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Referendariat

Die Arbeit als Staatsanwältin oder Staatsanwalt

By 24. September 2019Oktober 12th, 2023No Comments
Erfahrungsbericht_Strafstation_FB

Die Arbeit als Staatsanwältin oder Staatsanwalt

Überblick über den Aufgabenbereich der Staatsanwaltschaft

Für viele ist es immer noch ein Traumjob: Die Position eines Staatsanwaltes / einer Staatsanwältin. War dieser Traum bis vor wenigen Jahren nur für wenige greifbar, so ist es heute in NRW bereits möglich, mit einem Notenschnitt von 7,76 im Zweiten Examen zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Dies entnahm ich einer kürzlich veröffentlichten Stellungsausschreibung des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen. Neben dem Ansehen, das der Beruf eines Staatsanwaltes genießt, lockt viele auch der sichere Beamtenstatus in den Staatsdienst. In NRW steigt ihr als Staatsanwalt, genau wie ein Richter auch, mit Besoldungsstufe R1 ein. Ich habe mit einigen frisch gebackenen Staatsanwälten geredet und habe selbst meine Wahlstation dort verbracht. In diesem Beitrag möchte ich daher gerne den Arbeitsalltag eines Staatsanwaltes darstellen.

Schwerpunkt Strafrecht

Nicht verwunderlich, wenn ich euch sage, dass der Schwerpunkt der staatsanwaltlichen Arbeit natürlich im materiellen Straf- und Strafprozessrecht liegt. Nicht unterschätzen sollte man jedoch auch die Erwartung im Hinblick auf andere Rechtsgebiete. So sollte man auch vertiefte Kenntnisse aus dem Zivilrecht mitbringen. Denn häufig wird man auch bei strafrechtlich relevanten Vorwürfen inzident etwa Eigentumsverhältnisse durchprüfen müssen. Wer bereits zahlreiche Strafrechtsklausuren (Vermögensdelikte) geschrieben hat, wird wissen wovon ich rede. Entscheidend ist aber die Strafrechtsnote im Examen keinesfalls. Wichtig ist hier nur, dass der Gesamtschnitt der Examensklausuren die Voraussetzungen erfüllt.

Der Arbeitsalltag

Die Staatsanwaltschaft ist die sogenannte „Herrin des Ermittlungsverfahrens“. Das bedeutet, dass man als Staatsanwalt Strafrechtsdelikte ermittelt, Verfügungen schreibt und Anklagen verfasst. Daneben übernimmt man die Sitzungsvertretungen im gesamten Zuständigkeitsbereich. Neben den eigenen Verfahren muss man auch Verfahren anderer Kollegen oder Amtsanwaltschaften vertreten. In meiner Wahlstation habe ich einen sehr guten Einblick in den gewöhnlichen Ablauf des Arbeitsalltags einer Staatsanwältin nehmen können. Diese begann in der Regel um 8 Uhr mit ihrer Arbeit, sagte mir aber, dass sie ihre Arbeitszeit grundsätzlich frei einteilen könne. So ist es etwa keine Pflicht, „vor Ort“ anwesend zu sein. Der Staatsanwalt kann – genau wie der Richter – auch mal vom Home Office aus arbeiten. Ganz feste Arbeitszeiten kennt man dort auch nicht. Auch wenn in der Regel viele Staatsanwälte, gerade zu Beginn, einer hohen Arbeitsbelastung (je nach Dezernat) ausgesetzt sind, so berichteten mir erfahrene Staatsanwälte, dass man mit der Zeit weiß, wie effektiv man etwa Wiedervorlagefristen in Verfügungen setzen muss, um möglichst viel in wenig Zeit abzuarbeiten.

