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Gewusst

#HierZuckt(e)DeinPrüfungsamt im Zivilrecht im Jahr 2024

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#HierZucktDeinPrüfungsamt im Zivilrecht in Kooperation mit RiOLG Dr. Janko Büßer

In Kooperation mit RiOLG Dr. Janko Büßer präsentierten wir dir 2024 monatlich eine zivilgerichtliche Entscheidung, die dein Prüfungsamt vor Freude aufzucken ließ. Dr. Janko Büßer ist Richter am Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg, Dozent und Autor und kennt daher genau die Rechtsprechung, die für das juristisches Prüfungsamt besonders relevant ist.

Im Folgenden findest du eine Übersicht über die zivilgerichtlichen Entscheidungen des Jahres 2024, die dein Prüfungsamt besonders aufzucken ließen. Auch im Jahr 2025 bleiben diese Entscheidungen von Bedeutung – daher solltest du von ihnen unbedingt #gewusst haben!

„Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“ – Anscheinsbeweis bei einem Unfall nach Rückwärtsfahrt in einer Einbahnstraße (VI ZR 287/22)

Was ist passiert?

Ein Unfall zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1). Beklagte zu 2) ist deren Haftpflichtversicherung.

Die Beklagte zu 1) war in Düsseldorf auf Parkplatzsuche. In einer Einbahnstraße fand sie einen, musste dafür aber erst einmal ein Stück zurücksetzen, um dem aus der Parklücke herausfahrenden Fahrzeug Platz zu machen. Dabei kam es zum Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Klägers, der rückwärts aus seiner Garageneinfahrt gefahren war.

Der Kläger behauptet, er habe bereits gestanden und vorwärts weiterfahren wollen, als die Beklagte zu 1) rückwärts gefahren sei. Die Beklagten behaupten, die Beklagte zu 1) und der Kläger seien zeitgleich rückwärts gefahren.

Die Beklagte zu 2) regulierte lediglich 40 Prozent der (unstreitigen) Schadenspositionen des Klägers und geht im Übrigen von einem Mitverschulden des Klägers aus.

Der Kläger begehrt die restlichen 60 Prozent. Vom Amtsgericht hat er sie bekommen, das Landgericht hat das Urteil jedoch abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Finger weg! – Abwehr der Vollstreckung aus einer Sicherungsgrundschuld nach (Rück-)Erwerb des Grundstücks (V ZR 9/22)

Was ist passiert?

Der Kläger wendet sich mit Vollstreckungsabwehr- und Titelherausgabeklage sowie einer hilfsweise erhobenen Klauselgegenklage und weiteren Hilfsanträgen dagegen, dass die Beklagte aus einer notariellen Grundschuldurkunde die Zwangsvollstreckung in sein Hotelgrundstück betreibt (durch Zwangsverwaltung und -versteigerung). Die Beklagte begehrt mit einer Widerklage die Duldung der Zwangsvollstreckung.

Der Kläger hatte dieses Grundstück 1999 an P veräußert, die als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen wurde. Schon kurz darauf nahm er P gerichtlich auf Rückabwicklung in Anspruch. Der BGH bejahte Anfang Februar 2003 diesen Anspruch dem Grunde nach und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück.

Ende Februar 2003 bestellte P mit notarieller Urkunde am Grundstück eine Grundschuld zugunsten der H-Bank. Diese Grundschuld sollte die Finanzierung sichern, mit der eine V (also nicht P) das Nachbargrundstück erwerben wollte.

Am 25. September 2003 wurde zugunsten des Klägers eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen.

Im Jahr 2008 kam es zu einer Umschuldung der Verbindlichkeiten der P und der V von der H-Bank auf die D-Bank. D tilgte die Kredite bei H, H trat ihr die Grundschuld ab, die aufgrund einer neuen Sicherungsabrede nunmehr alle Ansprüche der D sichern sollte.

Nachdem der Kläger den Rechtsstreit mit P gewonnen hatte, wurde er 2010 wieder als Eigentümer des (belasteten) Grundstücks eingetragen.

