgrund kollidierender eigener Termine zu Gericht nicht wahrnehmen konnte. Er versicherte uns jedoch, dass wir sehr gut in der Zeit lägen und das Notwendigste zur Anklageschrift wissen würden, die ersten Akten in der Einzelausbildung dementsprechend kein Problem darstellen sollten.

Die Einzelausbildung:

In der Einführungswoche findet zwar noch keine Einzelausbildung statt, es empfiehlt sich jedoch, frühzeitig beim Einzelausbilder vorstellig zu werden. Dabei kann es allerdings passieren, wie sich bei einigen meiner Kollegen gezeigt hat, dass mit der Vorstellung auch die erste Akte zur eigenständigen Bearbeitung ausgehändigt wird.

Meine Einzelausbilderin war an allen drei Tagen bedauerlicherweise nicht im Hause. Nachdem ich sie jedoch am vierten Tag telefonisch erreichen konnte, vereinbarten wir einen persönlichen Termin für den nächsten Tag. Sie war wohl die vergangenen Tage auf einer Fortbildung, was mir vor Ort bei der Staatsanwaltschaft niemand mitgeteilt hat – ärgerlich.

Das Gespräch selbst verlief jedoch sehr erfreulich. Was mich dort aber genau erwartet hat, ob ich Akten zur Bearbeitung mitbekommen habe und im Falle dessen, wie ich damit geschlagen habe, erfahrt Ihr zur gegebenen Zeit in einem eigenen Beitrag.

Fazit:

In der Tat war die Einführungs-AG in der Strafrechtsstation wesentlich praktischer als noch in der Zivilrechtsstation, zum Teil zieht sich die AG dennoch ein wenig in die Länge. Dies liegt vermutlich aber mehr an meinen Vorkenntnissen aus meinem Schwerpunktstudium sowie meinem Ehrenamt bei der Staatsanwaltschaft im Haus des Jugendrechts. Dennoch zeigte sich nach drei Tagen auch, dass etwaige Vorkenntnisse nicht nur von Vorteil sind, sondern auch unabdingbar, um die praktischen Informationen besser verarbeiten zu können.

Am dritten Tag gab es im Übrigen die Antwort darauf, warum mein AG-Leiter so fixiert auf mich war beziehungsweise ist: tatsächlich scheint es an meinen umfangreichen Unterlagen zu liegen, die einen gewissen Grad an Wissen suggerieren. Grund für diese Vermutung ist die Tatsache, dass der AG-Leiter mich zum Abschluss der Besprechung zur Anklageschrift fragte, ob mein Skript noch Ergänzungen beinhalte, die es nicht zu besprechen gilt. Ich muss zugeben, dies hat mich doch ein wenig stolz gemacht.

Wie dem auch sei, ich sehe die Zeit in der Strafrechtsstation sowohl hinsichtlich der Arbeitsgemeinschaft aber auch bezüglich der Einzelausbildung wesentlich optimistischer entgegen als noch bei der Zivilrechtsstation.

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Beitragsautor:

Sebastian M. Klingenberg

Sebastian M. Klingenberg

Redaktionsleiter bei JurCase
Rechtsassessor, Promotionsstudent, Freiberufler

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