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Referendariat

Das perfekte Stationszeugnis

By 12. März 2019Oktober 18th, 2023No Comments
Erfahrungsbericht

Das perfekte Stationszeugnis

Für einen guten Start in die Arbeitswelt nach dem Referendariat

Das Ende des juristischen Vorbereitungsdienstes ist lediglich der Anfang der eigenen Karriere. Viele junge Jurist:innen müssen vor Karrierebeginn jedoch erst die Hürde „Bewerbungsphase“ nehmen. Ein Prädikatsexamen öffnet dabei viele Türen. Deshalb mag es fast schon blasphemisch klingen, aber Noten sind nicht alles. Auch der sich aus den Bewerbungsunterlagen ergebende Gesamteindruck spielt eine wesentliche Rolle. Lücken im Lebenslauf oder schlechte Referenzen sind immer ein Manko und können auch ein Prädikatsexamen verwässern. Ein aussagekräftiger und interessanter Lebenslauf kann einer bzw. einem Bewerber:in ohne Prädikatsexamen demgegenüber einen Vorteil verschaffen. Im Rahmen dessen kommt vor allem dem letzten Arbeitszeugnis aus der Anwaltsstation eine besondere Bedeutung zu, insbesondere ist es für eine Kanzlei als Arbeitgeber ein äußerst wichtiges Auswahlkriterium. Daher soll dir die folgende kleine Guideline zeigen, wie ein Arbeitszeugnis professionell aufgebaut ist und auf welche Begrifflichkeiten in der Zeugnissprache besonders zu achten sind.

Der richtige Aufbau eines Arbeitszeugnisses

Die Aussagekraft eines Arbeitszeugnisses wird nicht nur durch die Note selbst verliehen, sondern auch durch den richtigen Aufbau.

Ein Arbeitszeugnis beginnt mit einer entsprechenden Überschrift sowie einer kurzen Einleitung über die Person der Bewerberin bzw. des Bewerbers. Anzugeben sind neben dem Namen auch das Geburtsdatum sowie Beschäftigungszeitraum und Position der bzw. des Beschäftigten.

Nach der Einleitung folgt eine kurze Beschreibung des Unternehmens. In der Regel werden hier neben der Firma, also dem Namen des Unternehmers, auch die Branche sowie die Produkte beziehungsweise Dienstleistungen, die auf dem Markt angeboten werden, angegeben. In einem Arbeitszeugnis einer Kanzlei werden an dieser Stelle also der Kanzleiname, ihr Standort sowie die schwerpunktmäßigen Rechtsgebiete angegeben.

Hieran schließt sich eine detaillierte Beschreibung des Aufgabenbereichs der Beschäftigten in der Kanzlei an. Hier sollten möglichst alle Aufgaben genannt werden, die man für die Kanzlei bzw. für die oder den auszubildende:n Rechtsanwält:in ausgeführt hat.

Im Anschluss erfolgt die Beurteilung der Leistung. Dieser Teil des Arbeitszeugnisses ist nicht nur mitunter der wichtigste, sondern auch der fehleranfälligste – was im nächsten Abschnitt dieses Beitrags näher behandelt wird. Es gibt nämlich eine eigene Zeugnissprache. Sie ist nicht nur jeder bzw. jedem Arbeitgeber:in bekannt, sondern der Dschungel an Formulierungen ist nicht immer ganz eindeutig.

Nach der Beurteilung der Leistung folgt die Beurteilung des Sozialverhaltens. Hier wird insbesondere das Verhältnis zu den Kolleg:innen und Vorgesetzten bewertet. Die besondere Zeugnissprache findet auch in diesem Abschnitt Anwendung und ist dementsprechend genau zu beachten.

Schließlich bedarf es einer Schlussformulierung. Diese beginnt zunächst mit dem Grund für das Ausstellen des Zeugnisses. Als Ausstellungsgrund kommen neben dem Ausscheiden aus der Kanzlei beziehungsweise dem Ende der Anwaltsstation grundsätzlich auch im Sinne eines Zwischenzeugnisses der Wechsel des Rechtsgebiets oder das Ausscheiden einer oder eines Vorgesetzten in Betracht. Dem schließt sich der Abschnitt „Bedauern, Dank und Zukunftswünsche“ an.

Das Arbeitszeugnis ist letztlich unter Angabe von Ort und Datum vom Arbeitgeber zu unterschreiben.

Die Zeugnissprache: Ein Dschungel von versteckten Codes

In den Personalabteilungen hat sich eine Zeugnissprache etabliert, die einem sprachlichen Dschungel gleicht. Deshalb kann sich ein auf den ersten Blick durchaus positives Arbeitszeugnis bei genauerer Betrachtung schnell als Schlag ins Gesicht erweisen. Verschiedene Formulierungen sind mehrdeutig, ihre eigentliche Meinung lässt sich oftmals nur aus dem Subtext herleiten. Zwar gibt es keinen offiziellen „Code“, mithin keine einheitlichen Formulierungen. Dennoch haben sich einige Formulierungen als durchaus gängig herausgebildet.

Es ist daher stets darauf zu achten, dass die verwendeten Formulierungen zu den eigenen Leistungen und zum Sozialverhalten tatsächlich einer guten beziehungsweise sehr guten Note entsprechen.

