Längere Regelstudienzeit für Jurastudenten
Fluch oder Segen?
Eine Verlängerung der Studienzeit? Klingt nach Albtraum, gerade beim Jurastudium, welches ohnehin schon eine Regelstudienzeit von 4,5 Jahren vorsieht. Nun soll sie 5 Jahre betragen, also ein Semester mehr. Doch dahinter steckt keine böse Absicht, sondern eine gute. Doch deren Erfolg ist fraglich…
Warum eine Verlängerung der Regelstudienzeit?
Jurastudenten brauchen im Schnitt 11,3 Semester, bis sie dieses mit dem Ersten Staatsexamen abschließen. So steht es im Gesetzentwurf des Bundesrates. Gesetzlich vorgesehen sind aber nur 8 bzw. 9 Semester:
§ 5a I 1 DRiG: „Die Studienzeit beträgt vier Jahre; diese Zeit kann unterschritten werden, sofern die jeweils für die Zulassung zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung und zur staatlichen Pflichtfachprüfung erforderlichen Leistungen nachgewiesen sind.“
§ 5d II 2 DRiG: „Der Stoff der universitären Schwerpunktbereichsprüfung und der staatlichen Pflichtfachprüfung ist so zu bemessen, dass das Studium nach viereinhalb Studienjahren abgeschlossen werden kann.“
Es sind also 4 Jahre für das Studium vorgesehen und ein Semester für das Erste Staatsexamen. Dies ist in der Praxis aber leider nicht einzuhalten, dazu später mehr. Daher soll die Gesetzeslage jetzt angepasst werden. Besonders hart trifft eine Überschreitung der Regelstudienzeit BAföG-Bezieher: Ein Anspruch auf Geld gibt es grundsätzlich nur während der Regelstudienzeit, Verlängerungen müssen gut begründet werden.
Wie genau wird die Verlängerung der Studienzeit begründet?
In dem Gesetzentwurf heißt es, dass das Erste Juristische Staatsexamen im Umfang nicht hinter dem von Masterstudiengängen zurückbleibt, die zusammen mit dem Bachelor in der Regel auch 5 Jahre umfassen.
Als Grund für den Anstieg von 9,6 Semestern (2006) auf 11,3 Semestern (2016) wird die Einführung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung und die Erweiterung des Studienumfangs um die Schlüsselqualifikation und die Fremdsprachenqualifikation genannt.
Ein weiterer wichtiger Grund ist, dass mit der Verlängerung der Regelstudienzeit auch eine Verlängerung der Förderzeit für BAföG-Empfänger einhergeht. Das ergibt sich aus § 15a I Berufsausbildungsförderungsgesetz.
Personen, die auf eine finanzielle Unterstützung angewiesen sind, schließen deutlich seltener ein Studium ab als andere Studierende. Gerade Ihnen soll die Änderung des DRiG helfen.
Warum werden nicht einfach die Inhalte des Jurastudiums gekürzt?
Im Gesetzentwurf gibt es auch den Punkt „Alternativen“. Eine Beschneidung der Studieninhalte wird dort aber als „weder realistisch noch wünschenswert“ bezeichnet. Dadurch würde das „rechtswissenschaftliche Studienziel“ nicht erreicht und eine ausreichende Vorbereitung auf das Referendariat nicht möglich.
Wie und wann werden die Änderungen eingeführt?
Schon im März 2019 legte der Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Verlängerung der Regelstudienzeit vor. Dieser beinhaltet die Änderung der eben genannten Normen. Diese werden insofern angepasst, als dass sie jeweils um ein Semester verlängert werden.
Der Bundestag hat dem Gesetzentwurf zugestimmt, die Änderungen müssen also nur noch verkündet werden und treten dann einen Tag später in Kraft.
Sind 9 Semester wirklich nicht machbar?
Ein Abschluss des Studiums in 9 Semestern ist unrealistisch, was die Durchschnittsstudienzeit von 11,3 Semestern deutlich zeigt. Bei mir waren es stolze 13 Semester! Und nein, ich habe nicht getrödelt und bin auch nicht durch das Erste Examen gefallen. Im Gegenteil – ich habe die Regelstudienzeit eingehalten und das Examen sogar zweimal geschrieben und bestanden.
Es ist einfach so, dass das Staatsexamen extrem viel Zeit kostet. Es wird erstens in Berlin nur zweimal pro Jahr (April und Oktober) angeboten. Und zweitens dauert die Korrektur 3 Monate und die Wartezeit auf die Mündliche Prüfung ca. 2 Monate. Das heißt, dass man kurz vor Beginn der nächsten Prüfungskampagne erst die Mündliche Prüfung hat und daher meist erst die übernächste Kampagne in Anspruch nimmt.
Außerdem setzt die Einhaltung der Regelstudienzeit voraus, dass man direkt nach dem Abschluss des universitären Schwerpunkts in die schriftlichen Prüfungen muss – ohne Repetitorium, welches, egal ob universitär oder kommerziell, auf ein Jahr ausgelegt ist.
Bei mir war es so, dass ich bis zum 8. Semester im Schwerpunkt war und direkt danach mit einem kommerziellen Repetitorium begonnen habe. Mitten drin musste ich in die schriftlichen Prüfungen des Freischusses und gegen Ende in die Mündliche. Das hat bedeutet: Ich war schlecht vorbereitet und konnte mich nicht richtig auf das Repetitorium kümmern, da ich nebenbei vorlernen musste.
Dann habe ich ein Jahr später, also im 11. Semester noch mal geschrieben und mich dann im 13. Semester exmatrikuliert.
Was wird die Verlängerung bringen?
Nun ja, ich habe den Text mit der Aussage begonnen, dass ein Jurastudent durchschnittlich 11,3 Semester braucht. Das sagt eigentlich schon alles. Eine Verlängerung der Regelstudienzeit auf 10 Semester ist nett, aber eben nicht ausreichend. Die Krux: Gerade in den letzten beiden Semestern muss man sich intensiv auf die Examensvorbereitung konzentrieren und ein Job, durch den man den BAföG-Satz bekommt, dürfte um die 15h/Woche Arbeit bedeuten. Das ist echt viel. BAföG-Studenten werden also weiterhin eine Verlängerung des Förderungszeitraums beantragen müssen.
Und eine noch längere Regelstudienzeit fände ich als Abiturient auch eher abschreckend als fördernd. Zu diesem Zeitpunkt weiß man nämlich noch nicht, dass diese nicht einhaltbar ist und 5 Jahre bis zum Ersten Examen sind schon eine Ansage.
Fazit
Ich bezweifle also, dass die Maßnahme den erwünschten Erfolg bringen wird. Dennoch ist es ein guter Schritt in die richtige Richtung und Anerkennung des Umfangs des Studiums.
Ulrike
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