Herr Anwalt informiert! – Referendariat: Bewerbung, Standorte, Stationen, Gehalt
In dieser neuen Reihe gibt „Herr Anwalt“ Tim Hendrik Walter wertvolle Tipps für die Vorbereitung auf das Referendariat. Sein erster Beitrag soll einen grundsätzlichen Überblick über die Formalitäten zur Bewerbung, die verschiedenen Standorte sowie Stationen und das Gehalt während des Referendariats geben. Alle Inhalte gibt es hier zum Nachlesen, sowie als Video auf seinem YouTube-Kanal!
Lieber Leser,
lass mich zwei Vermutungen über dich anstellen.
Erstens: Du bist Jurastudent oder gerade fertig mit deinem Studium.
Und Zweitens: Du hast genau wie vor dem Studium keine konkrete Vorstellung davon, was dich im Referendariat eigentlich erwartet.
Aber ich kann dir sagen:
Als ich vor einigen Jahren in Dortmund mein Referendariat angefangen habe, habe auch ich mich nach dem Studium in Bochum wieder einmal gefühlt wie der Ochs vorm Berg. Und damit dir das nicht passiert, du keine Angst vor dem haben musst, was kommt, und du besser vorbereitet in das Referendariat startest als ich, starten wir heute eine kleine Reihe, die dir in den nächsten Monaten eine wertvolle Hilfe sein soll.
Inhaltlich werde ich mit dir die einzelnen Stationen und ihre Besonderheiten unter die Lupe nehmen.
Heute wollen wir uns erst einmal den Themen Bewerbung & Standorte, Überblick über die Stationen und dem Thema Geld auseinandersetzen.
Los geht’s!
I. Wo bewirbt man sich und worauf sollte man achten?
Grundsätzlich bewirbst du dich für einen der insgesamt 24 Oberlandesgerichtsbezirke. Und zwar entweder an der entsprechenden Abteilung des OLG oder dem in diesem Bezirk zuständigen Justizministerium.
Konkret findet deine Ausbildung jedoch zumeist an einem dem OLG sozusagen untergeordneten Landgericht statt.
Beispiel: Will ich mein Referendariat am liebsten am Landgericht Bochum ableisten, dann bewerbe ich mich am Oberlandesgerichtsbezirk Hamm, weil das Landgericht Bochum eben zum Gerichtssprengel OLG Hamm gehört. Klingt erst einmal einfach.
Wäre da nicht die Tatsache, dass oftmals keine direkte Wahlmöglichkeit besteht, an welchem Landgericht ich mein Referendariat dann auch definitiv ableisten darf. Glücklicherweise habe ich aber in vielen OLG Bezirken die Möglichkeit sowohl einen Wunsch bezüglich meines Standortes als auch den Termin meiner Einstellung anzugeben.
Als vergleichsweise schwierig erweist sich dies aber beispielsweise in Köln, Münster oder Düsseldorf, wo teilweise auch eine Affinität zum Ausbildungsort nachgewiesen werden soll.
In manchen sehr beliebten Bezirken wie etwa in Hamburg kommt zusätzlich noch die Hürde hinzu, dass es dort eine sog. „gewichtete Bewerberliste“ gibt, dessen Grundlage die Note im Ersten Examen ist. Die dort erreichte Punktzahl kann dann noch bei Vorliegen von besonderen Umständen, wie beispielsweise einer Schwerbehinderung, um einen Punkt angehoben werden. Diese hohe Punktzahl dürfte nicht zuletzt mit der Existenz der dort ansässigen Bucerius Law-School zusammenhängen, die jedes Jahr sehr viele Top Absolventen ins Rennen um die Referendarplätze schickt.
Bei den Einstellungsterminen sollte dir daher bewusst sein, dass etwas Zeit vergehen kann, bis du zum Zug kommst. Dabei gilt: Je flexibler du bei der Ortswahl bist, desto schneller gibt es einen Refplatz.
