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Unsere #examensrelevanten Fälle des Monats 2021

By 1. Januar 2022Oktober 10th, 2023No Comments
Fall des Monats

Wir präsentieren dir in Kooperation mit JuraIntensiv unsere #examensrelevanten Fälle des Monats 2021: Die folgenden 12 Beiträge aus dem Jahr 2021 beschäftigen sich mit Thematiken, die sicherlich auch 2022 weiterhin examensrelevant bleiben.

1. Fall des Monats Januar 2021: Sittenwidrigkeit der Tat i.S.v. § 228 StGB

Das vorliegende Urteil betrifft die Voraussetzungen der Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 I StGB, der Beteiligung an einer Schlägerei, § 231 I StGB, sowie der rechtfertigenden Einwilligung. Der 15 Jahre alte Angeklagte R und sein Klassenkamerad M vereinbarten, auf Betreiben des R, sich zu einem Zweikampf zu treffen und dazu jeweils so viele Unterstützer wie möglich mitzubringen. Beide gingen davon aus, dass es zu Faustschlägen in das Gesicht mit entsprechenden Verletzungsfolgen kommen würde, dass aber zur Vermeidung schwerer Verletzungen besonders gefahrträchtige Verhaltensweisen, insbesondere Fußtritte gegen den Kopf unterbleiben sollten. Der Kampf eskalierte und es kam zu Einmischungen. M brach bewusstlos zusammen. Er hatte eine Bewusstseinsstörung und eine stark und ausschließlich nach innen blutende Nasenbeinfraktur. Er erstickte an eingeatmetem Blut, weil die Bewusstseinsstörung seinen Schluck- und Hustenreflex ausgeschaltet hatte. Welcher Schlag in das Gesicht die Nasenbeinfraktur verursacht hatte, konnte nicht festgestellt werden.

2. Fall des Monats Februar 2021: Corona-Pandemie-Verhältnis VersammIG zu IfSG

Das OVG Münster beleuchtet ein weiteres Rechtsproblem im Kontext mit der Corona-Pandemie und der zu ihrer Eindämmung verhängten Schutzmaßnahmen: das Verhältnis des Versammlungsrechts zum Infektionsschutzrecht. A meldet für den Zeitraum vom 22.9.–29.9.2020 die Durchführung eines sog. Klimacamps als Versammlung an, zu dem er 500 Teilnehmer/innen erwartet. Es sollen Workshops und Diskussionsrunden u.a. in Zirkus- und Veranstaltungszelten stattfinden. Zusätzlich wird ein Kulturprogramm bestehend aus Konzert- und Kabarettveranstaltungen angeboten. Die Teilnehmer/innen erhalten überdies die Möglichkeit, vor Ort ihre Schlafzelte aufzubauen. Die zuständige Infektionsschutzbehörde verpflichtet A daraufhin formell ordnungsgemäß, von allen Teilnehmer/innen vollständige Namen, Adressen und Telefonnummern zu erfassen, mindestens 4 Wochen nach Ende der Versammlung aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzuzeigen. A hält diese Anordnung für rechtswidrig, weil sie bereits auf der falschen Rechtsgrundlage beruhe und daher von einer unzuständigen Behörde verfügt worden sei. Das Versammlungsgesetz (VersG) sperre nämlich eine Anwendung des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG). Außerdem sei das von ihm vorgesehene System der Vorabregistrierung der Teilnehmenden völlig ausreichend, um mögliche Infektionsketten nachvollziehen zu können. Ist die behördliche Anordnung rechtmäßig?

3. Fall des Monats März 2021: Hafting des Großvaters bei Filesharing des Enkels

Ein Elfjähriger hielt sich am Wochenende bei seinem Großvater auf, der über einen Internetanschluss verfügt. Über diesen lud er über das „Filesharing“-Netzwerk „Bittorrent“ und die Website „www….ro“ das in Rede stehende Computerspiel „S“ herunter und hielt es aufgrund der Funktionsweise von „Filesharing“-Netzwerken damit zugleich auch zum „Download“ für andere Nutzer bereit. Der Hersteller und Vertreiber verlangt gesamtschuldnerisch Schadensersatz in Höhe der Abmahnkosten. Der Großvater verweist darauf, dass der sorgeberechtigte Vater zur Tatzeit anwesend gewesen sei, er seinem Sohn mehrfach verboten habe, von seinem Anschluss aus Filesharing zu betreiben und er ihn auch über die Rechtswidrigkeit aufgeklärt habe. Der Großvater ist der Meinung, dieser könne als Elfjähriger den Unterschied zwischen Portalen und Tauschbörsen nicht erkennen, die freie oder kostenpflichtige Software zum Filesharing anbieten. Auch sei er angesichts der Abstraktheit der Rechtsverletzung nicht in der Lage gewesen, das Unrecht seiner Tat und die Folgen richtig einzuschätzen. Zu Recht?

