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Gewusst

Der verwaltungsgerichtliche Beschluss

By 2. Juni 2021Januar 24th, 2024No Comments
Assessorexamen

Kurzer Überblick zum verwaltungsgerichtlichen Beschluss

Der verwaltungsgerichtliche Beschluss im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gem. §§ 80 Abs. 5, 80 a Abs. 3 bzw. § 123 VwGO gehört neben der Abfassung eines Urteils zum Standardrepertoire in der verwaltungsgerichtlichen Klausur im Zweiten Staatsexamen. Dementsprechend sollte der Aufbau des Beschlusses auch gut beherrscht werden.

Wie der Beschluss genau aufgebaut ist, welche Unterschiede sich zum Urteil ergeben und welche Fehler hier unbedingt zu vermeiden sind, werde ich euch in dem folgenden Beitrag erklären.

Einen Beitrag zum verwaltungsgerichtlichen Urteil findet ihr hier.

I. Rubrum

  • Bereits im Rubrum ist zu berücksichtigen, dass ein Beschluss nicht im Namen des Volkes ergeht.
  • Auch wird nicht „für Recht erkannt“, sondern beschlossen.
  • Die Beteiligten sind keine Kläger oder Beklagte, sondern werden als Antragsteller und Antragsgegnerbezeichnet und durch Verfahrensbevollmächtigte vertreten; hinsichtlich möglicher Beigeladener ergeben sich keine Unterschiede zum Urteil.
  • Bei der Erwähnung des Streitgegenstandes wird nicht nur der Streitgegenstand schlagwortartig bezeichnet (z. B. wegen: gaststättenrechtlicher Schließungsverfügung), sondern auch auf die Art des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens hingewiesen (z. B. hier: „Regelung der Vollziehung“).
  • Bei einem Beschluss ist eine mündliche Verhandlung gem. § 101 Abs. 3 VwGO nicht zwingend und wegen der Eilbedürftigkeit im vorläufigen Rechtsschutz in der Regel auch nicht erfolgt, eine solche kann jedoch fakultativ durchgeführt werden. Außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken die ehrenamtlichen Richter gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 VwGO nicht mit und sind daher auch nicht aufzuführen.

II. Tenor

Da Beschlüsse gemäß § 167 Abs. 1 VwGO iVm § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aus sich heraus vollstreckbar sind, entfällt die Tenorierung der vorläufigen Vollstreckbarkeit. Stattdessen wird die Streitwertfestsetzung mit in den Tenor aufgenommen, da sie auch durch Beschluss erfolgt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG)

Daraus ergibt sich für den Tenor folgender Aufbau:

  1. Entscheidung zur Hauptsache (Sachausspruch)
  2. Kostenentscheidung
  3. Streitwertfestsetzung.

 

  1. Erfolglose Anträge werden abgelehnt, hier sollte genaustens auf die Formulierung geachtet werden. Anträge werden weder zurückgewiesen noch abgewiesen.
  2. Die Kostenentscheidung richtet sich nach den §§ 154 ff. VwGO.
  3. Bezüglich der Streitwertfestsetzung sollte auf den Bearbeitervermerk geachtet werden, da ein solcher i. d. R. erlassen ist. Falls dies nicht der Fall sein sollte, gelten die §§ 52 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

JurCase informiert:

Eine Vollstreckbarkeitsentscheidung gibt es bei Beschlüssen nicht. Aus § 149 VwGO folgt, dass die Beschwerde als Rechtsmittel grds. keine aufschiebende Wirkung hat und der Beschluss daher unmittelbar vollstreckt werden kann.

III. Gründe

Im Anschluss an den Tenor folgen unter der einheitlichen Überschrift die „Gründe“, ohne formale Trennung zwischen Tatbestand und Entscheidungsgründen. Üblicherweise werden die Gründe in I. und II. gegliedert, wobei unter I. (entsprechend dem Tatbestand im Urteil) die Darstellung des Sach- und Streitstands erfolgt und unter II. die rechtlichen Erwägungen dargelegt werden.