Einstellungstermine beachten
Bei deinen Überlegungen für die Wahl des richtigen Standorts solltest du auch die Einstellungstermine der jeweiligen Bezirke beachten.
Wer nach Nordrhein-Westfalen will. hat es etwas leichter.
Die OLG Bezirke Düsseldorf, Hamm und Köln nehmen ganzjährig auf.
Kleiner Tipp: Dann aber auch genau schauen oder nachfragen, wann die Arbeitsgemeinschaften an den jeweiligen Landgerichten beginnen. Zwar stellen manche Bezirke wie gesagt ganzjährig ein, an den konkreten Landgerichten beginnen die Arbeitsgemeinschaften aber häufig nur alle zwei bis drei Monate.
In manchen OLG Bezirken ist es zeitlich gesehen leider etwas extrem.
Beispielsweise Bamberg, Bremen und Dresden stellen etwa nur halbjährlich ein. Und da sollte man sich schon überlegen, ob es unbedingt dieser Bezirk sein sollte, wenn man nicht allzu viel Zeit verlieren möchte.
Der Ablauf und die Formalien der Bewerbung sind nach meiner Recherche relativ individuell:
Ich würde daher ganz allgemein so vorgehen, dass du dir Landgerichte aussuchst, die für dich in Frage kommen, den OLG Bezirk herausfindest und dieses zusammen mit dem Stichwort Referendare bei Google eingibst und dann findest du meist schon die entsprechenden Stellen mitsamt individueller Bewerbungsvoraussetzungen und Einstellungsterminen.
II. Wie lang dauert das Referendariat und welche Stationen gibt es überhaupt?
Insgesamt dauert das Referendariat je nach Standort ca. 23. – 25. Monate.
Also gut zwei Jahre, welche sich auf unterschiedliche Stationen verteilen.
Und die gehen wirklich schneller vorbei als man denkt.
Fühlst du dich erst einmal gerade irgendwo heimelig, musst du meist schon gleich wieder weiter.
Üblicherweise folgen die Stationen folgendem Schema:
- Zivilgericht
- Staatsanwaltschaft
- Verwaltung
- Anwaltsstation
- Staatsexamen schriftlich
- Wahlstation
- Staatsexamen mündlich
Ein paar OLG’s schießen in dieser Sicht ein bisschen quer: Hamburg, Saarländische OLG und Schleswig fangen mit der Staatsanwaltschaft an.
In manchen Bezirken gibt es auch die Möglichkeit die Stationen unter bestimmten Voraussetzungen zu tauschen.
Zumeist dauert die Zivilstation mit gut fünf Monaten etwas länger als die Station bei der Staatsanwaltschaft und bei der Verwaltung, die in der Regel nur 3-4 Monate in Beschlag nehmen.
Längste Station ist in aller Regel die Anwaltsstation mit häufig sogar bis zu 9 Monaten.
In Stuttgart ist es nach meiner Recherche sogar so, dass die Anwaltsstation in zwei Teile aufgeteilt ist.
Das schriftliche Examen wird dann meist nach der Anwaltsstation geschrieben, wo viele dann im Laufe der Anwaltsstation beginnen zu „tauchen“. „Tauchen“ bedeutet im Grunde nichts anderes, als die praktische Tätigkeit zu vernachlässigen, um genug Gehirnschmalz und Energie für die Examensvorbereitung aufzusparen. Näheres zu gegebener Zeit.
Nach dem schriftlichen Staatsexamen folgt dann die häufig etwa 4 Monate dauernde Wahlstation und an diese schließt sich dann idealerweise die Mündliche Prüfung an.
Inhaltlich sind die Stationen zumeist aufgeteilt in einen theoretischen und einen praktischen Teil.
Der theoretische Teil sieht so aus, dass man an Arbeitsgemeinschaften teilnimmt, wo überwiegend Prozessrecht, Formalien und praktische Dinge wie bspw. der Urteilsstil eingeübt werden.
