
#HierZucktDeinPrüfungsamt im Öffentlichen Recht in Kooperation mit RiVG Dr. David Stadermann
Moin zusammen,
heute empfehle ich euch einen interessanten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg vom 13.03.2025 (7 ME 7/25). Dieser Beschluss befasst sich mit der Frage, ob auch Automatenshops den Regelungen des Ladenöffnungsgesetzes – und somit einem Sonntagsverkaufsverbot – unterfielen.
JurCase informiert:
Den Beschluss des OVG Lüneburg vom 13.03.2025 (7 ME 7/25) gibt es kostenfrei hier auf der Seite des Niedersächsischen Vorschrifteninformationssystems (NI-VORIS).
Was ist passiert?
Die Antragstellerin betreibt einen knapp 30 m² großen „Automatenshop“ mit elf verschiedenen Warenautomaten. Anfangs war er rund um die Uhr geöffnet. Personal ist dort nicht dauerhaft und an Sonn- und Feiertagen gar nicht vor Ort.
Die Antragsgegnerin ordnete im Juni 2024 an, die Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen auf höchstens drei Stunden außerhalb der ortsüblichen Gottesdienstzeiten zu beschränken. Sie begründete dies damit, dass auch Automatenshops den Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) unterfielen. Ferner erklärte sie ihre Anordnung für sofort vollziehbar.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Klage und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.
Während das VG den Antrag noch ablehnte, stellte das OVG die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her.
Warum sollte ich den Beschluss lesen?
Der Beschluss beschäftigt sich mit „klassischen“ öffentlich-rechtlichen Examensgebieten: Ordnungsrecht, Gesetzes-Auslegung, Eilverfahren. Und er zeigt dabei anschaulich, dass die polizeirechtliche Generalklausel häufig der Rahmen ist, um inzidenter eine andere, gerne etwas unbekannte Norm zu prüfen.
- Als Rechtsgrundlage kommt hier (einzig) die Generalklausel im niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz, § 11 NPOG, in Betracht. Am Rande: Weder die Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid, noch das OVG in der hier besprochenen Entscheidung erwähnen – im Unterschied zum VG – diese Vorschrift.
- Allerdings liegt „nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung“ keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor, da § 3 Abs. 2 NLöffVZG, wonach Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen nur ausnahmsweise geöffnet sein dürfen, nach Auffassung des Senats voraussichtlich nicht verletzt ist.
- Zwar handele es sich bei dem „Automatenshop“ im Ausgangspunkt um eine „Verkaufsstelle“. Allerdings folge aus der Entstehungsgeschichte des NLöffVZG, dass „Automatenshops“ nicht in den Anwendungsbereich der Norm fallen. Denn der Bundesgesetzgeber (bis zur Föderalismusreform 2006 war der Bund zuständig für den Ladenschluss) habe Automaten nicht im Ladenschlussgesetz regeln wollen (und hielt dies – eine Entscheidung des BVerfG 30 Jahre später umsetzend – in § 7 Abs. 2 LadSchlG ausdrücklich fest). Dies ergebe sich auch aus der Zielsetzung des Ladenschlussrechts, denn es diene vor allem dem Schutz der Beschäftigten. Mit der Übernahme der Zuständigkeit und dem Erlass des NLöffVZG habe der Landesgesetzgeber eine Verschärfung der Regeln nicht bezweckt, vielmehr habe er das Ziel verfolgen wollen, den Handel zu flexibilisieren. Hinter die bundesrechtlichen Regeln zurückfallen habe er gerade nicht gewollt. Für eine Differenzierung zwischen „klassischen oder einzelne[n]“ Warenautomaten und Automatenshops sieht der Senat schließlich keine Grundlage.
- Aus Art. 140 GG i.V.m. Art 139 WRV – als weitere Norm, deren Verletzung den Tatbestand von § 11 NPOG erfüllen würde (?) – folge nichts Anderes, da jedenfalls aufgrund der Größe des Automatenshops ein Konflikt zwischen dessen Betrieb und dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe nicht erkennbar sei.