Im Ergebnis geht es nämlich gerade darum: Akten abarbeiten. Jeden Tag stapelten die Justizmitarbeiter einen neuen Aktenberg in das Zimmer der Staatsanwältin. Ihr Fach teilte sich dabei grob in „Eingang“ und „abgearbeitet“. Wenn der Stapel der noch abzuarbeitenden Akten klein aussah, bedeutete das, dass sie effektiv gearbeitet hat. Erstaunlicherweise hatte meine Ausbilderin das Talent, sehr schnell in den Akten zu erkennen, was zu verfügen war. Dies ist wohl auch der jahrelangen Erfahrung geschuldet, die man von euch als Berufsanfänger natürlich nicht erwarten kann. So sollte ich etwa anhand der letzten (und aktuellsten Seite) der dicken Akte entscheiden, welcher Schritt als nächstes zu verfügen war. Ist die Akte etwa entscheidungsreif? Wer muss angeschrieben werden? Welche Antwort erwartet etwa die zuständige Polizeibehörde? Was tut man mit sichergestellten Gegenständen? Den größten Teil des Tages verbringt man daher mit der Abarbeitung von Akten. Die tatsächlichen Sitzungsvertretungen machen daher wohl nur einen geringen Teil aus (dies wird aber auch im Beruf des Rechtsanwalts nicht anders sein).

Dabei gilt jedoch auch zu betonen, dass man sich auch in Nebengebiete des Strafrechts einarbeiten muss, die nicht examensrelevant waren (Betäubungsmittelrecht, Sexualstrafrecht, Steuerstrafrecht, Strafvollstreckungsrecht etc.). In welches Dezernat man eingeteilt wird, darauf hat man keinen direkten Einfluss.

Daneben ist die Staatsanwaltschaft auch die zuständige Strafvollstreckungsbehörde. Das bedeutet, dass ihr als Staatsanwalt auch die Vollstreckung freiheitsentziehender Maßnahmen (Ladung zum Strafantritt) oder in Geldstrafen verfügt. Auch Maßnahmen der Besserung und Sicherung werden von der Staatsanwaltschaft vollstreckt (etwa die Unterbringung in eine psychiatrische Anstalt). Bei Anhörungen von Untersuchungshäftlingen seid ihr ebenfalls anwesend. Der Aufgabenbereich ist also sehr breit gefächert und dementsprechend auch sehr interessant.

Karrieremöglichkeiten

Auch als Staatsanwalt hat man die Möglichkeit, Schritt für Schritt die Karriereleiter zu erklimmen. Etwa die Beförderung zur Oberstaatsanwältin / zum Oberstaatsanwalt oder zur Leiterin / zum Leiter einer Staatsanwaltschaft. Daneben besteht sogar die Möglichkeit, als Generalbundesanwalt zum Bundesgerichtshof berufen zu werden (auch wenn zu diesem Ziel natürlich auch eine gewisse Portion politisches Engagement gehört). Wenn ihr Spaß am Unterrichten habt, könnt ihr daneben auch eine Referendararbeitsgemeinschaft leiten. Auch dieser Punkt soll schon mal die ein oder andere Karriere gefördert haben und soll bei den Staatsanwaltschaften gern gesehen sein.

Fazit

Als Staatsanwalt setzt ihr euch für die effektive Durchsetzung des Rechts ein. Dabei solltet ihr natürlich eine besondere Neigung zum Strafrecht (inkl. Nebengebiete) mitbringen, da dort der absolute Schwerpunkt eurer Arbeit liegt. Der Arbeitsaufwand ist gerade zu Beginn nicht zu unterschätzen, wobei ihr trotzdem die Freiheit genießt eure Arbeitszeit zumindest in Grundzügen frei einzuteilen. Mit der Berufserfahrung steigt dabei jedoch in der Regel eure Effektivität, sodass die Arbeitsbelastung sich wieder einpendeln dürfte. Solltet ihr euch für den Beruf des Staatsanwaltes begeistern, würde ich jedem raten, die Wahlstation hier zu absolvieren. Dies erhöht eure Chance auch ohne Prädikatsexamen zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. So wird euer Ausbilder euch – bei entsprechendem Engagement – explizit eine Empfehlung für die Staatsanwaltschaft ins Zeugnis schreiben.

-Sinan

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Beitragsautor:

Sinan Akcakaya

Sinan Akcakaya

Sinan schrieb für JurCase zunächst über seine Erfahrungen im juristischen Vorbereitungsdienst und sodann über das Assessorexamen. Seine letzten Beiträge für uns befassen sich hingegen mit dem Karrierebeginn junger Volljuristen.

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