In der praktischen Tätigkeit hingegen erhält man individuell einen Ausbilder zugeteilt, der einen dann mit Praktischem wie Voten oder Anklageverfügungen füttert, die je nach Qualität schon Auswirkungen in der realen Welt entfalten können. Dazu dann, wenn wir in späteren Beiträgen die einzelnen Stationen durchlaufen.
III. Wieviel Geld gibt es eigentlich?
Irgendwo habe ich mal den bewusst ironisch formulierten Satz gelesen:
„Im Studium hattest du noch Schulden, aber im Ref, da regnen die Gulden.“
Und das trifft den Nagel eigentlich auf den Kopf.
Denn die „Unterhaltsbeihilfe“ – so nennt man das „Gehalt“ der Referendare- ist durchaus überschaubar und liegt so zwischen 1.025 € – 1.325 € brutto.
Das mag nach den ganzen Strapazen wenig klingen, ist aber eine Tatsache.
Am wenigsten kriegt man wohl derzeit übrigens in Hamburg: Ganze 1027,80 € brutto sind ab diesem Jahr (Stand 2018) fällig. Ironischerweise muss man dann in Hamburg aber auch noch die höchste Punktzahl bei der Einstellung haben.
Am meisten gibt es überraschenderweise wohl derzeit in Brandenburg zu holen. Ganze 1323,89 € brutto stehen dort auf dem Papier, was ich mir eigentlich nur so erklären kann, dass nicht allzu viele Referendare nach Berlin abhauen.
Relativ hoch ist die Unterhaltsbeihilfe auch in Bayern, also in den OLG Bezirken Nürnberg, München und Bamberg, aber da sind die Lebenshaltungskosten natürlich auch viel höher, sodass das etwas in Relation betrachtet werden muss.
Das jeweilige Gehalt des Referendars kann sich natürlich dann noch durch Dinge wie den Familienzuschlag leicht modifizieren.
Einen Link zur Übersicht über die Höhe der Unterhaltsbeihilfe in jedem Bundesland findest du am Ende dieses Artikels!
Nebenjobs sind in der Regel anzeigepflichtig
Wir wollen an dieser Stelle natürlich auch nicht verschweigen, dass es für den einen oder anderen schon während des Referendariats Möglichkeiten geben könnte, sein Einkommen durch Nebenjobs oder lukrative Stationsangebote in der Praxis zu erhöhen. Hierbei sollte jedoch beachtet werden, dass die dort erzielten Einkünfte auf die Unterhaltsbeihilfe je nach Höhe anrechnungspflichtig sein können.
Anzeigepflichtig sind echte Nebentätigkeiten ohnehin.
Zuletzt stellt sich dann noch die Frage, bis wann die Unterhaltsbeihilfe eigentlich zu leisten ist.
In der Regel wird die Unterhaltsbeihilfe bis zum Bestehen des Zweiten Staatsexamens gezahlt.
Fällt man durch – was dir lieber Leser nicht passieren wird – dann ist es in einigen Bezirken so, dass die Unterhaltsbeihilfe etwas gekürzt wird, bis zu dem Zeitpunkt, wann man dann eben das Zweite Staatsexamen schafft oder ganz ausscheidet.
Ganz wichtig: Wer seine Note verbessern will, der muss dann in der Regel ohne Unterhaltshilfe klarkommen.
Da hilft dann häufig nur die Annahme eines Jobs, oder eben ALG I weiter. Aber da du lieber Leser ohnehin direkt deine Traumnote holst, wird dich das ohnehin nicht kümmern.
Das war’s erst einmal von meiner Seite.
Ich hoffe, ich konnte dir einen kleinen Überblick über das Referendariat verschaffen. Bleib am Ball und lies zu gegebener Zeit auch meine weiteren Beiträge zur Thematik, wenn du magst.
Lieben Gruß,
Tim
Der Autor
Tim Hendrik Walter ist praktizierender Anwalt und veröffentlicht auf seinem YouTube-Kanal als „Herr Anwalt“ regelmäßig Videos zu Rechtsfragen, dem Anwaltsdasein und der juristischen Ausbildung.