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Referendariat

Die Wahlstation: Mehr als nur Vorbereitung auf die Mündliche Prüfung

By 4. Juni 2019Oktober 18th, 2023No Comments
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Die Wahlstation: Mehr als nur Vorbereitung auf die Mündliche Prüfung

Der Abschluss des Referendariats dient oftmals auch der Zukunftsplanung

Der juristische Vorbereitungsdienst wird mit der Wahlstation abgeschlossen, zumindest wenn die letzte Hürde, die Mündliche Prüfung, erfolgreich genommen wird. Die Mündliche Prüfung ist keineswegs zu unterschätzen, da sie durchaus dazu genutzt werden kann, die schriftlichen Noten nochmals aufzupolieren. Deshalb sollte die Zeit in der Wahlstation maßgeblich der Vorbereitung auf die Mündliche Prüfung dienen. In einigen Bundesländern, so etwa in Hessen, besteht eine gewisse Einflussnahmemöglichkeit auf den Schwerpunkt des Aktenvortrags, da mit dem Schwerpunkt der Wahlstation auch der Schwerpunkt für den Aktenvortrag gesetzt wird.

Ferner dient die Wahlstation – vor dem eigenen Karrierebeginn – als letzte Möglichkeit, neue Einblicke und Eindrücke von Rechtsgebieten und / oder Arbeitgebern zu gewinnen.

Darüber hinaus müssen sich die meisten Rechtsreferendare um einige organisatorische Fragen kümmern; zumindest diejenigen, die nicht von ihrer Ausbilderkanzlei übernommen werden oder anderweitig bereits einen Arbeitgeber gefunden haben. Allen voran ist ein Karriereplan zu erstellen. Hierfür müssen in aller Regel auch die Bewerbungsunterlagen aktualisiert werden. Daneben bedarf es bereits während der Wahlstation einer Meldung alsarbeitssuchend“ bei der Bundesagentur für Arbeit. Hierbei handelt es sich um eine zwingende Voraussetzung für den Erhalt von Arbeitslosengeld nach dem Ausscheiden aus dem Referendariat. Diese organisatorischen Fragen treten allerdings für gewöhnlich in den Hintergrund, wenn die schriftlichen Prüfungen erst einmal abgelegt worden sind. Daher soll im Folgenden hierauf aufmerksam gemacht werden:

Ohne Zukunftsplan keine Karriere

Die Wahlstation dient zwar für einige Rechtsreferendare als letztmögliche Orientierung für die weitere Zukunft. Dennoch sollte zu diesem Zeitpunkt bereits eine grobe Idee vorhanden sein, wohin die Reise gehen soll. So sollte zumindest einmal eine Vorstellung darüber bestehen, ob eventuell auch der Staatsdienst in Betracht kommt oder ob eine Karriere in einer Kanzlei oder einem Unternehmen bevorzugt wird. In einem nächsten Schritt müssen diese Gedanken konkretisiert werden: Wird im Staatsdienst eher eine Karriere bei der Staatsanwaltschaft oder als Richter angestrebt? Kommt eine Karriere in einer eigenen oder mittelständischen Kanzlei, einer Boutique oder doch einer Großkanzlei in Betracht? Gleiches gilt für eine geplante Karriere in einem Unternehmen. Diese Fragen sind stets vor dem Hintergrund zu stellen, in welchem Rechtsgebiet oder in welchen Rechtsgebieten man bevorzugt tätig werden möchte.

Für viele Referendare kommt aber hingegen eine Karriere in den weniger klassisch-juristischen Arbeitsfeldern in Betracht, etwa als Notar oder Insolvenzverwalter, in der Unternehmensberatung oder als Manager. Nicht zu unterschätzen ist ferner der öffentliche Sektor, der jenseits von Staatsanwaltschaft und Gericht verschiedene Berufsmöglichkeiten bietet, die sich einer immer größer werdenden Beliebtheit erfreuen, etwa beim Auswärtigen Amt, der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank [EZB], dem Bundeskartellamt [BKA] oder einem Landeskriminalamt [LKA], der Bundeswehr oder auch beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen wie dem ARD und ZDF.

Schließlich schadet es nie, mindestens einen Alternativplan zu haben.

Die Aktualisierung der Bewerbungsunterlagen

Ist ein Zukunftsplan für die eigene Karriere erst einmal aufgestellt, so können im nächsten Schritt die Bewerbungsunterlagen entsprechend aktualisiert werden. In aller Regel ist der Lebenslauf um die einzelnen absolvierten Stationen zu erweitern, jeweils unter Angabe der jeweiligen Tätigkeiten in den Einzelausbildungen. Ferner ist stets darauf zu achten, dass sich im Lebenslauf keine zeitlichen Lücken befinden, denn diese sind ein absolutes No-Go. Sie sind somit zu erklären, sei es mit Auslandsaufenthalten, Reisen oder längeren Krankheiten. Doch ein perfekter Lebenslauf zeichnet sich nicht allein durch den Inhalt aus, sondern sein Aufbau muss übersichtlich sein. Deshalb sollte eine einheitliche Schriftart und Schriftgröße für Lebenslauf und Anschreiben verwendet werden, wobei die Überschriften im Lebenslauf selbstverständlich in einer anderen Schriftgröße angegeben werden dürfen.