4. Fall des Monats April 2021: Mutmaßliche Einwilligung

Der BGH befasst sich mit der Frage, ob eine mutmaßliche Einwilligung in die Schmerzbekämpfung eines sterbenden Patienten auch das Verhalten eines Nichtarztes rechtfertigen kann. Der Angeklagte P war als examinierte Pflegekraft in einem Altenpflegeheim tätig. Dort wurde der 63-jährige, unter gesetzlicher Betreuung stehende, M aufgenommen, der an Lungenkrebs im Endstadium litt. Eine Heilung des Krebsleidens war ausgeschlossen. Sein Arzt rechnete mit seinem Ableben in den nächsten Stunden und Tagen. M litt unter starken Schmerzen, er aß nicht mehr, konnte kaum noch schlucken und nur noch durch leichte Kopfbewegungen oder mittels kurzer, einfacher Worte kommunizieren. Aufgrund seiner Schmerzen verordnete sein Arzt erhebliche Dosen schmerzstillender Medikamente, darunter auch „Morphin 5 mg, subkutan (maximal alle 4 Stunden)“. P entschied sich aus Mitleid mit dem Patienten mehr Morphin als angeordnet zu injizieren. Wenige Stunden später, als das verabreichte Morphin in seiner Wirkung bereits nachließ, verstarb M an seinem Krebsleiden; die Morphininjektion um 6.00 Uhr war nicht todesursächlich. Hat P sich durch die Injektion des Morphins um 6.00 Uhr wegen Körperverletzung, § 223 I StGB, strafbar gemacht?

5. Fall des Monats Mai 2021: Rücktritt wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung beim Kauf eines Kunstwerks 

Nicht immer stammen die im Kunsthandel feilgebotenen Werke vom angegebenen Künstler. Verkäufer und Käufer befinden sich deshalb in einer Risikozone. Zuletzt wurde in der Juliausgabe der RA 2018 auf Seite 341 über dieses Thema  berichtet. Das damals thematisierte Urteil des OLG Frankfurt, 19 U 188/15 war im September 2018 Teilaspekt der Z-III-Klausur des Assessorexamens in Hessen. B ist gewerblicher Kunsthändler, bei dem die Händlerin K regelmäßig kauft. K sollte von B ein gerahmtes Gemälde auf festem Büttenpapier, signiert mit V 86, zu einem Preis von 15.000 € erwerben, um es ihrerseits veräußern zu können. Hierzu schlossen die Parteien am 14.05.2018 einen als Kommissionsvertrag überschriebenen Vertrag.

6. Fall des Monats Juni 2021: Tateinheit bei Alternativvorsatz

Der BGH prüft die Strafbarkeit eines mit Alternativvorsatz ausgeführten Angriffs mit dem Ergebnis, dass hier zwei Vorsatzdelikte nebeneinander verwirklicht sein können. Der Angeklagte A schlug mit einem Hammer in Richtung der Nebenklägerin N und ihres unmittelbar hinter ihr stehenden Bruders B. Dabei hielt er es für möglich, dass der Hammer eine der beiden Personen treffen und verletzen könnte. Dies nahm er billigend in Kauf. N und B konnten den Schlag so weit ablenken, dass der Hammer den B leicht am Kopf traf.

7. Fall des Monats Juli 2021: Amtshaftung bei unwirksamer Rechtsverordnung

Bei dem Urteil des BGH handelt es sich um eine der eher seltenen examenstauglichen Entscheidungen aus dem Bereich des Staatshaftungsrechts. Allein das begründet schon ihre Prüfungsrelevanz. Konkret hatte der BGH zu klären, ob ein rechtswidriges materielles Gesetz einen Amtshaftungsanspruch begründen kann. Die Klägerin nimmt das Land Hessen aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen der Unwirksamkeit der von der Landesregierung 2015 erlassenen Mietenbegrenzungsverordnung in Anspruch. Die ursprünglichen Rechtsinhaber mieteten im Jahr 2017 eine Wohnung in Frankfurt am Main an. Der betreffende Stadtteil war in der Mietenbegrenzungsverordnung als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt im Sinne von § 556d II BGB festgelegt. Die Klägerin nahm aus abgetretenem Recht der Mieter deren Vermieterin in einem Vorprozess auf Rückzahlung überhöhter Miete in Anspruch, wobei sie sich auf die Mietenbegrenzungsverordnung stützte. Diese Verordnung ist indes wegen Verstoßes gegen die in § 556d II 5-7 BGB bestimmte Begründungsverpflichtung unwirksam. Deshalb wurde die Klage der Klägerin abgewiesen.

