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Referendariat

Einführungslehrgang Zivilrecht – Teil II

By 19. März 2019November 28th, 2022No Comments
Erfahrungsbericht_Zivilstation_FB

Einführungslehrgang Zivilrecht – Teil II

Der erste Teil des Einführungslehrgangs war geschafft. Nun hieß es „Ran an Teil II“. Die zweite Häfte des Einführungslehrgangs hielt viele neue Erkenntnisse für uns bereit. Schwerpunktmäßig beschäftigten wir uns mit dem Aufbau eines Zivilurteils als zentralen Punkt des Zivilstation.

Tag 6:

Der zweite Teil des Einführungslehrgangs startete mit der Thematik rund um die mündliche Verhandlung im Zivilprozess. Dabei beschäftigten wir uns mit dem Ablauf einer mündlichen Verhandlung im Zivilprozess – eine relativ entspannte Einheit, bevor es „ernst“ wurde.

Tag 7:

Die nächsten drei Tage haben wir uns mit der ersten Aufgabenstellung eines Assessorexamens auseinandergesetzt – dem Zivilurteil. An Tag 7 erarbeiten wir uns den allgemeinen Aufbau eines Zivilurteils: Tenor, Tatbestand, Entscheidungsgründe.

Der Tenor ist die Urteilsformel gem. § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Vom gesamten Urteil erwächst nur der Tenor in Rechtskraft. Daher muss er knapp, eindeutig, vollstreckungsfähig und erschöpfend sein. Im Tenor darf keine Bezugnahme erfolgen. Es muss über alle Anträge entschieden werden, allerdings ist das Gericht gem. § 308 ZPO an die Anträge gebunden und darf daher nicht mehr zusprechen als beantragt wurde.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen, § 304 S. 1 ZPO, und er muss alles enthalten, was bis zur letzten mündlichen Verhandlung mündlich vorgetragen wurde. Inhalt des Tatbestands richtet sich nach § 313 Abs. 2 ZPO. Im Tatbestand dürfen keinesfalls rechtliche Wertungen (lediglich Rechtsansichten der Parteien) erörtert werden. Auch das Ergebnis der Beweisaufnahme ist in den Entscheidungsgründen – nicht im Tatbestand – auszuführen.

Den Aufbau des Tatbestands übten wir sogleich anhand eines Übungsfalls, um die Theorie in die Praxis umzusetzen, was gar nicht so einfach war, da so viele Formalien zu beachten sind. Hier eine Kurzübersicht, dessen Reihenfolge zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, in der Praxis jedoch üblich ist:

Kurze Übersicht zum Aufbau des Tatbestands:

  • Einleitungssatz, der kurz und prägnant beschreibt, worum die Parteien streiten
  • Unstreitiger Sachverhalt (Imperfekt)
  • Streitiger Vortrag des Klägers (Präsens, indirekte Rede)
  • Vorgezogene Prozessgeschichte, soweit für die Anträge relevant (Perfekt)
  • Letzte Anträge (Präsens)
    • Kläger
    • Beklagter
  • Streitiger Vortrag des Beklagten (Präsens, indirekte Rede)
  • Replik des Klägers (Präsens, indirekte Rede)
  • Prozessgeschichte: Prozessuale Vorgänge, die für die Entscheidung erheblich sind (Perfekt)

Der Inhalt der Entscheidungsgründe findet sich in § 313 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidungsgründe enthalten alles, was entscheidungserheblich ist. Wichtig ist dabei die richtige Schwerpunktsetzung zu finden und die Einhaltung des Urteilsstils, der für uns noch neu ist. Da wir im Studium stets den Gutachtenstil einzuhalten hatten, mussten wir uns nun umstellen auf den Urteilsstil. Die Ausführlichkeit der Begründungen muss mit der Gewichtigkeit der jeweiligen Rechtsproblematik für die Entscheidung korrespondieren. Jedenfalls muss auf alle wesentlichen Rechtsansichten der Parteien eingegangen werden.

