Mein Ehrenamt bei der Staatsanwaltschaft
Ein Ehrenamt dient vornehmlich einem guten Zweck, wird in einigen Kreisen aber durchaus auch erwartet. So sollten (junge) Juristen, die sich im Rahmen ihrer Promotion für ein Stipendium bewerben oder in einer Großkanzlei tätig werden wollen, ein soziales Engagement aufweisen. Möglichkeiten für ein Ehrenamt gibt es viele, sei es in gemeinnützigen Stiftungen oder Vereinen, wie zum Beispiel dem örtlichen Tierschutzverein oder Greenpeace, oder auch juristisch geprägten gemeinnützigen Verbänden und Institutionen, wie etwa Weißer Ring e.V. oder der lokalen Law Clinic. Ich habe mich hauptsächlich für ein Ehrenamt bei der Staatsanwaltschaft entschieden, um meine Zeit bis zum Beginn meines juristischen Vorbereitungsdienstes sinnvoll zu überbrücken, und zwar im Haus des Jugendrechts in Mainz.
Was ist das Haus des Jugendrechts?
Bei dem Haus des Jugendrechts (kurz: HdJR) handelt es sich nicht um eine eigenständige Behörde, sondern um einen Zusammenschluss unter einem Dach von Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugendgerichtshilfe, zum Teil auch Jugendschutz sowie Jugendrichter, um kurze Wege zwischen den Institutionen zu gewährleisten. Sinn und Zweck ist eine – im Sinne des im Jugendstrafrecht maßgeblichen Erziehungsgedankens – zügige Aufklärung des Sachverhalts und eine damit verbundene schnelle Reaktion. Diese soll aus Maßnahmen bestehen, die individuell auf die Bedürfnisse des einzelnen Täters abgestimmt sind. Das erste Haus des Jugendrechts wurde 1999 in Stuttgart als Pilotprojekt eröffnet. Seitdem wurde das Erfolgsmodell in weiteren Städten in Baden-Württemberg, aber auch in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eingeführt.
Wieso habe ich mich für das Haus des Jugendrechts entschieden?
Mein universitärer Schwerpunkt lag im Strafrecht mitsamt Strafrechtspflege und Kriminologie. Dort kam ich auch zum ersten Mal mit dem Jugendstrafrecht in Berührung und lernte, wieso der Erziehungsgedanke und ein schnelles Verfahren bei Jugendlichen und unter Umständen auch Heranwachsenden allein aus kriminologischer Sicht so wichtig sind. Dies führte letztlich auch zu dem Entschluss, meine Dissertation in diesen Rechtsgebieten anzusiedeln (Thema: Diversion im Jugendstrafverfahren). Nachdem meine Bewerbung zum Referendariat nicht planmäßig verlief, entschied ich mich, meine zweimonatige Wartezeit sinnvoll für ein Ehrenamt zu nutzen. Das Haus des Jugendrechts war mit Blick auf Schwerpunkt und Promotion eine optimale Wahl. Dieses Ehrenamt habe ich vorerst bis Ende Juni 2017 inne, möchte es aber als Nebentätigkeit vom Land Hessen genehmigen lassen und weiterführen.
Wie habe ich mich für das Ehrenamt beworben?
Eine Bewerbung im herkömmlichen Sinne fand nicht statt. Ich schrieb eine kurze E-Mail mit meinem Anliegen ohne weitere Anlagen an die beiden Staatsanwältinnen im Haus des Jugendrechts sowie an die dortige Geschäftsstelle. Da es sich beim HdJR nicht um eine eigenständige Behörde handelt, wurde meine „Bewerbung“ an die leitende Oberstaatsanwältin im Haupthaus der Staatsanwaltschaft weitergeleitet, die mich sodann zu einem Gespräch einlud. Beim Gespräch erzählte mir die Oberstaatsanwältin, dass bisher noch nie jemand seine ehrenamtliche Mithilfe im Haus des Jugendrechts angeboten hätte. Mein soziales Engagement kam deshalb sehr gut an, sowohl bei der leitenden Oberstaatsanwältin als auch bei den beiden Staatsanwältinnen im HdJR. Schließlich sind Staatsanwaltschaften und Gerichte auch nicht selten überlastet, es gibt also immer allerhand zu tun. Letztlich klärte mich die Oberstaatsanwältin noch über meine Pflicht zur Verschwiegenheit und mögliche rechtliche Konsequenzen im Falle eines Verstoßes auf. Und dann konnte ich auch schon loslegen.
