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Gewusst

Hörst du mich? Eilig geht es ins Telekommunikationsrecht (VG Köln, 1 L 2288/23)

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#HierZucktDeinPrüfungsamt im Öffentlichen Recht in Kooperation mit RiVG Dr. David Stadermann

 

Moin zusammen,
auch wenn in den letzten Tagen das Bundesverwaltungsgericht einige spannende Entscheidungen gefällt hat, möchte ich heute einen Eilbeschluss (v. 13.4.2024, 1 L 2288/23) des Verwaltungsgerichts Köln vorstellen.

JurCase informiert:

Der Beschluss des VG Köln vom 13.04.2024 (1 L 2288/23) findest du hier kostenfrei zugänglich in der Rechtsprechungdatenbank der Justiz NRW.

Worum geht es?

Telekommunikationsrecht. Und Fragen der formellen Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten, nämlich die Anhörung und die Begründung.

Was ist passiert?

Die Antragstellerin, ein bundesweit tätiger Telekommunikations-(„TK“)-Anbieter, wendet sich gegen die von der Beschlusskammer 11 der Bundesnetzagentur („BK11“) als sog. nationale Streitbeilegungsstelle festgelegten monatlichen Überlassungsentgelte für den Zugang der Beigeladenen zu einem von ihr betriebenen, öffentlich geförderten TK-Netz in einem hessischen Landkreis. Dem lag ein Vergabeverfahren für den Betrieb eines Glasfasernetzes zugrunde, das der hessische Landkreis durchgeführt und in dem die Antragstellerin den Zuschlag erhalten hatte.

Die Beigeladene bat die Antragstellerin um ein Angebot für einen offenen Netzzugang.

Nachdem sich diese nicht über die Konditionen einigen konnten, beantragte die Beigeladene bei der Antragsgegnerin die Einleitung eines sog. Streitbeilegungsverfahren. In diesem Zusammenhang führte die Antragsgegnerin eine sog. Marktabfrage und eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Das Ergebnis der Marktabfrage mündete in einem Vermerk, den die Antragsgegnerin der Beigeladenen und der Antragstellerin zur Verfügung gestellt hat.

Die BK11 verpflichtete die Antragstellerin im Beschlusswege, der Beigeladenen offenen Netzzugang zu gewähren und legte die monatlichen Überlassungsentgelte fest. Zur Begründung bezog sie sich insbesondere auf die Marktabfrage.

Hiergegen hat die Antragstellerin Klage erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Sie macht (soweit hier von Interesse) geltend, in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt zu sein.

Das Verwaltungsgericht ordnete die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage an.

Warum solltest du diese Entscheidung bei der Vorbereitung berücksichtigen?

  1. Auch wenn das Rechtsgebiet sicherlich kein Prüfungsamt zucken lässt, ist der Fall in eine klassische „80-Fünfer-Prüfung“ eingebaut. Bereits deswegen lohnt sich die Lektüre dieses Beschlusses (Aufbau, Obersätze, Prüfungsmaßstab).
  2. Wie ist das eigentlich mit der Anhörung? Das Verwaltungsgericht bewertet es als rechtswidrig, dass die Beschlusskammer der Antragstellerin keine Gelegenheit gegeben hat, zur Auswertung der Marktabfrage Stellung zu nehmen. Dass die Antragstellerin Adressatin dieser Abfrage gewesen sei, ändere daran ebenso wenig, wie, dass die – zum damaligen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossene – Marktabfrage Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor der Beschlussabteilung gewesen sei. Auch wenn im Fall eine Sondervorschrift einschlägig ist, beschäftigt sich das Verwaltungsgericht zudem mit der Entbehrlichkeit der Anhörung nach § 28 Abs. 2 VwVfG und der Möglichkeit der Heilung, § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG.
  3. Und die Begründung? In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben, § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG. Sie muss plausibel und erschöpfend sein, mithin aus sich heraus in Gänze nachvollziehbar sein und vollumfänglich den Tenor begründen. Hier erklärte die Antragsgegnerin (im Gerichtsverfahren), die Begründung würde sich aus dem Auswertungsvermerk ergeben. Damit drang sie bei dem Verwaltungsgericht nicht durch: Weder wurde auf diesen im angegriffenen Beschied konkret Bezug genommen, noch wurde er von allen Mitgliedern der beschließenden BK11 verfasst.
  4. Spannend: Das Verwaltungsgericht spricht den Vortrag der Antragsgegnerin im Gerichtsverfahren an und merkt insoweit an, dass dieser von der Bundesnetzagentur als den Rechtsträger Bundesrepublik Deutschland vertretenen Behörde stamme, nicht aber von der zur Entscheidung berufenen BK11 als Kollegialorgan. Ob dieser Vortrag dennoch den Begründungsfehler heilen könne (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG), könne offenbleiben, da der Verwaltungsakt auch materiell rechtswidrig ist. Dies muss hier aber nicht weiter vertieft werden…

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Beitragsautor:

Dr. David Stadermann

Dr. David Stadermann

Dr. David Stadermann ist Richter am Verwaltungsgericht in Hamburg und Lehrbeauftragter an der HAW. Auf LinkedIn gibt Dr. Stadermann in Bezug auf der Öffentliche Recht Hinweise auf höchst- bzw. obergerichtliche Rechtsprechung, aber auch sonstige Ereignisse, die aufgrund ihrer Aktualität gerne in mündlichen Prüfungen verarbeitet werden können. Die Reihe #HierZucktDeinPrüfungsamt in Kooperation mit Herrn Dr. Stadermann findest du auch bei JurCase!

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