
Das Schlussplädoyer im Sitzungsdienst
Es gibt viele kleine Bücher und Ratgeber, die das Plädoyer im Sitzungsdienst behandeln. Diese sind in der Regel fast so umfangreich wie ein ganzes Skript. Um ein überzeugendes Plädoyer zu halten, braucht es jedoch meines Erachtens kein „Skript“, sondern nur ein paar ganz fundamentale Leitregeln. Den Rest erledigt dann die Routine und Erfahrung, die ihr während eures Stationsdienstes sammeln werdet. Spart euch daher euer Geld und nehmt euch lieber fünf Minuten für den folgenden Beitrag.
Ich möchte euch in diesem Artikel die wichtigsten Tipps mitgeben, die ich selbst während meiner Sitzungsvertretungen erfolgreich umgesetzt habe. Für meine frei vorgetragenen Plädoyers habe ich regelmäßig sehr positive Resonanzen von Richtern und Verteidigern bekommen.
Für ein gutes Plädoyer sollte man sich zunächst klarmachen, dass dieses primär nicht dazu gedacht ist, einem geschulten Juristenpublikum rechtsdogmatische Neuheiten zu vermitteln. Die Sprache sollte daher einfach und verständlich gehalten werden, sodass auch jeder Laie versteht, was ihr sagen wollt.
Damit ein guter Einstieg in das Plädoyer gelingt, empfiehlt es sich daher nur den Einleitungssatz „auswendig“ zu lernen. Der restliche Teil ist im Grunde so aufgebaut wie ein Urteil.
Man beginnt das Plädoyer (im Stehen) mit den Worten: „Sehr geehrter Herr Vorsitzender/ Sehr geehrte Frau Vorsitzende“ (ich habe mir sagen lassen, dass die Anrede „hohes Gericht“ mittlerweile vor den Strafrichtern unüblich geworden ist) und wenn ein Verteidiger zugegen ist fügt man noch das entsprechende „Sehr geehrte/r Frau/Herr Verteidiger/in“ zu.
„Der angeklagte Sachverhalt hat sich in der heutigen Hauptverhandlung vollumfänglich/im Wesentlich bestätigt/ nicht bestätigt.“ (Mit diesem Einleitungssatz könnt ihr nichts falsch machen und er ist leicht zu merken.)
Nach dem Einleitungssatz tragt ihr vor, wie sich der Sachverhalt eurer Überzeugung nach unstreitig ereignet hat.
Beispiel:
„Es steht fest, dass der Angeklagte am 03.04.16 die Flasche Schnaps aus dem Regal des Supermarktes entnommen und in seinen Mantel gesteckt hat.“
Nun könnt ihr zur Nachweisbarkeit die Beweise würdigen, die ihr im besten Falle stichpunktartig auf eurem Stichwortzettel notiert habt (mehr dazu in meinem Beitrag zum Sitzungsdienst).
Ihr solltet dabei so frei wie möglich reden und nicht ablesen. Der große Nachteil besteht nämlich darin, dass ihr sonst oft ins Stottern geratet, wenn ihr mal aus „der Zeile rutscht“.
Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn ihr mal ins Stottern kommt oder den Satz nicht mehr hinbekommt. Legt dann ruhig eine kleine Pause ein und setzt wieder neu an. Dies werden die wenigen Anwesenden kaum mitbekommen, sodass ihr dies sehr gut kaschieren könnt. Im Übrigen passiert das selbst den erfahrensten Verteidigern oder Staatsanwälten mal.
Wenn ihr die Beweiswürdigung abgeschlossen habt, nennt ihr die Norm, die einschlägig ist.
„Damit hat sich der Angeklagte gem. § 242 Abs. 1 StGB schuldig (nicht „strafbar“!) gemacht“.
Mit Blick auf eure Strafzumessungstabelle erörtert ihr nun, was für und gegen den Angeklagten spricht, bevor ihr zum Schluss zu eurem Antrag kommt.
Beispiele:
„Nunmehr ist nur noch zu klären, wie die Straftat angemessen zu ahnden ist.“
„Für den Angeklagten spricht…gegen Ihn spricht jedoch…“
„Die Staatsanwaltschaft hält daher eine Geldstrafe von 40 TS zu je 10 Euro für tat- und schuldangemessen. Vielen Dank.“
Wie ihr seht, braucht ihr keine ellenlangen Bücher abzuarbeiten, um ein gutes und überzeugendes Plädoyer zu halten. Hangelt euch einfach an den Schritten auf eurem Stichpunktzettel entlang und tragt sie selbstbewusst vor.
Und wenn der nette Richter oder die nette Richterin euch während den Verhandlungspausen mal einen Kaffee anbietet, dürft ihr diesen gerne annehmen. Auch wenn meiner damals für meinen Geschmack ausgesprochen stark war – wach war ich danach auf alle Fälle!
JURCASE MIETANGEBOT FÜR DEIN
ZWEITES STAATSEXAMEN
Jetzt mieten statt kaufen!
Für alle Bundesländer bietet JurCase die zugelassenen Hilfsmittel auf Basis der Prüfungsordnung der jeweiligen Bundesländer zur Miete an. Du kannst je nach Bedarf nur die Examenskommentare, nur die Gesetzestexte oder das Kombi-Paket mit allen Kommentaren und Gesetzestexten bei JurCase mieten.
Profitiert als AG von den JurCase AG-Rabatten: Wir bieten bei Gruppenbestellungen attraktive Sonderkonditionen für unsere JurCase Mietprodukte an.