Meine Anwaltsstation in Hessen
Nun ist sie also angebrochen – die letzte Station vor dem großen E. Bei uns in Hessen ist das die neunmonatige Anwaltsstation, in deren letztem Monat die acht schriftlichen Klausuren anstehen. Neben der zwingenden Vorbereitung auf die Prüfungen bietet die Anwaltsstation aber auch die Gelegenheit, den Alltag in einer Kanzlei kennenzulernen. Was in dieser Station bei uns alles auf dem Programm steht und welche Ratschläge ich für euch habe, berichte ich euch hier.
Der Anwaltslehrgang
Die Anwaltsstation beginnt – passend zum Namen – in Hessen mit einem zweiwöchigen Anwaltslehrgang. Für diesen wurde meine AG mit einer anderen AG zusammengelegt, sodass ich jeden Tag eine längere Strecke pendeln musste. Durch das Landesticket, mit dem alle Angestellten des Landes seit Jahresbeginn 2018 kostenlos mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, ging das aber ganz gut.
Im Lehrgang selbst wurden wir von verschiedenen Anwälten mit den Grundlagen dessen vertraut gemacht, was uns beim Einstieg in eine kleinere Kanzlei oder der Gründung einer eigenen Kanzlei bevorsteht. Weitestgehend war dies zwar interessant, acht Monate vor dem schriftlichen Examen und damit mindestens ein Jahr vor dem tatsächlichen Berufseinstieg für mich aber ein denkbar schlechter Zeitpunkt.
Die Einzelausbildung
Ebenso wie auch schon in der Verwaltungsstation haben wir viele Freiheiten bei der Gestaltung unserer Anwaltsstation. Dies bedeutet allerdings auch, dass wir uns selbständig um einen Einzelausbilder kümmern müssen, dem wir dann zugewiesen werden. Je nachdem, wo man hinmöchte, sollte man sich auch frühzeitig um seine Station kümmern, da viele der größeren Kanzleien ihre Plätze oft schon Monate im Voraus vergeben.
Die Arbeitsbedingungen, die Referendare in der Anwaltsstation erwarten, sind enorm unterschiedlich, sodass sich auch hier ein rechtzeitiger Vergleich lohnt. Während manche meiner Kollegen nur einmal wöchentlich in ihrer Kanzlei aufschlagen, um sich eine unbeliebte Akte mit nach Hause geben zu lassen, werden andere an drei bis vier Tagen vollständig in den Kanzleialltag eingebunden. Erstere haben zwar möglicherweise mehr Zeit, die sie theoretisch zum Lernen nutzen können, nur letztere bekommen aber wirklich einen Einblick in die jeweilige Kanzlei, wofür das Referendariat schließlich auch da ist. Daneben unterscheiden sich die verschiedenen Kanzleien auch in Hinblick auf die Leistungen, die sie ihren Referendaren bieten. Diese reichen von drei- bis vierstelligen monatlichen Vergütungen der Referendarstätigkeit vor allem bei den Großkanzleien über Rabatte bei Examenskursen bis hin zu eigenen Inhouse-AG‘s in den Kanzleien. Einen guten Überblick, zumindest über die finanziellen Leistungen, kann man sich mit Zeitschriften wie der JUVE verschaffen.
Für mich persönlich stand schon früh fest, dass ich meine Anwaltsstation gerne bei FPS in Frankfurt im Energierecht verbringen wollte. Dort bin ich bereits seit mehreren Jahren nebenher als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Während sich meine Nebentätigkeit aber regelmäßig auf einen Wochenarbeitstag beschränkt hat, bekommt man als Referendar, der gleich für mehrere Tage jede Woche da ist, einen viel tieferen Einblick in Kanzlei und Fachgebiet. Zudem bietet FPS eine eigene AG an, in der wir im Stil einer mündlichen Prüfung von einem erfahrenen Richter am OLG a.D. für die Prüfung fitgemacht werden, was für mich ein zusätzlicher Anreiz war.
Anfangs war ich unsicher, ob ich als Referendarin die gleichen Aufgaben bekommen würde wie schon zuvor als wissenschaftliche Mitarbeiterin, aber meine Sorgen waren unbegründet. Soweit sie bei uns anfallen, darf ich examens- und ausbildungsrelevante Dinge wie Klagebegründungen, Anträge etc. machen und auch mit zu Gerichtsterminen, sodass ich bislang sehr glücklich mit meiner Entscheidung bin.
Die Regel-AG
Anders als der Name es vermuten lässt, stehen in der Regelarbeitsgemeinschaft keine anwaltlichen Tätigkeiten im Vordergrund, sondern die Teile des Zivilprozessrechts, die bislang nicht behandelt wurden. Im Wesentlichen sind das bei uns in Hessen das Zwangsvollstreckungsrecht einschließlich Grundzügen des Insolvenzrechts und das FamFG-Verfahren. Daneben werden Klausuren und Aktenvorträge aus anwaltlicher Sicht geübt, wie sie regelmäßig auch im Examen vorkommen. Geleitet wird unsere Regelarbeitsgemeinschaft von einem jungen und sehr engagierten Richter am Landgericht.
Da wir so wenige Referendare sind, muss oder darf (es kommt auch hier immer auf den Blickwinkel an) jeder von uns zwei Referate und fünf bis sechs Aktenvorträge halten. Zusätzlich werden wir zwei Klausuren schreiben. Dies ist zwar neben der teilweise umfangreichen Tätigkeit in den Kanzleien sehr arbeitsintensiv, bereitet uns aber optimal auf die zwangsvollstreckungsrechtliche Klausur vor, die uns in jedem Fall erwartet.
Arbeitsrechtlicher Lehrgang
Da in Hessen eine der vier zivilrechtlichen Klausuren des Zweiten Staatsexamens eine sogenannte „AW-Klausur“ (Arbeits- und Wirtschaftsrecht) gestellt wird, werden wir in einem arbeitsrechtlichen Lehrgang auf die Besonderheiten des Arbeitsrechts vorbereitet werden. Anders als man aufgrund der abwechselnd aus dem Arbeits- sowie dem Wirtschaftsrecht gestellten Klausuren vermuten sollte, gibt es für letzteren Bereich allerdings keinen eigenen Lehrgang.
Bis zum nächsten Mal,
Eure Flavia
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