Im November 2014 trat die D-Bank im Zusammenhang mit einem Verkauf ihrer Forderungen die Grundschuld in Höhe eines Teilbetrages an die Beklagte ab. Hierzu hatte sie zuvor einen Schuldübernahmevertrag mit P und V geschlossen. Die Abtretung wurde im Grundbuch eingetragen.

Im Mai 2015 wurde der Beklagten eine vollstreckbare Teilausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde erteilt, aus der sie nunmehr die Zwangsvollstreckung betreibt.

(Wie in einer Klausur lohnt es sich, erst mal eine Skizze mit den Beteiligten und deren Rechtsverhältnissen zu erstellen.)

Das nimmst du zurück! – Pflicht des Verkäufers zur Rücknahme mit Arsen belasteten Schotters (VIII ZR 164/21)

Was ist passiert?

Stark vereinfacht:

Die Beklagte verkaufte der Klägerin als Untergrund für einen Parkplatz Recycling-Schotter, den sie bei der Streithelferin bestellt hatte und der direkt von der Herstellerin auf die Baustelle geliefert und dort von der Klägerin verbaut worden ist.

Als später auf dem Grundstück eine Halle errichtet werden sollte, stellte sich heraus, dass der Schotter eine zu hohe Belastung mit Arsen aufweist. Die Klägerin trat deshalb vom Kaufvertrag zurück und forderte die Beklagte u.a. auf, den von ihr ausgebauten Schotter von der Baustelle abzuholen. Die Beklagte lehnte das ab.

Die Klägerin verlangt nunmehr von der Beklagten Schadensersatz und Feststellung in Bezug auf die Entsorgung des Schotters.

Copy of Geschäftsführer a.D.? – Publizität des Handelsregisters und Missbrauch der Vertretungsmacht (II ZR 220/22)

Was ist passiert?

Vereinfacht:

Die Klägerin ist eine Grundbesitz-GmbH, zu deren Geschäftsgegenstand u.a. der Verkauf von Grundstücken gehört. Sie begehrt von der Beklagten die Zustimmung zur Löschung einer Auflassungsvormerkung an einem Grundstück der Klägerin. Dieses Grundstück hat D als Geschäftsführer der Klägerin an die Beklagte verkauft und aufgelassen und dabei die Eintragung der Vormerkung bewilligt. Allerdings war er zwei Tage zuvor in der Gesellschafterversammlung (mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin) abberufen worden, was sich (natürlich) noch nicht aus dem Handelsregister ergab.

Die Beklagte kannte den Abberufungsbeschluss, wusste aber auch, dass es über dessen Wirksamkeit unterschiedliche Auffassungen zwischen den Gesellschaftern gab. Ebenso wusste sie, dass es sich bei dem Grundstück um den einzigen Vermögensgegenstand der Klägerin handelte und es keinen Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung zur Veräußerung gab. Sie behauptet allerdings, der Notar habe im Beurkundungstermin erklärt, dass es keiner Zustimmung bedürfe.

Me, myself and I – Vollstreckungsgläubigerin als eigene Rechtsnachfolgerin (VII ZB 54/21)

Was ist passiert?

Die Gläubigerin erwirkte gegen den Schuldner einen Vollstreckungsbescheid. Nach mehrfacher Abtretung der titulierten Forderung landet der Anspruch wieder bei ihr. Nun möchte sie eine Forderung des Schuldners gegen seine Bank pfänden lassen.

Das Vollstreckungsgericht hat den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung lägen nicht zweifelsfrei vor. Aufgrund der Ringabtretung bestünden Zweifel an der Parteiidentität zwischen der Antragstellerin als ursprünglicher Gläubigerin und als Rechtsnachfolgerin des letzten Zedenten. Die sofortige Beschwerde blieb ebenfalls ohne Erfolg. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde.

It’s gettin‘ hot in here – Haftung für defekte Klimaanlage in einem Oldtimer trotz Ausschlusses der Gewährleistung (VIII ZR 161/23)?

Was ist passiert?

