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Referendariat

Der Verbesserungsversuch: Sinnvoll oder nicht?

By 28. November 2019Oktober 18th, 2023No Comments
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Der Verbesserungsversuch

Sinnvoll oder nicht?

Nahezu jeder junger Jurist stellt sich nach seinem Examen die Frage, ob der Verbesserungsversuch gewagt werden soll oder nicht. Einige verneinen diese Fragen ohne mit der Wimper zu zucken, andere entscheiden sich erst nach vielen Überlegungen. Der wohl populärste Grund pro Verbesserungsversuch, wie soll es auch anders sein, ist die Unzufriedenheit mit der erzielten Note im ersten Durchgang. Doch es gibt auch eine Vielzahl anderer Gründen, die für einen Verbesserungsversuch sprechen; selbst – wie in meinem Fall – mit an sich zufriedenstellender Note. Diese Gründe sind teilweise noch nicht einmal persönlicher Natur; vielmehr sind es die Vorteile des Verbesserungsversuchs, die mich ohne große Überlegungen dazu bewogen haben, den Verbesserungsversuch schnellstmöglich in Angriff zu nehmen.

Soll ich den Verbesserungsversuch wagen oder nicht?

Der Verbesserungsversuch ist in dieser Form, wie er den Juristen zugutekommt, unbestritten einzigartig. Er bietet die Möglichkeit die Examensnote zu verbessern, ohne eine Verschlechterung fürchten zu müssen. Dieser Vorteil, der aus diesem Verbot der reformatio in peius erwächst, ist für sich genommen bereits ein sehr gutes Argument für den Verbesserungsversuch.

Dennoch sollte der geneigte Jurist stets abwägen, ob er nochmal sämtliche Examensklausuren schreiben und die Mündliche Prüfung mitsamt Aktenvortrag nochmals ablegen möchte. Hierbei sollten Kriterien wie realistische Erfolgschancen, Zukunftspläne etc. eine Rolle spielen. Für mich sprach jedoch ein für viele sicherlich unscheinbares Kriterium für den Verbesserungsversuch: Was wäre, wenn…? Es war mir ein gehobenes Anliegen, von vornherein die Frage aus dem Weg zu räumen, wie meine beruflich Karriere verlaufen wäre, wenn ich den Verbesserungsversuch erfolgreich wahrgenommen hätte. Schließlich wirkt sich ein erfolgreicher Verbesserungsversuch in aller Regel sehr positiv auf die berufliche Karriere aus. Allein um die mit dieser Frage verbundenen quälenden Gedanken zu vermeiden, musste ich den Verbesserungsversuch also antreten. Denn allein der Verbesserungsversuch kann Klarheit bringen, ob der Versuch sinnvoll war oder ob es sich dabei doch eher nur um eine Zeit- und Kraftverschwendung handelte – in meinen Augen ein unbezahlbarer Vorteil des Verbesserungsversuchs.

Meine Entscheidung erging also klar pro Verbesserungsversuch. Dazu muss in einem nächsten Schritt ein frist- und gegebenenfalls formgerechter Antrag beim zuständigen Juristisches Prüfungsamt [JPA] gestellt werden. In Hessen ist dieser Antrag spätestens sechs Wochen vor den gewünschten schriftlichen Prüfungen zu stellen, wobei diese spätestens rund vier Monate nach Abschluss des juristischen Vorbereitungsdienstes anzutreten sind. Mit dem stattgegebenen Antrag erfolgt der Hinweis, dass für eine endgültige Zusage eine Bearbeitungsgebühr i. H. v. 500 Euro notwendig ist. Wer den Verbesserungsversuch vorzeitig abbricht, erhält die Bearbeitungsgebühr teilweise zurück.

Wann sollte ich den Verbesserungsversuch wagen?

In einigen Bundesländern ist jedoch ein wesentlicher Zwischenschritt notwendig, und zwar die Frage nach dem „Wann?“. Denn in den Bundesländern, in denen die Zweite Juristische Prüfung öfters als zweimal im Jahr stattfindet, ist in aller Regel ein Wunschtermin möglich. Dies ist zumindest der Fall in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und eben Hessen. Dort wird der Verbesserungsversuch im Normalfall rund vier Monate nach der Mündlichen Prüfung geschrieben.

