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GewusstReferendariat

Tipps zum sinnvollen Umgang mit den Kommentaren im Assessorexamen

By 5. Mai 2022Oktober 11th, 2023No Comments
Assessorexamen

Im Gegensatz zum Ersten Staatsexamen, ist es den Referendaren im Zweiten Staatsexamen erlaubt, bestimmte Gesetzeskommentare als zusätzliche Hilfsmittel zu nutzen. Erfahrungsgemäß kann der Referendar aber nur dann maximalen Nutzen aus den Kommentaren ziehen, wenn er den richtigen Umgang mit ihnen erlernt hat. Im folgenden Beitrag möchte ich dir meine persönlichen Tipps zur Arbeitsweise mit den einzelnen Kommentaren geben.

Hilfe oder Hindernis?

Die Kommentare können in der Klausur eine große Hilfe sein, wenn der Referendar weiß, wo er suchen muss und schnell die erhoffte Lösung findet. Die Kommentare sind insbesondere  für exotische Rechtsprobleme, Definitionen und Prüfungsschemata von großem Vorteil. Du kannst daher teilweise viel Zeit beim Lernen sparen und dich eher den prozessualen und materiell-rechtlichen Schwerpunkten widmen.

Du solltest dir jedoch bewusst machen, dass der Kommentar in der Regel nur das Ergebnis eines streitigen Rechtsproblems liefert, nicht aber die Begründung. Hier ist Vorsicht geboten, denn die wichtigste Aufgabe in der Klausur ist es, eine überzeugende und vertretbare Argumentation für die gefundenen Lösungen zu präsentieren.

Das wohl größte Risiko bei der Nutzung der Kommentare liegt aber darin, dass der Referendar viel zu viel Zeit mit der Suche im Kommentar vergeudet und Gefahr läuft, die Klausur nicht innerhalb von fünf Stunden fertigzustellen. Ich selbst habe mich in Übungsklausuren oft zu vertieft der Kommentarlektüre gewidmet und bin dadurch in extreme Zeitnot geraten. Mein Tipp diesbezüglich wäre, dass du dir ein Zeitlimit für deine Suche setzt. Wenn du nach fünf Minuten der Kommentarlektüre keine Lösung gefunden hast oder das Gefühl hast, das Rechtsproblems nicht im Detail erfasst zu haben, lege den Kommentar beiseite und widme dich der weiteren Klausurlösung. Letztlich zählt für die Bewertung nur, was du zu Papier gebracht hast. Generell solltest du den Kommentar nur sparsam verwenden. Insbesondere das Grundlagenwissen und die Standardprobleme solltest du ohne die Hilfe der Kommentare lösen können.

JurCase informiert:

Informiere dich gleich zu Beginn des Referendariats, welche Kommentare in deinem Bundesland für das Examen zugelassen sind und ob bzw. welche Markierungen erlaubt sind. Es empfiehlt sich, in Übungsklausuren ausschließlich auf die zugelassenen Hilfsmittel zurückzugreifen und sich so schnell wie möglich mit der Arbeitsweise vertraut zu machen.

Kommentare des Zivilrechts

In den meisten Bundesländern sind im Zivilrecht die Kommentare Grüneberg BGB (vormals Palandt) und Thomas/Putzo ZPO zugelassen.

Grüneberg BGB war mir oft eine große Hilfe bei Klausuren, die untypische Verträge (z. B. den Maklervertrag gemäß §§ 652 ff. BGB), schadensersatzrechtliche oder bereicherungsrechtliche Fragen zum Gegenstand hatten. Detailprobleme bei der Ermittlung des Schadensumfangs (z.B. die fiktive und konkrete Schadensberechnung oder die Vorteilsausgleichung) lassen sich hervorragend mit der Kommentierung der §§ 249 ff. BGB  lösen. Es genügt für das Examen einen Überblick über diese Probleme zu haben, um sie überhaupt in der Klausur zu erkennen. Die zahlreichen Detailprobleme rund um die Schadensberechnung sind aber mit dem Kommentar schnell lösbar. Auch die Kommentierung der §§ 823 ff. BGB hilft bei Fällen  rund um die Verletzungen von Verkehrssicherungspflichten oder des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Beachte, dass die Fallgruppen der haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität in den Vorbemerkungen zu § 249 BGB kommentiert sind. Generell lohnt sich oft ein Blick in die Vorbemerkungen oder Einführungen, da hier regelmäßig Abgrenzungsfragen (z.B. Einführung von § 535 BGB oder § 631 BGB) oder das Verhältnis verschiedener Ansprüche zueinander (z. B. Einführung von § 823 BGB oder § 812 BGB) behandelt werden. Gut zu wissen ist auch, dass im Grüneberg BGB häufig am Ende Spezialfälle rund um die Beweislast erläutert werden. Bei langen Kommentierungen ist es ratsam, einen Blick in das Inhaltsverzeichnis des Paragraphen werfen und sich an den fett gedruckten Stichworten entlang zu hangeln. Meistens findest du so schneller die Stelle, die du suchst. Diese Beispiele lassen erkennen, dass es sich durchaus lohnt, sich vor den Klausuren intensiv mit dem Kommentar auseinanderzusetzen und insbesondere „versteckte Kommentierungen“ ausfindig zu machen.

