Die Strafrechtsklausur im Assessorexamen – Tipps für maximale Punkte
Das Strafrecht hat im Assessorexamen regelmäßig einen höheren Stellenwert als noch in der Ersten Juristischen Prüfung. Selbstverständlich kommt es für den Erfolg im Wesentlichen auf die juristischen Kenntnisse an. Dennoch kann die „Punkte-Ausbeute“ durch die Berücksichtigung einiger weniger Grundüberlegungen gesteigert werden.
1. Sie haben fünf Stunden Zeit, teilen Sie sich diese gut ein.
Bei der Korrektur von Klausuren in der Arbeitsgemeinschaft der Referendare ist des Öfteren ein Phänomen zu beobachten: Die Klausuren beginnen stark und sehr ausführlich und am Ende fehlen ganze Prüfungspunkte. Das ist gleich doppelt ärgerlich, da zum einen natürlich wesentliche Ausführungen fehlen und zum anderen der Prüfer die Klausur regelmäßig von vorn nach hinten lesen wird. Demnach wird ihm die Schwäche Ihrer Arbeit zum Ende hin, bei der Gesamtbewertung im Gedächtnis bleiben. Um dies zu vermeiden sollte der Klausursachverhalt zunächst aufmerksam und vollständig gelesen werden. Beim Fertigen der Lösungsskizze sollte auffallen, wo die Probleme liegen. Danach sollte die verbleibende Zeit aufgeteilt werden. Nochmal: Wo keine Probleme sind, kann kurz geprüft werden.
2. Verwechseln Sie nicht die Begrifflichkeiten
Ein Beispiel aus der (Prüfungs-)Praxis: Die Begriffe Beschuldigter, Angeschuldigter und Angeklagter werden verwechselt. Ein Prüfer im Assessorexamen ist regelmäßig ein Praktiker, also Staatsanwalt, Richter oder Rechtsanwalt. Liest dieser im Entwurf einer Anklage vom Beschuldigten oder Angeklagten, lässt ihn dies -negativaufmerken. Gleiches gilt bei einem unzutreffenden Prüfungsschema. Wird ein Versuch geprüft, sollte sich keine Überschrift „objektiver Tatbestand“ finden, auch wenn dann zutreffend das unmittelbare Ansetzen geprüft wird. Falsche Fachtermini und Überschriften blockieren Prüfer dabei sich Ihre ja unter Umständen korrekten Ausführungen unter der richtigen Prämisse anzusehen. Dagegen hilft es, sich vor Augen zu führen, was gerade verlangt wird und Begriffe zu vermeiden über deren Bedeutung man sich nicht abschließend im Klaren ist.
3. Beachten Sie die äußere Form
Noch einmal: Zumeist werden Praktiker Ihre Klausur korrigieren. Ein Staatsanwalt schreibt selbst regelmäßig Anklagen. Ein Richter liest sie und schreibt Urteile und Beschlüsse. Demnach halten Sie unbedingt die äußere Form ein. Tun Sie dies nicht, wird es dem Korrektor sofort negativ auffallen. Lernen Sie wie eine Anklage, ein Urteil oder eine Einstellungsmitteilung aussieht. Gestalten Sie den zu fertigenden Entwurf; Ahmen Sie das Original nach. Das bedeutet, rücken Sie Anträge und Personalien (z.B. bei der Anklage) ein und verwenden Sie im Urteil römische Ziffern. So fühlt sich der Korrektor quasi „zuhause“ und wird Ihrer Arbeit im Regelfall wohlwollender begegnen.
4. Für die Anwaltsklausur: Lernen Sie Ausführungen zur Zweckmäßigkeit zu machen
Anwaltsklausuren im Assessorexamen nehmen in allen Rechtsgebieten zu. Obwohl dies angesichts der beruflichen Entwicklung vieler Referendare durchaus sinnvoll ist, bleiben die zu beachtenden Feinheiten in der Anwaltsklausur bei der Ausbildung häufig
unberücksichtigt. Während das Verfassen eines Gutachtens -wie es regelmäßig Gegenstand der Anwaltsklausur ist- die meisten Referendare nicht vor besondere Herausforderungen stellt, sind die zumeist geforderten Zweckmäßigkeitserwägungen für so Manchen eine unlösbare Aufgabe. Hierzu ein Beispiel: Aufgabe ist das Abfassen eines Gutachtens zu den Erfolgsaussichten einer Revision. Es sind ausdrücklich auch Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen. Im Ergebnis des Gutachtens war festzustellen, dass sowohl verschiedene Verfahrensrügen als auch die Sachrüge begründet wären, aber die bisherigen Feststellungen auch eine Verurteilung wegen anderer Straftaten rechtfertigen. Dies stellten die Referendare auch überwiegend fest. In den Zweckmäßigkeitserwägungen jedoch empfahlen sie unter Hinweis auf die bestehenden Rechtsverletzungen uneingeschränkt die Durchführung der Revision. Dies war zwar nicht pauschal unrichtig, aber ohne eine entsprechende Begründung nicht vertretbar. Weder wurde auf das Verböserungsverbot hingewiesen, noch wurden Kostenaspekte angeführt. Demnach lautet der Rat: Denken Sie praktisch, versetzen Sie sich in Ihren Mandanten hinein. Würde dieser unter den herausgearbeiteten Umständen so vorgehen wollen? Wenn beispielsweise eine Revision weder Vor- noch Nachteile bringt dürften das Kostenargument die Entscheidung bringen. Droht jedoch ein Bewährungswiderruf und kann mit einer in der Sache erfolgsversprechenden Revision bei anschließender erneuter Verhandlung in der Tatsacheninstanz vielleicht das Ende der Bewährungszeit erreicht werden. Zeigen Sie dem Korrektor, dass Sie die Möglichkeiten erkannt haben, aber Sinn und Zweck nicht unberücksichtigt geblieben sind.
Fazit
Die vorstehenden Tipps sollten zeigen, dass es für eine gelungene Klausur -gerade im Assessorexamen- nicht ausschließlich auf das juristische Fachwissen ankommt, sondern durch Berücksichtigung der Praxis und des Prüfers durchaus mehr Punkte erreicht werden können.