Was sind meine Tätigkeiten beim Haus des Jugendrechts?
Zu meiner ehrenamtlichen Haupttätigkeit gehört die Erfassung und Eintragung von Akten und die damit verbundene Zuweisung eines Aktenzeichens der Staatsanwaltschaft, also im Grunde die Eröffnung des staatsanwaltlichen Verfahrens. Diese Arbeit ist vielleicht an sich nicht die spannendste, gibt mir aber die Gelegenheit, mich intensiver mit Strafakten auseinanderzusetzen.
Daneben wurde mir ursprünglich angekündigt, dass auch das Kopieren von Akten und anderen Unterlagen sowie sonstige allgemeine Bürotätigkeiten zu meinen Aufgaben zählen würden, doch bisher musste ich mich um solche Angelegenheiten noch nicht kümmern.
Stünde ich in einem öffentlich-rechtlichen Arbeits- beziehungsweise in meinem Fall Ausbildungsverhältnis, so hätte ich im Rahmen meines Ehrenamtes auch Sitzungsdienste übernehmen dürfen. Mit dem Beginn meines Referendariats werde ich in einem solchen Verhältnis stehen, allerdings nicht in Rheinland-Pfalz. Es bleibt also abzuwarten, ob mir diese großartige Möglichkeit geboten werden kann, wenn ich meinen juristischen Vorbereitungsdienst in Hessen aufgenommen habe.
Als Dankeschön für mein ehrenamtliches Engagement nehmen mich die Staatsanwältinnen zu spannenden Hauptverhandlungen mit, wo ich hin und wieder auch einbezogen werde, etwa indem nach meiner rechtlichen Bewertung der Sachlage oder meiner Einschätzung hinsichtlich der anzuordnenden beziehungsweise angeordneten Maßnahmen gefragt wird. Am Ende meines Ehrenamtes durfte ich sogar zwei umfangreiche Anklagesätze in der Hauptverhandlung verlesen. Dies noch nicht genug, durfte ich ferner meine ersten handschriftlichen Anklagen schreiben, was natürlich eine hervorragende erste Übung für die strafrechtlichen Klausuren im Referendariat ist. Zudem konnte ich mich hierbei sogar mit dem in Hessen und Rheinland-Pfalz für Rechtsreferendare nicht notwendig zu lernenden Teil „Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen“ beschäftigen. Meine Anklageschriften wurden dann auch korrigiert und mit mir besprochen. Darüber hinaus durfte ich auch an zwei Jour-fixe-Sitzungen sowie einer staatsanwaltlichen Zeugenvernehmung teilnehmen. Außerdem war es für weitere Übungszwecke und zur Vorbereitung meines Referendariats angedacht, dass ich Aktenvorträge halten soll. Hierfür habe ich ein ausführliches Skript zur Vorbereitung erhalten. Mit einer Umsetzung dieses Vorhabens muss ich mich wohl aber voraussichtlich bis Juli gedulden, sodass sie von der Genehmigung meines Ehrenamtes durch das Land Hessen abhängt.
Fazit: Ein Ehrenamt im juristischen Bereich sieht nicht nur im Lebenslauf gut aus, sondern kann darüber hinaus eine große persönliche Bereicherung mit sich bringen.
Ich war anfangs über die Entwicklungen hinsichtlich meines Referendariats etwas enttäuscht, aber es kam, wie so oft: Diese anfänglich negative Entwicklung nahm ein sehr positives Ende, namentlich, dass ich mich für eine ehrenamtliche Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft im Haus des Jugendrechts beworben habe. Dieses überbrückte nicht nur die Wartezeit auf das Referendariat äußerst sinnvoll, sondern bereitete mich sogar auf die Strafrechtstation, beziehungsweise auf die beiden Strafrechtsklausuren im Zweiten Staatsexamen, vor. Dadurch ist eine Win-Win-Situation entstanden, die dieses Ehrenamt in jeder Hinsicht zu einer großen persönlichen Bereicherung macht. Meine Tätigkeit im HdJR macht außerdem nicht nur eine Menge Spaß, sondern auch die Kolleginnen sind allesamt sehr nett und zuvorkommend. Es ist einfach großartig.
Sebastian
– Doktorand und Referendar aus Hessen.
Weitere Veröffentlichungen von Sebastian sind hier
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