Ist der Lebenslauf aktualisiert, so kann im nächsten Schritt bereits das Anschreiben der Bewerbung im Groben vorgefertigt werden. Denn in der Regel ändern sich die Textbausteine zum bevorzugten Rechtsgebiet sowie zu den eigenen Stärken und Schwächen nur wenig. Eine individuelle Bearbeitung des Anschreibens ist also im Wesentlichen nur beim Adressfeld und bei der Begründung, wieso sich der Bewerber gerade für diese Kanzlei beziehungsweise für dieses Unternehmen bewirbt, notwendig.

Schließlich schadet es nie, sich online entsprechend zu profilieren, etwa bei XING oder LinkedIn.

Die Meldung als „arbeitssuchend“

Rechtsreferendare müssen sich gemäß § 38 SGB III spätestens drei Monate vor Ende des Arbeitsverhältnisses bei der Bundesagentur für Arbeit als „arbeitssuchend“ melden, mithin spätestens drei Monate vor der Mündlichen Prüfung. Da zu dem Zeitpunkt regelmäßig noch kein Termin für die Mündliche vorliegt, empfiehlt es sich, die Arbeitssuchend-Meldung zeitnah nach der schriftlichen Prüfung online durchzuführen und den konkreten Termin nachträglich mitzuteilen.

Mit der Meldung als „arbeitssuchend“ ist es jedoch noch nicht getan. In der Regel wird der Rechtsreferendar recht zeitnah mit der Meldung zu einem Beratungsgespräch eingeladen, welches unter Umständen auch als verpflichtend deklariert wird. Wer diesen Termin ohne guten Grund nicht wahrnimmt, riskiert eine Sperrzeit. Selbstverständlich werden die Verpflichtungen rund um die Wahlstation sowie die Vorbereitung auf die Mündliche Prüfung grundsätzlich als ausreichende Gründe für eine Nichtwahrnehmung des Beratungsgesprächs angesehen. Es ist daher sinnvoll den Termin für das Beratungsgespräch mit dem zuständigen Sachbearbeiter persönlich zu besprechen, damit nicht (weitere) Termine vorgegeben werden, die ebenso nicht wahrnehmbar sind. Ich habe zum Beispiel mit Kenntnis über den vom JPA mitgeteilten vorläufigen Termin für meine Mündliche Prüfung direkt einen Beratungstermin für den Tag danach vereinbart, da ich mich an diesem Tag ohnehin persönlich als „arbeitslos“ melden muss.

Zu beachten ist, dass das Arbeitslosengeld [ALG I] bei 60% des Nettoeinkommens der letzten zwölf Monate und damit – trotz eines Freibetrags in Höhe von 165 Euro – weit unter dem Existenzminimum liegt. Deshalb besteht die Möglichkeit, das Arbeitslosengeld mit ALG II, also Hartz IV, aufzustocken; allerdings richtet sich die Gewährung von ALG II an altersabhängigen Vermögensgrenzen. Alternativ besteht unter Umständen die Möglichkeit eines Antrags auf Wohngeld, wobei einige hierfür zuständige Behörden für die Gewährung von Wohngeld einen Ablehnungsbescheid für das ALG II verlangen.

Fazit

Die Wahlstation ist sicherlich eine aufregende Zeit, die gerne zum Relaxen nach den schriftlichen Prüfungen sowie zur Vorbereitung der Mündlichen Prüfung genutzt wird. Dennoch sollte der Fokus mehr auf der Mündlichen Prüfung liegen, da diese keineswegs zu unterschätzen ist. Vielmehr können die schriftlichen Noten oftmals mit den Noten der mündlichen Leistungen aufpoliert werden.

Und trotzdem ist die Zeit in der Wahlstation mehr als nur Vorbereitung auf die Mündliche Prüfung. In dieser Zeit sind Zukunftspläne für die eigene Karriere zu entwickeln: Wohin soll die Reise gehen? Sind meine Bewerbungsunterlagen aktuell, damit ich frühzeitig mit der Bewerbungsphase beginnen kann? Benötige ich unter Umständen eine Überbrückungszeit zwischen Referendariat und Karrierebeginn? Im Falle dessen ist eine rechtzeitige Meldung als „arbeitssuchend“ erforderlich, da ansonsten kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht.

In diesem Sinne wünsche ich allen Referendaren, die kurz vor der Befähigung zum Richteramt stehen, einen erfolgreichen Start in die gewünschte Karriere.

 

– Sebastian Klingenberg, Referendar und Doktorand aus Hessen

Weitere Veröffentlichungen von Sebastian sind hier und auf seinem Facebook-Blog zu finden.

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Beitragsautor:

Sebastian M. Klingenberg

Sebastian M. Klingenberg

Redaktionsleiter bei JurCase
Rechtsassessor, Promotionsstudent, Freiberufler

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