Die Sondertermine während der Strafrechtsstation
Neben Lernen, AG und Aktenbearbeitung hat die Strafrechtsstation durchaus noch mehr im Angebot: In Berlin, wie in anderen Bundesländern auch, gibt es mehrere Sondertermine, die man auf jeden Fall wahrnehmen sollte: Denn JVA-Besuche, Obduktion und Polizeifahrt bringen definitiv etwas Abwechslung ins Referendariat.
Die JVA-Besuche
Während der dreimonatigen Strafrechtsstation haben wir zwei verschiedene JVAs besuchen können: die JVA Moabit und die JVA Heidering. Im Folgenden schildere ich euch meine Eindrücke aus den beiden Besuchen.
1. Die JVA Moabit
Die Justizvollzugsanstalt Moabit beherbergt fast 1.000 Männer, die in U-Haft sitzen. Das heißt, dass sie auf ihre Verfahren warten oder auf die Überführung in die JVA, in der sie ihre Freiheitsstrafe verbüßen müssen, nachdem sie verurteilt wurden.
Das Gebäude wurde im 19. Jahrhundert gebaut und hat dementsprechend „Altbaucharme“, wie wir es genannt haben. Natürlich im übertragenen Sinne, denn besonders wohnlich ist es dort nicht. Aber im Vergleich zur JVA Heidering, die erst vor wenigen Jahren eröffnet wurde, ist das schon ein deutlicher Unterschied. Vielleicht wart ihr schon mal im Gefängnis von Alcatraz oder kennt Innenaufnahmen davon? Daran hat mich die JVA Moabit trauriger Weise sehr erinnert. Diese unzähligen Zellen, in mehreren Etagen übereinander, alt, dunkel, verwinkelt. Und überall die Gefangenen. Ich muss sagen, dass mich das nachhaltig beeindruckt hat und die Stimmung schon recht düster und bedrückend war.
In den 3 Stunden, in denen wir da waren, ging zudem auch 3 Mal der Anstaltsalarm los, da wurden wir dann immer in einen sicheren Bereich gebracht und mussten warten, bis er aufgelöst wurde. Dies trug auch nicht gerade zu einer heimeligen Wohlfühl-Atmosphäre bei…
Wir haben uns die komplette Anstalt angeschaut, inklusive Sportbereich und Werkstätten. Die dort zuständige Mitarbeiterin erwähnte, dass drei der ungefähr 15 in der Schneiderei arbeitenden Männer gerade wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Das hat schon ein komisches Gefühl in mir ausgelöst. Nicht, weil ich Angst hatte, sondern weil die Vorstellung nach wie vor irritierend war, dass diese Männer, die doch aussahen wie du und ich, einen anderen Menschen vorsätzlich getötet haben.
2. Die JVA Heidering
Der Besuch in der JVA Heidering, sowie die dort gesammelten Eindrücke war hingegen völlig anders. Dort verbüßen Männer ihre Freiheitsstrafen, die nur wenige Jahre in Haft sitzen müssen. Das wird aus organisatorischen Gründen aufgeteilt, damit nicht jede JVA alles anbieten muss. Also Menschen, die in der JVA Heidering im Schnitt nur 1-2 Jahre inhaftiert sind, bekommen andere Resozialisierungs- und Ausbildungsprogramme, als die, die 5 oder 10 Jahre verbleiben.
Die JVA Heidering wurde 2013 fertiggestellt und ist damit – auch optisch – sehr modern. Alles wirkt neuer, heller, freundlicher. Einige der Gebäude haben nicht mal Gitterstäbe vor den Fenstern, es gibt keine Außenmauern (stattdessen Metallzäune) und man fühlt sich nicht so unwohl und beklemmt wie in Moabit. Da kann man es auf jeden Fall besser aushalten als in Moabit, obwohl ich das natürlich auch nicht schönreden will, der Eindruck war einfach nur ein ganz anderer.
Die Obduktion
Mein persönliches Highlight? Nein, wirklich nicht. Also ernsthaft. Das war einfach nur krass.
Der Besuch begann mit einem 1,5-stündigen Vortrag eines Rechtsmediziners, der uns sehr bildhaft und eindrucksvoll von seinem Beruf erzählte. Dies untermalte er mit ansprechenden Bildern in einer PowerPoint Präsentation.