IV. Rechtsmittelbelehrung

Soweit Beschlüsse anfechtbar sind, müssen sie eine Rechtsmittelbelehrung enthalten. Statthaftes Rechtsmittel ist nicht die Berufung, sondern bezüglich der Sachentscheidung die Beschwerde gem. § 146 Abs. 1, 4 VwGO und bezüglich der Streitwertfestsetzung die Beschwerde gem. § 68 Abs. 1 GKG.

Für die Sachentscheidung und die Kosten einerseits sowie für die Streitwertfestsetzung andererseits gibt es separate Beschwerdemöglichkeiten.

Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 147 Abs. 1 VwGO zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung, bei Beschlüssen nach §§ 80, 80 a und § 123 VwGO besteht gem. § 146 Abs. 4 VwGO eine Begründungsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe.

V. Unterschriften der Richter

Der Beschluss sollte von den Berufsrichtern unterschrieben werden, um deren Willen zum Beschluss deutlich zu machen. § 117 Abs. 1 Satz 4 VwGO gilt gemäß § 122 Abs. 1 VwGO jedoch nicht zwingend bei Beschlüssen, sodass keine Pflicht zur Unterschrift besteht.

Tenorierungsbeispiele zum verwaltungsgerichtlichen Beschluss

Eine saubere Tenorierung im Rahmen eines Eilantrages ist wichtig und verdeutlicht dem Korrektor, dass ihr die durchaus anspruchsvolle Thematik des Eilantrages sicher beherrscht. Im Folgenden habe ich für euch noch einmal die gängigsten Formulierungen anhand einiger Beispiele zusammengefasst:

1. Wie ist zu tenorieren, wenn ein Antrag nach §§ 80 Abs. 5, 80 a Abs. 3, 123 VwGO erfolglos ist?

„Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.“

2. Wie ist zu tenorieren, wenn der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erfolgreich ist?

„Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs/der Klage des Antragstellers vom … gegen den Bescheid des … vom … wird angeordnet/wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.“

3. Wie ist bei einem erfolgreichen Antrag nach § 80a Abs. 3, 80 a Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der Tenor zu formulieren?

„Die sofortige Vollziehung des Bescheides des … vom … wir angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.“

4. Wie ist der Tenor bei einem erfolgreichen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 (faktische Vollziehung) zu formulieren?

„Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers vom … gegen den Bescheid/die Verfügung des … vom … aufschiebende Wirkung hat.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.“

5. Wie ist der Tenor bei einem erfolgreichen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO zu formulieren?

„Dem Antragsgegner wird (im Wege einstweiliger Anordnung) vorläufig untersagt, bis zur Entscheidung in der Hauptsache…

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.“

Fazit

Der Beschluss ist, gerade was die einzelnen Formulierungen im Rahmen des Tenors angeht, nicht gerade einfach. Deshalb ist es ratsam, sich diese auch gut einzuprägen und sich mit verschiedenen Konstellationen auseinanderzusetzen. Auch hier hilft nur Routine im Rahmen des Schreibens von Klausuren zu gewinnen. Dieser Beitrag soll euch einen knappen Überblick über den Aufbau des Beschlusses verschaffen, doch um Sicherheit zu gewinnen, hilft (leider) nur eins: Klausuren schreiben, Klausuren schreiben und nochmals Klausuren schreiben!

 

Viel Erfolg und eine erfolgreiche Vorbereitungszeit!

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Beitragsautor:

Jesina

Jesina

Jesina studierte Rechtswissenschaften in Trier und absolvierte dort auch ihr Erstes Staatsexamen. Aktuell absolviert sie ihr Referendariat am Landgericht Essen. Für JurCase gibt sie Einblicke in ihren juristischen Vorbereitungsdienst, vor allem über ihre Verwaltungs- und Anwaltsstation.

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