Tag 8:

An Tag 8 haben wir uns mit der Kostenentscheidung des Gerichts befasst. Dabei setzten wir uns mit bislang unbekannten Gesetzen auseinander, dem Gerichtskostengesetz (GKG) und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Wir berechneten zum ersten Mal Gerichtsgebühren und Rechtsanwaltsgebühren. Die Kostenentscheidung ergeht von Amts wegen aufgrund der §§ 91 ff. ZPO. Dabei gilt immer der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung, d.h. die Entscheidung ergeht einheitlich für alle angefallenen Kosten des Rechtsstreits. Die Kostenentscheidungen übten wir ebenfalls sogleich an Übungsfällen. Dabei kam es mir manchmal so vor, dass ich eher im Mathematik-Unterricht sitze als in einer Referendariats-AG, aber überstanden haben wir es alle 😉

Tag 9:

Der vorletzte Tag beinhaltete den Unterricht zur vorläufigen Vollstreckbarkeit. Der Tenor muss neben der Entscheidung in der Sache und der Kostenentscheidung auch eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit enthalten. Diese richtet sich nach §§ 704 ff. ZPO. Danach ist eine vorläufige Vollstreckbarkeit ohne oder mit Sicherheitsleistung möglich. Schwerpunktmäßig setzten wir uns mit § 708 Nr. 11 ZPO auseinander. Auch hier war wieder mehr Rechnerei als Juristerei gefragt.

Tag 10:

Der letzte Tag beinhaltete einen runden Abschluss des Einführungslehrgangs mit der Bearbeitung einer Übungsklausur. Dabei konnten wir alles zuvor Erlernte in einer Original-Examensklausur anwenden und üben. Wir übten zunächst die Herangehensweise an eine Assessorklausur, sowie die Ausarbeitung eines Zivilurteils mit Tatbestand. Vor allem ging es darum, streitiges und unstreitiges Parteivorbringen richtig einzuordnen, um dann den Tatbestand entsprechend aufzubauen. Ehrlicherweise ist das in meinem ersten Übungsfall leider nicht ganz so gut gelungen, was aber für das erste Mal sicherlich normal ist. Daher heißt es ab heute: Üben, Üben, Üben!

Fazit:

Die ersten zwei Wochen des Referendariats sind nun also geschafft!

Der letzte Tag des Einführungslehrgangs bedeutete für mich auch gleich „Erster Tag der Einzelausbildung“. Am letzten Tag ging es anschließend noch zum Gericht, wo ich bei meiner Einzelausbilderin meine erste Akte zur Bearbeitung mitgenommen habe. Glücklicherweise sollte ich noch nicht gleich ein Urteil verfassen, sondern erstmal eine gutachterliche Prüfung zu materiellen und prozessualen Problemen des Falls erstellen. Damit war keine Zeit zum Durchatmen. Auf den Einführungslehrgang folgte die Bearbeitung der Akte und die Nachbereitung der einzelnen AG-Einheiten des Einführungslehrgangs. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich nach der langen Zeit zwischen dem Ersten Staatsexamen und dem Start des Referendariats (ca. 6 Monate) ganz schön platt war von den ersten zwei Wochen. Daher habe ich mir das Wochenende Pause gegönnt und habe dann mit der Nachbereitung begonnen. Die anfängliche Euphorie war gleich von der anstehenden Arbeit aufgebraucht worden. Trotzdem bin ich glücklich, dass ich nun wieder neue Dinge lernen darf, insbesondere freue ich mich auf die anstehenden Arbeiten in der Einzelausbildung, da ich endlich die Theorie aus dem Studium in die Praxis umsetzen darf!

 

Lara

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Beitragsautor:

Lara Siegmann

Lara Siegmann

Lara berichtete uns über ihre Erlebnisse und Erfahrungen, die sie während ihres juristischen Vorbereitungsdienstes gemacht hat.

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