Der Beklagte bot als privater Verkäufer im Internet sein fast 40 Jahre altes Auto mit einer Laufleistung von 150.000 Kilometern an. Die Fahrzeugbeschreibung enthielt unter anderem folgende Angaben: „[…] Klimaanlage funktioniert einwandfrei. Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung.“

Nachdem die Parteien eine gemeinsame Probefahrt durchgeführt hatten, schlossen sie einen schriftlichen Kaufvertrag über das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 25.000 Euro. Darin heißt es unter anderem: „Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Dieser Ausschluss gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers oder seines Erfüllungsgehilfen beruhen sowie bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit.“

Einige Zeit später stellte der Kläger fest, dass die Klimaanlage defekt war. Er wandte sich per E-Mail an den Beklagten und bat um einen „akzeptablen Vorschlag zur Lösung des Problems“. Der Beklagte wies etwaige Ansprüche des Klägers zurück, bezeichnete die E-Mail des Klägers „zusammenfassend als Nötigung“ und teilte mit, er „betrachte die Angelegenheit als vollumfänglich abgeschlossen“.

Der Kläger begehrt nunmehr Ersatz der Reparaturkosten für die Klimaanlage und behauptet, der Klimakompressor sei bereits bei Übergabe defekt gewesen.

Das schöne Geld – Schadensersatzansprüche des Zahlenden gegen die Empfängerbank wegen Gutschrift trotz Untersagung durch Finanzaufsicht (XI ZR 327/22)

Was ist passiert?

Kurz gesagt: Die Kläger veranlassten über ihre Hausbank H. (und unter Einschaltung der Landesbank L.) eine Überweisung in Höhe von 350.000,00 Euro an U. auf deren Geschäftskonto bei der Beklagten in der Schweiz. Die Beklagte schrieb U. diesen Betrag am 6. März 2012 gut.

Allerdings war zu diesem Zeitpunkt bereits eine Verfügung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) ergangen, durch die der U. jede Entgegennahme von Publikumseinlagen untersagt wurde sowie sämtliche Kontoverbindungen und Depots gesperrt, zwei in Zürich ansässige Rechtsanwälte als Untersuchungsbeauftragte mit alleiniger Handlungsbefugnis eingesetzt und den Organen der U. Rechtshandlungen ohne Zustimmung der Untersuchungsbeauftragten untersagt wurden. Diese Verfügung wurde der Beklagten per Fax der Untersuchungsbeauftragten vom 5. März 2012 mit der Bemerkung weitergeleitet, der U. seien „sämtliche Vermögenswerte mit sofortiger Wirkung gesperrt (Sperrung nur für Ausgänge)“. Kurz darauf wurde über das Vermögen der U. das Konkursverfahren nach Schweizer Recht eröffnet.

Mit der Klage begehren die Kläger von der Beklagten Schadensersatz u.a. i.H.v. 350.000,00 Euro aus eigenem und abgetretenem Recht der H. und der L.

Fifty-fifty! – Provisionsanspruch des Maklers aus Doppeltätigkeit (I ZR 185/22)

Was ist passiert?

Die Klägerin, ein Maklerunternehmen, erhielt im Juli 2020 vom Verkäufer einen Verkaufsauftrag für eine Doppelhaushälfte. Sie erstellte ein Exposé, welches einen Hinweis auf die jeweils vom Verkäufer und Käufer zu zahlende Maklercourtage in Höhe von 3,57 Prozent des Verkaufspreises enthielt.

Am 10. Februar 2021 schlossen der Beklagte und die Klägerin einen Kaufinteressent-/Maklervertrag, in dem die Provision für den Erwerbsfall mit 3,57 Prozent festgelegt wurde und der in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Hinweis auf die Zulässigkeit einer Doppelmaklertätigkeit enthielt.

Am 12. März 2021 erwarb der Beklagte von den Mitgliedern einer Erbengemeinschaft als Verkäufer die Immobilie zu einem Kaufpreis von 1,28 Mio. Euro.

Am 19. April 2021 stellte die Klägerin dem Beklagten eine Rechnung in Höhe von 45.696 Euro für den Nachweis beziehungsweise die Vermittlung der Gelegenheit zum Abschluss des Immobilienkaufvertrags. Der Beklagte verweigerte die Zahlung.

