Einstiegschancen in eine Großkanzlei
Nur mit Prädikat?
Es ist der Traum vieler Jurastudenten und Referendare: Der Einstieg in eine renommierte Großkanzlei. Überdurchschnittliche Gehälter und Bonuszahlungen locken immer noch viele qualifizierte Juristen in die großen Kanzleien. Doch wie sind aktuell die Einstiegschancen und braucht man wirklich unbedingt das „Doppelprädikat“? In diesem Beitrag möchte ich über einige Mythen aufklären und von persönlichen Erfahrungen u.a. von Kollegen berichten, wie realistische Einstiegsmöglichkeiten in Großkanzleien aussehen.
Der Mythos vom Doppelprädikat
Wer sich zum Ziel gesetzt hat in eine der renommierten Großkanzleien einzusteigen, wird zweifelsohne auch gute Qualifikationen vorweisen müssen. Neben Noten zählen dabei insbesondere auch Persönlichkeit und herausstechende Lebensläufe. Wer sich mit offiziellen Stellenausschreibungen befasst, wird schnell feststellen, dass zumeist zwei Prädikatsexamina erwartet werden und daneben ein Doktortitel oder ein LL.M. – am bestem im Ausland erworben – wünschenswert sind. Dass dies bei weitem kein K.O.- Kriterium ist, kann ich ganz gut wiederlegen. Denn einige meiner ehemaligen AG-Kollegen und Kolleginnen haben auch ohne ein Prädikat den Sprung in solch eine Großkanzlei geschafft.
Grund 1: Die Nachfrage an qualifizierten Nachwuchsjuristen ist so groß wie nie
Aktuell ist kaum noch etwas von der „Juristenschwemme“ zu lesen. Immer mehr altgediente Rechtsanwälte gehen in Rente und es sind sehr viele Stellen offen. Ob jemand nur qualifiziert genug ist, wenn er ein Doppelprädikat mitbringt, ist ohnehin zweifelhaft, da auch die Personaler wissen, dass dies nur Momentaufnahmen sind. So wird keiner der Praktiker ernsthaft darüber zweifeln können, ob jemand mit 9 Punkten tatsächlich besser ist, als ein Jurist mit nur 7 Punkten im Examen. Zudem lassen sich die „Prädikatsjuristen“ auch nicht mehr so einfach nur mit horrenden Gehältern locken.
Laut aktuellen Umfragen legen immer mehr Absolventen Wert auf einen ausgeglichenen Arbeitsalltag mit genügend Freizeit. So bemühen sich zwar immer mehr Großkanzleien entsprechende Konzepte zu kreieren, die mehr Gestaltungsspielraum bei den Arbeitszeiten zulassen, allerdings wird immer noch ein immenses Arbeitspensum erwartet. Ich kenne Kollegen, die bereits in der Rechtsanwaltsstation von 8 Uhr bis 19 Uhr arbeiten mussten. Ganz zu schweigen von den angestellten Associates. Daher schrauben auch die Kanzleien ihre Notenerwartungen runter. Ich persönliche kenne viele, die mit einem guten befriedigend angestellt wurden.
Grund 2: Stellenausschreibungen werden auch für potenzielle Mandanten gemacht
Nicht zu verachten ist daneben die Motivation für solche Stellenausschreibungen. Denn Kanzleien wollen sich gerade für (potenzielle) Mandanten, die in der Regel aus führenden internationalen Unternehmen bestehen, profilieren. Nach dem Motto:“ Bei uns finden Sie nur die besten Juristen Deutschlands“, dienen diese auch dem eigenen Marketing.
Punkten mit Stationszeugnissen und Zusatzqualifikationen
Man kann also sagen, dass es keine festen Formeln mehr für eine Einstellung gibt. Auch wenn man sich an den formellen Anforderungen orientiert, haben aktuell auch Bewerber eine Chance, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Auch die Rechenformel „2 aus 4“ (Zumindest zwei der obigen Voraussetzungen sollen vorliegen; Erstes und Zweites Examen mit Prädikat, Dr.; LLM) ist m.E. aktuell nicht mehr haltbar. Denn es gibt auch Kollegen, denen im Bewerbungsprozess gesagt wurde, dass überragende Stationszeugnisse ebenso einen Ausschlag für eine Anstellung geben können, auch wenn diese kein Prädikatsexamen vorweisen können. So sind beispielsweise Stationen im Ausland immer gerne gesehen, bei denen man mit einer besonders guten Leistung hervorstechen konnte. Ebenso können besondere Sprachfähigkeiten etwas schlechtere Noten ausgleichen. Sprichst du etwa verhandlungssicher Englisch oder Französisch? Oder sogar eine exotische Fremdsprache wie japanisch fließend? Dann wirst du sicherlich aus der breiten Masse an Bewerbungen hervorstechen!
Fazit
Der Beitrag soll dich motivieren an deinem Ziel festzuhalten, auch wenn du auf den ersten Blick nicht die Voraussetzungen der Stellenausschreibungen von Großkanzleien entsprichst. Natürlich sind die Chancen mit Prädikatsexamen besser und mit einem ausreichend wohl unrealistisch, aber zumindest sind mir persönlich Fälle bekannt, bei denen eine Anstellung auch mit einem befriedigend funktioniert hat. Man sollte sich einfach bewusst werden, für wen Stellenausschreibungen geschrieben sind und dass man zudem nichts zu verlieren hat. Wenn man eine Absage erhält, ist dies auch nur eine weitere Erfahrung.
Man sollte selbstbewusst dem Juristenmarkt entgegensehen, denn die Kanzleien profitieren von eurem tatsächlichen Wissen und Können genauso, wie ihr von der Kanzlei. Weder sollte man sich als Absolvent in die Lage eines Bittstellers versetzen, noch sollte man überdimensionale Vorstellungen von der Berufswelt haben. Wer sich für eine Großkanzlei mit überdurchschnittlichem Verdienst entscheidet, muss aber zweifelsohne auch mit einem überdurchschnittlichen Arbeitsaufwand rechnen.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen – unabhängig vom Berufswunsch – viel Erfolg für euren Berufsstart!
-Sinan
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