Schon da merkte ich, dass der Beruf nichts für mich wäre. Also natürlich habe ich nicht Medizin studiert und könnte kein Rechtsmediziner werden, aber Staatsanwälte sind häufig auch an Tatorten und bei Obduktionen dabei. Ich glaube, die Kapitaldelikte werden nicht meine Abteilung…
Und dann ging es erst richtig los. Wir gingen in einen gefliesten Umkleideraum, in dem wir uns Überzieher über unsere Schuhe ziehen und einen Kittel anziehen mussten. In diesem Bereich war einfach alles gefliest, auch die Flure. Und es gab keine Fenster. Und es roch überall nach Formalin. Diesen Geruch werde ich nie vergessen.
Nun gingen wir in den Obduktionssaal und da war dann die zu obduzierende Person aufgebahrt. Eine echte Leiche. Ein nackter, alter, hilfloser Mann, der vor wenigen Tagen noch gelebt hatte. Nun lag er da und sollte zerlegt werden. Auf einem Metalltisch. Drumherum überall Werkzeuge und Leute mit Schürzen.
Die Ärztin startete mit einer kurzen Erklärung und stellte alle an der Obduktion beteiligten Personen vor. Sie fand sich lustig, denke ich, für sie war das ja auch Alltag, aber ihre Sprüche wie: „Und der da macht die Knochenarbeit – im wahrsten Sinne des Wortes…“ fand ich nicht so amüsant. Mir war einfach nur schlecht.
Achso, und begonnen hat sie ihre Aussagen mit: „Nicht erschrecken, den Kopf haben wir schon aufgemacht. Das Gehirn liegt da hinter Ihnen“. Eigentlich war es da schon für mich vorbei. Als der Knochenjob-Herr sich dann ein Messer nahm, was wie mein Brotmesser zuhause aussah und meinte, wir legen jetzt mal los, wusste ich, dass jetzt der Moment für mich war, zu gehen. Die Bilder hätte ich nie wieder aus dem Kopf bekommen.
Vielleicht mache ich da auch ein zu großes Ding draus, aber für mich war da schon die Grenze erreicht. Die meisten haben aber tapfer bis zum Ende durchgehalten.
Die Polizeifahrt
Nun kommt mein persönliches Highlight. Die Nachtfahrt mit der Polizei. Man war das cool!
Mit Blaulicht über den Kudamm in Berlin rasen? Könnte ich jede Nacht machen! Ich war so froh, bei der Kripo gelandet zu sein und echt dankbar, Berlin mal aus dieser Perspektive sehen zu dürfen. Der Dienst ging von 22 – 05 Uhr und ich stand quasi permanent unter Strom. Vorgesehen war eine klassische Streifenfahrt, die aber zu 90 % aus spontanen Einsätzen über den Polizeifunk bestand. Und ich war hautnah mit dabei – na gut, ich saß in meiner schusssicheren Weste auf der Rücksitzbank – aber es hat sich so angefühlt.
Mir wurde auch super viel erklärt und ich werde diese aufregende Nacht bestimmt nicht vergessen.
Und obwohl ich so viel Kriminalität mitbekommen habe, gehe ich doch mit einem größeren Sicherheitsgefühl aus der Nacht raus, als ich vorher hatte. Ich weiß jetzt nämlich, dass in Berlin extrem viele Polizeiwagen (auch in zivil) unterwegs sind, die im Ernstfall innerhalb weniger Minuten vor Ort sind. Die Beamten riskieren jeden Tag ihre Gesundheit und ihr Leben. Ein ebenso faszinierender wie gefährlicher Job, gerade Samstagnacht in Berlin.
Fazit
Ich empfehle euch: Nehmt unbedingt an den Sonderterminen teil! Sie geben einen Einblick in verschiedene Berufsfelder und Orte, an die man sonst nicht kommt und können euch durchaus neue Perspektiven aufzeigen. Außerdem bringen sie eindeutig etwas Abwechslung in den Stationsalltag.
Und auch wenn nicht alle Eindrücke ausschließlich positiv waren (oder vielleicht gerade deswegen?!) werde ich diese vier Tage wohl so schnell nicht vergessen…
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