8. Fall des Monats August 2021: Gutscheinlösung bei gemischten Verträgen

Im vorliegenden Fall musste das AG München eine Entscheidung darüber treffen, wie weit die Gutscheinlösung des Art. 240 § 5 EGBGB bei einem gemischten Vertrag reicht. K erwarb von B anlässlich seines bevorstehenden Hochzeitstages vor dem 08.03.2020 zwei Eintrittskarten für eine künstlerische Varietéveranstaltung, die am 03.04.2020 in München stattfinden sollte. Zusätzlich buchte er die Bewirtung im Etablissement des B mit Speisen und Getränken. Wegen der Covid19-Pandemie verhängte die zuständige Behörde den Lockdown, weshalb die Veranstaltung ausfiel. B stellte K einen Gutschein sowohl für die Veranstaltung als auch für die Bewirtung aus. K ist der Meinung, dass ihm die Annahme des Gutscheines wegen des Zwecks seiner Buchung – Hochzeitsjubiläum – unzumutbar ist und begehrt die Rückzahlung sowohl des Ticketpreises als auch des gebuchten Bewirtungsentgeltes. Zu Recht?

9. Fall des Monats September 2021: Gewahrsam an am Automaten ausgezahltem Geld

Der BGH befasst sich mit der Frage, wer Gewahrsam an Geldscheinen hat, die an einem Geldautomaten ausgezahlt werden. Die Angeklagten L und B stellten sich neben die Geschädigte G, nachdem diese in der Absicht, Bargeld abzuheben, ihre Bankkarte in einen Geldautomaten der B-Bank eingeführt und ihre PIN-Nummer eingegeben hatten. Sodann verdeckten sie das Bedienfeld mit Zeitungen und gaben als auszuzahlende Geldsumme einen Betrag von 500,00 € ein. Das anforderungsgemäß ausgegebene Bargeld entnahmen sie dem Automaten und entfernten sich. Haben L und B sich wegen mittäterschaftlichen Diebstahls, §§ 242 I, 25 II StGB, strafbar gemacht?

10. Fall des Monats Oktober 2021: Auslegung des Art. 23 II 2 GG

Der Beschluss des BVerfG bewegt sich auf der examensrelevanten Schnittstelle des Staatsorganisationsrechts mit dem Europarecht. Das Informationsverhalten der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag könnte gegen Art. 23 II 2 GG verstoßen. Das ist der Fall, wenn die Bundesregierung den Bundestag nicht umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt über Angelegenheiten der Europäischen Union informiert hat, was wiederum eine Auslegung der Norm erfordert.

11. Fall des Monats November 2021: Grenzen des Selbsthilferechts gem. § 910 BGB

Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Nicht selten sind Bäume die Ursache für Nachbarstreitigkeiten. Was Nachbarn zu dulden haben, regeln die §§ 906 ff. BGB sowie die Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer. Das Ehepaar K und der B sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Berlin. Auf dem im Miteigentum der K stehenden Grundstück steht unmittelbar an der gemeinsamen Grenze zum Grundstück des B seit rund 40 Jahren eine etwa 15 Meter hohe Schwarzkiefer. Ihre Äste ragen auf das Grundstück des B. Von ihnen fallen Nadeln und Zapfen herab. Nachdem B die K unter Setzung einer angemessenen Frist erfolglos aufgefordert hatte, die Äste der Kiefer zurückzuschneiden, schnitt er überhängende Zweige selbst ab. Mit der Klage verlangen die K von B, es zu unterlassen, von der Kiefer oberhalb von fünf Meter überhängende Zweige abzuschneiden. Zu Recht?

12. Fall des Monats Dezember 2021: Wahlfeststellung bei Mordmerkmalen

Der BGH konnte bei einem Mord nicht genau feststellen, ob der Angeklagte mit Ermöglichungs- oder Verdeckungsabsicht gehandelt hatte und führt aus, dass aber auch dann eine eindeutige Verurteilung wegen Mordes auf wahldeutiger Tatsachengrundlage möglich ist. Der Angeklagte A tötete in der Nacht vom 19. auf den 20.11.2018 das ihm seit längerer Zeit bekannte 79-jährige Tatopfer G durch massive Gewalthandlungen mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz in dessen Wohnhaus. Für den konkreten Tathergang hat die Strafkammer alternativ zwei mögliche Geschehensabläufe festgestellt.

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Beitragsautor:

JurCase Redaktion

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