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Referendariat

Das Schlussplädoyer im Sitzungsdienst

By 9. Oktober 2017Oktober 12th, 2023No Comments
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Das Schlussplädoyer im Sitzungsdienst

Es gibt viele kleine Bücher und Ratgeber, die das Plädoyer im Sitzungsdienst behandeln. Diese sind in der Regel fast so umfangreich wie ein ganzes Skript. Um ein überzeugendes Plädoyer zu halten, braucht es jedoch meines Erachtens kein „Skript“, sondern nur ein paar ganz fundamentale Leitregeln. Den Rest erledigt dann die Routine und Erfahrung, die du während deines Stationsdienstes sammeln wirst. Spare dir daher dein Geld und nimm dir lieber fünf Minuten für den folgenden Beitrag.

Ich möchte dir in diesem Artikel die wichtigsten Tipps mitgeben, die ich selbst während meiner Sitzungsvertretungen erfolgreich umgesetzt habe. Für meine frei vorgetragenen Plädoyers habe ich regelmäßig sehr positive Resonanzen von Richtern und Verteidigern bekommen.

Für ein gutes Plädoyer sollte man sich zunächst klarmachen, dass dieses primär nicht dazu gedacht ist, einem geschulten Juristenpublikum rechtsdogmatische Neuheiten zu vermitteln. Die Sprache sollte daher einfach und verständlich gehalten werden, sodass auch jeder Laie versteht, was ihr sagen wollt.

Damit ein guter Einstieg in das Plädoyer gelingt, empfiehlt es sich daher nur den Einleitungssatz „auswendig“ zu lernen. Der restliche Teil ist im Grunde so aufgebaut wie ein Urteil.

Man beginnt das Plädoyer (im Stehen) mit den Worten: „Sehr geehrter Herr Vorsitzender/ Sehr geehrte Frau Vorsitzende“ (ich habe mir sagen lassen, dass die Anrede „hohes Gericht“ mittlerweile vor den Strafrichtern unüblich geworden ist) und wenn ein Verteidiger zugegen ist fügt man noch das entsprechende „Sehr geehrte/r Frau/Herr Verteidiger/in“ zu.

„Der angeklagte Sachverhalt hat sich in der heutigen Hauptverhandlung vollumfänglich/im Wesentlich bestätigt/ nicht bestätigt.“ (Mit diesem Einleitungssatz kannst du nichts falsch machen und er ist leicht zu merken.)

Nach dem Einleitungssatz trägst du vor, wie sich der Sachverhalt deiner Überzeugung nach unstreitig ereignet hat.

Beispiel:

„Es steht fest, dass der Angeklagte am 03.04.16 die Flasche Schnaps aus dem Regal des Supermarktes entnommen und in seinen Mantel gesteckt hat.“

Nun kannst du zur Nachweisbarkeit die Beweise würdigen, die du im besten Falle stichpunktartig auf deinem Stichwortzettel notiert hast (mehr dazu in meinem Beitrag zum Sitzungsdienst).

Du solltest dabei so frei wie möglich reden und nicht ablesen. Der große Nachteil besteht nämlich darin, dass du sonst oft ins Stottern gerätst, wenn du mal aus „der Zeile rutschst“.

Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn du mal ins Stottern kommst oder den Satz nicht mehr hinbekommst. Lege dann ruhig eine kleine Pause ein und setzte wieder neu an. Dies werden die wenigen Anwesenden kaum mitbekommen, sodass du dies sehr gut kaschieren kannst. Im Übrigen passiert das selbst den erfahrensten Verteidigern oder Staatsanwälten mal.

Wenn du die Beweiswürdigung abgeschlossen hast, nennst du die Norm, die einschlägig ist.

„Damit hat sich der Angeklagte gem. § 242 Abs. 1 StGB schuldig (nicht „strafbar“!) gemacht“.

Mit Blick auf deine Strafzumessungstabelle erörterst du nun, was für und gegen den Angeklagten spricht, bevor du zum Schluss zu deinem Antrag kommst.

Beispiele:

„Nunmehr ist nur noch zu klären, wie die Straftat angemessen zu ahnden ist.“

„Für den Angeklagten spricht…gegen Ihn spricht jedoch…“

„Die Staatsanwaltschaft hält daher eine Geldstrafe von 40 TS zu je 10 Euro für tat- und schuldangemessen. Vielen Dank.“

Wie du siehst, brauchst du keine ellenlangen Bücher abzuarbeiten, um ein gutes und überzeugendes Plädoyer zu halten. Hangle dich einfach an den Schritten auf deinem Stichpunktzettel entlang und trage sie selbstbewusst vor.

Und wenn der nette Richter oder die nette Richterin dir während den Verhandlungspausen mal einen Kaffee anbietet, darfst du diesen gerne annehmen. Auch wenn meiner damals für meinen Geschmack ausgesprochen stark war – wach war ich danach auf alle Fälle!

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Beitragsautor:

Sinan Akcakaya

Sinan Akcakaya

Sinan schrieb für JurCase zunächst über seine Erfahrungen im juristischen Vorbereitungsdienst und sodann über das Assessorexamen. Seine letzten Beiträge für uns befassen sich hingegen mit dem Karrierebeginn junger Volljuristen.

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