#HierZucktDeinPrüfungsamt im Öffentlichen Recht in Kooperation mit RiVG Dr. David Stadermann
Moin zusammen,
heute empfehle ich euch einen interessanten Beschluss des OVG Saarland vom 02. November 2023 (2 E 123/23) in dem es um die Untätigkeitsklage geht!
JurCase informiert:
Den Beschluss des OVG Saarland vom 02.11.2023 (2 E 123/23) findest du kostenfrei hier auf der Seite des Ministeriums der Justiz Saarland.
Was ist passiert?
Mit dem hier behandelten Beschluss hat das OVG Saarland eine Entscheidung des VG, ein Verfahren nach § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen, bestätigt. Es geht also um die Untätigkeitsklage.
Im Ausgangsverfahren stand die Einbürgerung des Klägers im Streit. Diese beantragte der Kläger Ende Februar 2023 und erhob am 1. Juni 2023 Untätigkeitsklage. Zur Begründung führte er aus, sein Antrag sei mehr als drei Monate nicht beschieden worden. Pauschale Hinweise (auf die Flüchtlingskrise, die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg) seien kein Grund, den Antrag nicht zu bearbeiten; beim Beklagten lägen „strukturelle Probleme“ vor.
Der Beklagte beantragte, das Verfahren gemäß § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen. Er verwies darauf, dass die allermeisten Einbürgerungsanträge – so auch der des Klägers – nicht innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden könnten. Gründe für eine Priorisierung gerade des Falles des Klägers seien nicht dargetan. Zudem führte er aus, was die Behörde getan habe, um die Abläufe zu beschleunigen.
Im September 2023 beschloss das VG, das Verfahren auszusetzen und setzte der Beklagte eine Frist zur Entscheidung bis zum 31. Januar 2024. Zur Begründung führte es aus, es liege ein zureichender Grund dafür vor, dass der Beklagte noch nicht über den Antrag des Klägers entschieden habe. Bei der in § 75 Satz 2 VwGO genannten Sperrfrist von drei Monaten handele es sich nur um die regelmäßige Mindestfrist für die Bearbeitung. Die Frist könne im Einzelfall auch länger sein, wobei das Interesse des Antragstellers an einer zeitnahen Sachentscheidung und die die Bearbeitungsdauer bedingenden Umstände in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden müssten.
Die dagegen fristgemäß erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Warum solltest du diese Entscheidung lesen?
Der Beschluss bietet die Möglichkeit, die Untätigkeitsklage zu wiederholen:
- Diese ist „eigentlich“ nur eine normale (Verpflichtungs-)Klage, bei der es auf das Vorverfahren bzw. den Erlass des angegriffenen VAs nicht ankommt (lies § 75 Satz 1 VwGO als „zusätzliche Prozessvoraussetzung“). Anerkannt ist daneben auch die „unechte“ Verpflichtungsklage, bei der es nicht um eine Entscheidung in der Sache (den Erlass des VAs), sondern – nur – um die Bescheidung des Antrags geht.
- In der Praxis – subjektiv, hier schreibt der Asylrichter – kommt sie regelmäßig vor, da sie – auch das ist nur subjektiv – dazu führen kann, den eigenen Fall innerhalb der Behörde zu „priorisieren“.
- § 75 Satz 3 VwGO sieht vor, dass Verfahren ausgesetzt werden können, wenn die Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hat. Einen derartigen Grund konnte der Beklagte in der der Entscheidung des OVG Saarland zugrundeliegenden Sachverhalts vorweisen, wobei dies – natürlich – wie immer eine Frage des Einzelfalles ist.
- Für die Anwaltsklausur: Wie reagiere ich, wenn der Bescheid da ist? Fortführung der Verpflichtungsklage (bei ablehnender Entscheidung) oder Erledigung des Rechtsstreits (§ 161 Abs. 3 VwGO)?