Der Beklagte forderte die Klägerin per E-Mail auf, ihm nachzuweisen, dass alle die Klägerin betreffenden Vorschriften nach §§ 656a, 656b, 656c und 656d BGB erfüllt seien und forderte mit mehreren anwaltlichen Schreiben eine Offenlegung des Maklervertrags mit der Käuferseite. Eine solche Offenlegung erfolgte nicht. Die Klägerin teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 7. Juli 2021 das Datum des Abschlusses des Maklervertrags mit der Verkäuferseite, Provisionssatz, Rechnungsstellung und Geldeingang ohne Vorlage der entsprechenden Unterlagen mit.

Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von Maklerprovision in Höhe von 45.696 Euro nebst Zinsen mangels Erfüllung der Urkundenvorlagepflicht durch die Klägerin als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung dieser Provision nebst Zinsen verurteilt.

Mit der vom BGH zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

If you’re (not) going to San Francisco… – Unmöglichkeit einer Flugreise wegen Einreiseverbots in die USA während der COVID-19-Pandemie (X ZR 97/23)

Was ist passiert?

Der Sachverhalt ist übersichtlich und wird hier noch weiter vereinfacht:

Die Klägerin buchte im Oktober 2020 bei der Beklagten Flüge für eine Privatreise nach San Francisco, die im August 2021 stattfinden sollte. Für den Fall der Stornierung sollten lediglich Steuern und Gebühren erstattet werden. Zum Zeitpunkt der Buchung galt infolge der COVID-19-Pandemie bereits seit sieben Monaten ein unbefristetes Einreiseverbot für Passagiere aus dem Schengen-Raum in die USA. Da dieses Verbot bis zum November 2021 fortbestand, konnte die Klägerin die Flüge nicht antreten. Diese fanden zwar statt, die Beklagte hätte die Klägerin aber aufgrund des Einreiseverbots nicht befördert.

Die Klägerin nimmt die Beklagte nun auf Erstattung des Flugpreises in Anspruch.

Nur Bares ist Wahres? – Konsequenzen einer Schwarzgeldabrede beim Erwerb einer Eigentumswohnung (V ZR 115/22)

Was ist passiert?

Die Klägerin kam mit dem Beklagten überein, dessen Eigentumswohnung zum Preis von 150.000,00 Euro zu erwerben. Sie zahlte vorab 30.000,00 Euro in bar. Sodann ließen die Parteien einen Kaufvertrag über 120.000,00 Euro beurkunden. Hierdurch sparte die Klägerin Grunderwerbsteuer iHv ca. 1.500,00 Euro. Nach Zahlung des restlichen Kaufpreises wurde die Klägerin im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen.

Nachdem der Beklagte gegenüber dem Finanzamt eine Selbstanzeige im Hinblick auf seine Mitwirkung bei der Verkürzung der Grunderwerbsteuer erstattet und das Finanzamt die Grunderwerbsteuer für den gesamten Kaufpreis festgesetzt hatte, führten die Parteien Gespräche über die Wirksamkeit des Kaufvertrags und dessen Rückabwicklung. Im Zuge dessen beantragte und bewilligte die Klägerin auf Verlangen und zu Gunsten des Beklagten die Eintragung eines Widerspruchs gegen ihre Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch. Der Beklagte überwies daraufhin einen Betrag in Höhe von 120.000,00 Euro auf das Treuhandkonto eines Notars, welcher den Betrag an die Klägerin auszahlte, obwohl der Beklagte noch nicht wieder als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden war.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs.

Und nicht vergessen: Schreib regelmäßig Übungsklausuren!

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Beitragsautor:

Dr. Janko Büßer

Dr. Janko Büßer

Dr. Janko Büßer ist Richter am Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg, Dozent und Autor. In seinem LinkedIn-Newsletter präsentiert er examensrelevante BGH-Entscheidungen im Zivilrecht und vieles mehr für Studium und Referendariat. Die Reihe #HierZucktDeinPrüfungsamt in Kooperation mit Herrn Dr. Büßer findest du auch bei JurCase!

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