Die Notenskala in der Zeugnissprache liest sich etwa wie folgt:

  • Sehr gut:
    • „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“;
    • „Leistungen haben in jeder Hinsicht unsere volle Anerkennung gefunden“;
    • „wurde wegen seines/ihres freundlichen Wesens und kollegialen Haltung bei Vorgesetzten, Mitarbeiter:innen und Mandant:innen sehr geschätzt“
  • Gut:
    • „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“;
    • „Leistungen haben unseren Erwartungen in jeder Hinsicht und bester Weise entsprochen;
    • „das Verhältnis zu Vorgesetzten, Mitarbeiter:innen und Mandant:innen war einwandfrei“
  • Befriedigend:
    • „zu unserer vollen Zufriedenheit“;
    • „das Verhältnis zu Vorgesetzten und Mitarbeiter:innen war gut“
  • Ausreichend:
    • „zu unserer Zufriedenheit“;
    • „Leistungen haben unseren Erwartungen entsprochen“;
    • „das Verhalten zu Vorgesetzten war einwandfrei“
  • Mangelhaft:
    • „insgesamt zu unserer Zufriedenheit“;
    • „Leistungen haben im Allgemeinen den Anforderungen entsprochen“;
    • „das persönliche Verhalten war im Wesentlichen tadellos“
  • Ungenügend:
    • „war stets bemüht“;
    • „war stets um ein gutes Verhältnis zu Kolleg:innen und Vorgesetzten bemüht“

Neben diesen gängigen Formulierungen ist in der Regel auch das Weglassen von positiven Standard-Formulierungen als ein „mangelhaft“ bis „ungenügend“ zu werten. Gleiches gilt für passive Formulierungen, da sie suggerieren, dass es der bzw. dem Arbeitnehmer:in an Eigeninitiative mangelt. So drückt für eine:n Personalleiter:in die Aussage „Ihm wurden im Rahmen des Arbeitsverhältnisses folgende Aufgaben übertragen“ maßgeblich aus, dass der Arbeitnehmer nur selten selbstständig gehandelt hat. Schließlich deuten auch doppelte Verneinungen auf schlechte Leistungen hin.

Ein besonderes Augenmerk sollte letztlich auch bei der Schlussformulierung im Abschnitt „Bedauern, Dank und Zukunftswünsche“ gerichtet werden. Als Ausdruck für ein „sehr gut“ wird in aller Regel folgende Formulierung verwendet: „Das Ausscheiden von Herrn/Frau XY bedauern wir sehr und danken Ihm/Ihr für die geleistete, erfolgreiche Arbeit und jederzeit gute Zusammenarbeit. Für die Zukunft wünschen wir Ihm/Ihr beruflich und persönlich alles Gute.“ Die Benotung stuft sich ab, wenn bestimmte Teile dieser Formulierung fehlen. Fehlen hingegen ganze Abschnitte, bedeutet dies ein „mangelhaft“ oder sogar ein „ungenügend“.

Rechtliche Grenzen als Machete für den Dschungel der Zeugnissprache

Arbeitnehmer:innen haben einen Anspruch auf ein realistisches, aber dennoch wohlwollendes Zeugnis. Wenn das Arbeitszeugnis jedoch zumindest subjektiv nicht mit den eigenen Leistungen übereinstimmt, kann sich daraus schnell ein Rechtsstreit entwickeln. Deshalb gibt es mittlerweile einige gerichtliche Entscheidungen, die den teils versteckten Codes Grenzen setzen:

  • Nicht erlaubt sind etwa Erwähnungen von solchen allgemeinen Fähigkeiten, die sinnlogisch mit der eigentlichen Tätigkeit einhergehen, zum Beispiel telefonieren. Nach Ansicht der Rechtsprechung erwecken sie den Eindruck, die Fähigkeiten der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers seien darüber hinaus kaum zu gebrauchen.
  • Ferner ist der Zusatz untersagt, man stehe für Rückfragen zur Qualität der geleisteten Arbeit zur Verfügung, denn dieser verleihe den Eindruck, dass das Zeugnis wesentliche Informationen künftigen Arbeitgeber:innen vorenthalte.
  • Schließlich darf auch die Unterschrift nicht als versteckter Code missbraucht werden. Deshalb muss sie, wie üblich, parallel zum Text stehen und darf nicht etwa diagonal oder offensichtlich absichtlich absteigend verlaufen.

Fazit

Ein aussagekräftiges und sehr gut benotetes Arbeitszeugnis ist sicherlich ein Türöffner. Ein solches zu schreiben ist allerdings alles andere als einfach. Die verwendeten versteckten Codes lassen nämlich nicht immer eine konkrete Deutung zu. Daneben macht die oben dargestellte Notenskala deutlich, dass sich die einzelnen Noten tatsächlich nur um Nuancen unterscheiden: Eine Temporalverb hier, eine Superlative dort – beides gepaart mit positiven Adjektiven.

Doch dies ist kein Grund zur Sorge, denn auch wenn die oben aufgeführte Zeugnissprache mittlerweile durchaus etabliert ist, entspringt sie keinem offiziellen System. Abweichungen sind deshalb also üblich. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung den versteckten Codes einige Grenzen gesetzt.

 

– Sebastian Klingenberg, Referendar und Doktorand aus Hessen

Weitere Veröffentlichungen von Sebastian sind hier und auf seinem Facebook-Blog zu finden.

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Beitragsautor:

Sebastian M. Klingenberg

Sebastian M. Klingenberg

Redaktionsleiter bei JurCase
Rechtsassessor, Promotionsstudent, Freiberufler

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