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Gewusst

Manege frei für Artikel Drei!

By 23. Oktober 2023No Comments
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#HierZucktDeinPrüfungsamt im Öffentlichen Recht in Kooperation mit RiVG Dr. David Stadermann

Moin! Heute geht es um einen Beschluss vom VGH München vom 25.05.2023 (4 CE 23.854), bei dem es um Kommunalrecht und einstweiligem Rechtsschutz geht. Dabei spielt auch der Vorbehalt des Gesetzes eine wesentliche Rolle.

JurCase informiert:

Der Beschluss des 4. Senats des VGH München vom 25. Mai 2023 (4 CE 23.854) findest du hier

Was ist passiert?

Der Antragsteller, ein Zirkusunternehmen, begehrt die Zulassung zu einem kommunalen Veranstaltungsplatz. Er bewarb sich Anfang März 2023 bei der Antragsgegnerin für ein Gastspiel im Zeitraum Mai/Juni 2023 und fügte eine tierschutzrechtliche Erlaubnis bei, in der als zugelassene Tierarten unter anderem vier rote Riesenkängurus, sechs Großkamele und zwei Zebras aufgeführt waren. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag ab und verwies auf einen Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2017, wonach die Widmung der städtischen Veranstaltungsplätze aus Gründen des Tierschutzes dahingehend geändert werde, dass Gastspiele von Zirkussen, die Wildtiere mitführten und/oder zur Schau stellten, aus Gründen des Tierschutzes künftig nicht mehr zugelassen würden.

Nachdem der Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht München (Beschl. v. 3.5.2023, M 7 E 23.1847) erfolglos geblieben war, wurde die Antragsgegnerin auf die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof München (Beschl. v. 25.5.2023, 4 CE 23.854) im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller nach dessen Wahl einen städtischen Festplatz ohne Beschränkung der mitzuführenden oder zur Schau zu stellenden Tiere für zehn Tage im Zeitraum Mai/Juni 2023 zur Verfügung zu stellen.

Worum geht es?

Kommunalrecht, Vorbehalt des Gesetzes, einstweiliger Rechtsschutz

Warum solltest du dieses Thema bei der Vorbereitung berücksichtigen?

Das Urteil bietet die Möglichkeit, sich mit einigen, immer wieder auftretenden Fragestellungen im besonderen Verwaltungsrecht näher auseinanderzusetzen:

  1. Wann ist der „123-er-Antrag“ begründet?
    Warum konnte sich der Kläger nicht auf die Versammlungsfreiheit berufen, um sich gegen die Räumung und Beseitigung aller Anlagen im Hambacher Forst zu wenden?
  2. Welche Anspruchsgrundlage besteht für den Zulassungsanspruch und welche Überlegung führte hier letztlich zum Erfolg?
    Der Senat stellt auf Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO BY (i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) ab, wonach alle Gemeindeangehörigen nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften berechtigt sind, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu nutzen. Ähnlich lautende Bestimmungen enthalten auch die Gemeindeordnungen der übrigen Länder. Kritisch (und letztlich als unzulässig) bewertet der Senat die Beschränkung der Widmung „jedenfalls in der vorliegenden“ Form auf Zirkusse, die keine Wildtiere mitführen und/oder zur Schau stellen. Denn dabei hat der Stadtrat die Bedeutung von Art. 12 GG verkannt.
  3. Widmung und Zulassung – habe ich das nicht letztens irgendwo gelesen?
    Genau, auch im „Roger-Waters-Beschluss“ des Verwaltungsgerichts Frankfurt/M. (v. 24.4.2023, 7 L 1055/23.F) spielte das Thema eine Rolle.
  4. Warum wird der Vorbehalt des Gesetzes hier relevant?
    Der Senat bewertet den Stadtratsbeschluss als Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers. Derartige Eingriffe bedürfen der gesetzlichen Grundlage (Vorbe-H-alt des Gesetzes = nicht o-H-ne das Gesetz). Als taugliches Gesetz kommen auch Satzungen in Betracht (dazu sogleich).
  5. Für die Anwalts- bzw. Behördenklausur: Was könnte man der Antragsgegnerin raten?
    Eine entsprechende Satzung zu verabschieden. Die Möglichkeiten, im Rahmen einer Satzung (d.h. eines materiellen Gesetzes) in Grundrechte einzugreifen, behandelte der Senat in den Rn. 21 f. des Beschlusses.

Und sonst?

Fragen rund um den Gesetzesvorbehalt kommen immer wieder vor, gerne auch in mündlichen Prüfungen. Zur Vorbereitung lohnt sich eine Beschäftigung mit der Reichweite des Vorbehalts des Gesetzes (etwa in der Leistungsverwaltung, aber auch im sog. besonderen Gewaltverhältnis – Stichwort „Jogginghose“). Wer sich näher mit den Unterschieden von Satzungen und Rechtsverordnungen beschäftigen möchte, dem sei die Lektüre eines jüngeren Urteils des Bundesverwaltungsgerichts (v. 12.6.2023, 9 CN 2.22) empfohlen, in dem sich das Gericht mit der Ungültigkeit der Bewohnerparkgebührensatzung der Stadt Freiburg/Br. beschäftigt hat.

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Beitragsautor:

Dr. David Stadermann

Dr. David Stadermann

Dr. David Stadermann ist Richter am Verwaltungsgericht in Hamburg und Lehrbeauftragter an der HAW. Auf LinkedIn gibt Dr. Stadermann in Bezug auf der Öffentliche Recht Hinweise auf höchst- bzw. obergerichtliche Rechtsprechung, aber auch sonstige Ereignisse, die aufgrund ihrer Aktualität gerne in mündlichen Prüfungen verarbeitet werden können. Die Reihe #HierZucktDeinPrüfungsamt in Kooperation mit Herrn Dr. Stadermann findest du auch bei JurCase!

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