Der ZPO Kommentar Thomas/ Putzo enthält viele ausformulierte (unterstrichene) Antrags- bzw. Tenorvorschläge. Dies kann vor allem bei umfangreichen und schwierigen oder selten benötigten Anträgen nützlich sein (z. B. bei einer Arrestanordnung gemäß § 922 ZPO, bei  Sonderfällen der vorläufigen Vollstreckbarkeit nach §§ 708 ff. ZPO oder speziellen Rechtsbehelfen gegen die Zwangsvollstreckung). Zudem sind die Ausführungen der Zulässigkeits- und Begründetheitsvoraussetzungen spezieller Rechtsbehelfe, insbesondere im Zwangsvollstreckungsrecht, sehr hilfreich. Beachte jedoch, dass die Kommentierung im Thomas/Putzo nicht immer der Rechtsprechung oder herrschenden Meinung entspricht.

Kommentare des Strafrechts

Im Strafrecht sind in den meisten Bundesländern die Kommentare Fischer StGB und Meyer-Goßner/Schmitt StPOzugelassen. Meiner Erfahrung nach ist es im Strafrecht extrem wichtig, nicht zu viel Zeit mit der Kommentarlektüre zu verbringen, da die strafrechtlichen Klausuren ohnehin zeitlich kaum zu bewältigen sind. Es wird daher keine Zeit bleiben, um jede Standarddefinitionen und jedes Problem im Kommentar nachzuschlagen. Ich habe den Kommentar allerdings häufig für die Konkurrenzen genutzt, welche regelmäßig am Ende der Kommentierung erläutert sind. Außerdem liefert das Inhaltsverzeichnis vor den einzelnen Paragraphen oft zugleich ein detailliertes Prüfungsschema, worauf man bei Bedarf zurückgreifen kann. Dies fand ich bei umfangreichen Tatbeständen (z. B. § 242 oder § 263 StGB) oft hilfreich, da ich das im Sachverhalt identifizierte Problem anhand der Stichworte schnell dem richtigen Prüfungspunkt zuordnen konnte.

Der StPO-Kommentar Meyer-Goßner/Schmitt ist eine große Hilfe, wenn es um Fehler bei der Beweiserhebung geht und um die Frage, ob daraus ein Beweisverwertungsverbot folgt (z.B. bei den Ermittlungsmaßnahmen der §§ 94 ff. StPO oder der Beschuldigtenvernehmung nach § 136 StPO).  Den größten Vorteil bringt der Kommentar meiner Meinung nach aber bei der Revisionsklausur, da am Ende jeder Kommentierung eine oder mehrere Randnummern speziell zur Revision enthalten sind. Dort kannst du schnell überfliegen, wie sich etwaige Verstöße in der Revision auswirken und wie diese in einer Revisionsbegründung richtig geltend gemacht werden müssen.

Kommentare des Öffentlichen Rechts

Die in den meisten Bundesländern zulässigen Kommentare sind Kopp/ Schenke VwGO und Kopp/ Ramsauer VwVfG. Bei diesen ist es wichtig zu wissen, dass sie nicht ausschließlich Verfahren- bzw. Prozessrecht beinhalten, sondern, dass teilweise auch materiell-rechtliche Probleme erläutert sind. Zu nennen sind hier beispielsweise die Überprüfung von Prüfungsentscheidungen (in § 40 VwVfG kommentiert), der baurechtliche Nachbar- oder Konkurrentenschutz (in § 42 VwGO kommentiert) sowie der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungs- und Erstattungsanspruch (in § 113 VwGO kommentiert). Zugleich bietet der VwGO-Kommentar auch Prüfungsschemata für die Zulässigkeit und Begründetheit verschiedener Rechtsbehelfe / Rechtsmittel. Beispielsweise befindet sich in den Vorbemerkungen zu § 68 VwGO das Prüfungsschema für den Widerspruch und in § 80 VwGO für die Anordnung / Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Auch viele Einzelprobleme rund um die Zulässigkeitsvoraussetzungen können mit dem Kommentar schnell gelöst werden. Gut zu wissen ist auch, dass viele staatshaftungsrechtliche Themen im Grüneberg BGB kommentiert sind. Zum Beispiel sind in der Einführung von § 677 BGB die öffentlich-rechtliche GOA oder im Überblick von § 903 BGB der enteignende und enteignungsgleiche Eingriff kommentiert.

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Sonstige Hinweise

Beachte, dass in den zugelassenen Kommentaren oft weitere examensrelevante Nebengesetze oder Auszüge derselben kommentiert sind. Beispielsweise sind im Grüneberg BGB auch das EGBGB und AGG kommentiert, im Thomas/Putzo ZPO das GVG und FamFG.

Fazit

Wenn du bereits von Anfang an intensiv mit den zugelassenen Kommentaren arbeitest und dir einen guten Überblick darüber verschaffst, was alles in den Kommentaren erläutert wird und vor allem wo, können diese ein extrem nützliches Hilfsmittel in der Examensklausur sein. In dem Fall wirst du in der Klausur schnell finden, wonach du suchst und verschwendest keine wertvolle Zeit.

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Beitragsautor:

Kassandra Forst

Kassandra Forst

Kassandra ist Diplom-Juristin und seit kurzem Rechtsassessorin. Ihr Referendariat absolvierte sie in Thüringen und wird hierüber in Erfahrungsberichten erzählen. Außerdem wird sie die #Gewusst-Reihe mit Beiträgen zu examensrelevanter, aktueller Rechtsprechung sowie zum materiellen und formellen Recht in Assessorklausuren unterstützen.

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