Doch möchte ich wirklich nochmal knapp vier Monate konzentriert lernen? Der nächstmögliche Verbesserungsversuch wäre bereits in knapp sechs Wochen. Dabei handelt es sich sicherlich gegenüber dem Regelfall um eine vergleichsweise kurze Vorbereitungsphase, allerdings darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass man sich aufgrund der soeben erfolgten Mündlichen Prüfung quasi noch im Examensmodus befindet. Zumindest ich habe mich für die Mündliche Prüfung nochmals durch sämtliche Rechtsgebiete gearbeitet, und dies mit aktueller Rechtsprechung verbunden. Das Wissen war somit vorhanden, es musste allenfalls durch weitere Klausurlösungen gefestigt werden. Dies ist weiterer Vorteil pro Verbesserungsversuch, denn das Wissen bis zur Mündlichen Prüfung nimmt nur zu, niemals ab, sodass im zweiten Durchgang auf jeden Fall auf ein breiteres Wissensspektrum zurückgegriffen werden kann.

Darüber hinaus sehe ich auch einen Vorteil im kurzfristigen Verbesserungsversuch: Je kürzer die Vorbereitungsphase, desto geringer ist die Gefahr, von der durch das erfolgreiche Absolvieren der Zweiten Juristischen Prüfung einsetzende Ermüdung erfasst zu werden, die letztlich auch erhebliche Auswirkungen auf Konzentration und Moral haben kann.

Und mit diesen Erwägungen stellte ich trotz der für mich zufriedenstellenden Note noch fristgerecht am Tag nach meiner Mündlichen Prüfung einen formlosen Antrag beim JPA. Und nur sechs Wochen später war es dann soweit, ein Déjà-vu der besonderen Art: Mein Verbesserungsversuch.

Welche weiteren Vorteile sprechen für einen (kurzfristigen) Verbesserungsversuch?

Freilich sind die oben genannten Argumente für den kurzfristigen Verbesserungsversuch bereits für sich genommen ausreichend, dennoch haben mich viele meiner Kollegen mit großen Augen und Zweifeln angeschaut. Es gibt aber weitere gute Gründe, die für einen schnellstmöglichen Verbesserungsversuch sprechen: Zunächst ist die Lücke im Lebenslauf nicht besonders groß und kann einfach durch einen längeren Urlaub erklärt werden, selbst wenn der Verbesserungsversuch nichts eingebracht haben sollte. Unter keinen Umständen sollte zeitgleich zur Vorbereitungsphase die Bewerbungsphase stattfinden, denn wer sich bewusst für den Verbesserungsversuch entscheidet, sollte auch seine gesamte Konzentration auf eben diesen lenken.

Ein kurzfristiger Verbesserungsversuch hat auch einen Vorteil für diejenigen, die von ihrer Ausbildungskanzlei übernommen werden, denn in aller Regel können sie ohne Weiteres im Anschluss der schriftlichen Prüfungen ihre Arbeit bei Kanzlei aufnehmen, ohne dass sie parallel dazu lernen und sodann die Arbeit für zwei Wochen zwecks Prüfungen niederlegen müssen. Dies macht zwar grundsätzlich keinen schlechten Eindruck, da Arbeitgeber in der Regel dem Verbesserungsversuch wohlwollend gegenüberstehen, dennoch ist dies sehr ermüdend und kann sich deshalb letztlich negativ auf die Prüfung und sodann auf die Arbeit auswirken.

Ein allgemeiner Vorteil des Verbesserungsversuchs ist darüber hinaus, dass man wesentlich ruhiger an die Sache herangeht, denn im Grunde hat mich nichts zu verlieren. In meinem Fall ist es so, dass ich bei einem Großteil der Klausuren das Gefühl habe, dass diese wesentlich besser liefen als im regulären Durchgang. Ob dies im Zusammenhang mit der Sorglosigkeit steht, bleibt unklar und wird sich voraussichtlich Ende des Jahres klären. Von anderen Kollegen hörte ich allerdings, die ebenso ihren Verbesserungsversuch machten, jedoch vier Monate nach deren regulären Durchgang, dass die Klausuren im Verbesserungsversuch wesentlich schwerer waren.

Wie kann ich mich gezielt auf den Verbesserungsversuch vorbereiten?

Ich schrieb bereits einen Beitrag mit 10 Tipps & Tricks zur Vorbereitung des Zweiten Staatsexamens, die natürlich ebenso nützlich für die Vorbereitung des Verbesserungsversuchs sind. Den Beitrag findet ihr hier.

Fazit

Der Verbesserungsversuch ist sicherlich anstrengend, aber er bringt viele verschiedene Vorteile mit sich. Deshalb kann ich nur jedem dazu raten, soweit man nicht bereits ohnehin die Note „gut“ beziehungsweise „vollbefriedigend“ hat.

 

– Sebastian Klingenberg, Rechtsassessor und Doktorand

Weitere Veröffentlichungen von Sebastian sind hier und auf seinem Facebook-Blog zu finden.

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Beitragsautor:

Sebastian M. Klingenberg

Sebastian M. Klingenberg

Redaktionsleiter bei JurCase
Rechtsassessor, Promotionsstudent, Freiberufler

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