
#HierZucktDeinPrüfungsamt im Öffentlichen Recht in Kooperation mit RiVG Dr. David Stadermann
Moin zusammen,
heute empfehle ich euch einen spannenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 09.01.2025 (15 A 205/24). Es geht um den oftmals vernachlässigten Kommunalverfassungsstreit.
JurCase informiert:
Der Beschluss des OVG Münster vom 09.01.2025 (15 A 205/24) ist bislang leider nur als Pressemitteilung auf der Gerichtshomepage veröffentlicht. Diese findest du hier. Das darauf basierende Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 14.12.2023 (4 K 5062/23) gibt es indes kostenfrei hier.
Was ist passiert?
Seit 2022 beabsichtigt die klagende Bezirksvertretung, den „kleinen Offenbachplatz“ als „Dirk-Bach-Platz“ zu benennen. Der Rat der Stadt Köln ist dagegen der Auffassung, er sei für die Namensgebung zuständig. Im September 2023 fasste er daher den Beschluss, den „kleinen Offenbachplatz“ in den Offenbachplatz einzubeziehen. Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Bezirksvertretung die Feststellung beantragt, dass sie für die Benennung des „kleinen Offenbachplatzes“ zuständig sei.
Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt. Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag des beklagten Rates auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil abgelehnt.
Warum sollte ich den Beschluss lesen?
Hamburger Referendarinnen und Referendare können diesen Beitrag ignorieren, da er ein Thema betrifft, das v.a. in Flächenländern relevant ist: Den Kommunalverfassungsstreit! Aber vielleicht gibt es ja auch in Stadtstaaten am Kommunalrecht Interessierte?
- Der Kommunalverfassungsstreit ist ein Streit zwischen Organen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (häufig: Gebietskörperschaft, etwa Kommune) über Rechte und Pflichten aus dem Körperschaftsverhältnis. Er hat, wie Wikipedia weiß, nichts mit unserer Verfassung zu tun, sondern hängt mit dem Begriff der „Kommunalverfassung“ zusammen. Es gibt ihn als Inter-Organstreit (zwischen zwei Organen) und Intra-Organstreit (z.B. zwischen zwei Ratsmitgliedern, etwa wegen eines Rauchverbots während der Sitzung).
- Eigenständig ist der Kommunalverfassungsstreit in der VwGO nicht geregelt. Allerdings kommt man mit den „allgemeinen Regeln“ weiter:
– Je nach Gegenstand kommen unterschiedliche Klagearten in Betracht. Geht es wie hier um die Verteilung von Zuständigkeiten, ist die (allgemeine) Feststellungsklage statthaft.
– Im Rahmen der Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog, kommt es nicht auf die Möglichkeit der Verletzung in subjektiv-öffentlichen Rechten an, sondern sog. „wehrfähiger Innenrechtspositionen“.- Die Klage richtet sich gegen dasjenige Organ, demgegenüber die behauptete Innenrechtsposition bestehen soll, das sich dieser also berühmt. - Hier hatte die Klage Erfolg. In der Sache stellt der Senat – ausweislich der Pressemitteilung – darauf ab, dass die Gemeindeordnung von einer grundsätzlichen Allzuständigkeit der Bezirksvertretung in bezirklichen Angelegenheiten ausgeht (vgl. §§ 37 I 1, 41 I GO NRW). Der Rat ist nur dann zuständig, wenn die Bedeutung der zu entscheidenden Angelegenheit wesentlich über den Stadtbezirk hinausgeht. Dies unterliegt, worauf der Senat hinweist, der vollen gerichtlichen Überprüfung. Maßgeblich sind insbesondere Art, Umfang und Bedeutungsgehalt des jeweiligen Entscheidungsgegenstands. Hinreichende Anhaltspunkte für eine wesentlich überbezirkliche Bedeutung der Benennung des „kleinen Offenbachplatzes“ waren hier jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
- Und sonst? Die Umbenennung einer Straße ist (rechtlich) eine Allgemeinverfügung.