Erfahrungsbericht: Meine Bewerbung zum Referendariat
Bürokratie at its best: Von gescheiterten Plänen, handschriftlichen Lebensläufen und weiteren Hürden
Junge Juristen wissen: Der Weg zum Volljuristen führt zwingend über den zweijährigen juristischen Vorbereitungsdienst, der mit dem sogenannten Assessorexamen endet. Die Ausbildung ist Sache der Länder, weshalb es je nach Land hier und da kleinere Unterschiede bei den Angeboten für den Vorbereitungsdienst gibt. Dies gilt sicherlich auch bereits für die Bewerbung zum Referendariat, wie mein folgender Erfahrungsbericht zeigen soll.
Ein Referendariat – viele Möglichkeiten
Ich habe meine universitäre Ausbildung an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz absolviert. Es liegt deshalb nahe, auch den Vorbereitungsdienst in Rheinland-Pfalz zu bestreiten. Doch man munkelt, dass die Ausbildung in Hessen wegen verschiedener Faktoren vorzugswürdig sei. Ein wichtiger Aspekt für mich ist jedenfalls, dass in Hessen die Strafrechtstation vier Monate, in Rheinland-Pfalz hingegen nur drei Monate dauert. Hinzu tritt die Tatsache, dass nahezu alle frischen Rechtsreferendare den Vorbereitungsdienst in der Stadt präferieren, in der sie ihr Studium absolviert haben. Die Konkurrenz ist also gerade dort besonders groß und mit ihr die Gefahr, mitten im Nirgendwo zu landen. Nichtsdestotrotz kann, beziehungsweise sollte, man sich auch bei mehreren Bundesländern bewerben, um die eigenen Chancen auf einen guten Platz zu steigern. Deshalb sind für mich sowohl Rheinland-Pfalz mit Wunschziel Mainz als auch Hessen mit Wunschziel Wiesbaden im Rennen.
Aber wieso überhaupt in der Gegend bleiben? Wieso nicht die Gelegenheit nutzen, zwei Jahre etwas anderes zu sehen und zu erleben? Berlin, Hamburg und Dresden oder Leipzig sind in meinen Augen schöne und spannende Städte. Nun gut, Hamburg ist von den Unterhaltungskosten kaum machbar und scheidet daher für mich aus. Berlin nimmt nur wenige Nicht-Berliner an und bevorzugt nur solche mit zweistelliger Durchschnittsnote im Examen. Nun ja, eine zweistellige Note habe ich zwar nicht ganz, aber nah genug, um einen Versuch zu wagen. Und Sachsen? Wer möchte schon nach Sachsen, werden sich zumindest einige fragen. Nicht zuletzt deswegen habe ich mich dazu entschieden, mein Glück auch in Sachsen zu versuchen.
Der Antrag auf Aufnahme zum juristischen Vorbereitungsdienst: Ein bürokratischer Hindernislauf
Der Volljurist kann mit seinem Zweiten Staatsexamen deutschlandweit tätig werden. Dennoch ist seine Ausbildung Ländersache. Die einzelnen Länder nutzen daher ihre Möglichkeit, das Referendariat unterschiedlich zu gestalten. Dies umfasst freilich auch die Anforderungen an den Antrag auf Aufnahme zum juristischen Vorbereitungsdienst. Natürlich verlangen alle Länder eine beglaubigte Kopie des Zeugnisses über das erfolgreiche Bestehen des Ersten Staatsexamens. Ebenso üblich ist ein aktuelles Lichtbild mitsamt Lebenslauf. Unterschiede gibt es jedoch zum Beispiel beim Nachweis über die Person des Bewerbers. Ein Land verlangt den Personalausweis oder den Reisepass in beglaubigter Kopie, ein anderes Land hingegen eine beglaubigte Kopie der Geburtsurkunde. Wer sich bei mehreren Bundesländern bewirbt, wird deshalb recht schnell im bürokratischen Chaos den Überblick verlieren. Insoweit erscheint mir besonders unverständlich, wieso in Hessen nahezu alle Unterlagen in doppelter Ausführung verlangt werden, nämlich einmal für das OLG Frankfurt und einmal für die gewünschte Stammdienststelle, in meinem Fall also für das LG Wiesbaden. Na gut, dann hat Hessen eben diese Extra-Voraussetzungen. Aber Moment! „Ein eigenhändig geschriebener und unterschriebener Lebenslauf (zweifach)“? Ernsthaft? Reichte es nicht schon, dass Rheinland-Pfalz für die Zulassung zur Ersten Juristischen Prüfung einen handschriftlichen Lebenslauf gefordert hat? Damit ist mir recht schnell die Lust auf das Referendariat in Hessen vergangen. Nun gut, es bleiben Berlin, wenn auch unwahrscheinlich, Sachsen und hilfsweise Rheinland-Pfalz.
Berlin, Sachsen und Rheinland-Pfalz – aber auch Hessen – stellen zum 1. Mai ein. Dies gilt quasi schon als glücklicher „Zufall“, da auch das Einstellungsdatum länderabhängig ist. So stellen zum Beispiel Rheinland-Pfalz und Sachsen nur zweimal im Jahr ein, während Hessen sechsmal im Jahr einstellt. Ich habe mich jedenfalls bewusst für den 1. Mai entschieden, um alle Bewerbungen gleichzeitig (und frühestmöglich) – im Dezember 2016 – hinter mich zu bringen. Grund dafür ist insbesondere meine Dissertation gewesen, die nicht unter dem Bewerbungsaufwand leiden sollte. Doch leider ging dieser Plan nicht ganz auf, denn in Rheinland-Pfalz werden die Bewerbungsunterlagen erst Ende Januar zur Verfügung gestellt. Etwas frustriert darüber entschied ich mich mit Blick auf die Dissertation dazu, mich doch nicht in Rheinland-Pfalz, sondern dafür in Hessen zu bewerben.
Wenn der Plan schief läuft…
Ansonsten schien mein Plan solide: wenn alle Bewerbungen zeitgleich rausgehen und der Einstellungstermin überall gleich ist, dann werden die Rückmeldungen der OLGs zumindest mehr oder weniger zeitgleich bei mir eintreffen. Doch dieser Plan schlug fehl. Sachsen und Berlin waren zwar recht schnell mit dem Versenden einer Empfangsbestätigung, aus Hessen kam jedoch lange nichts. Erst auf telefonische Nachfrage hin wurde mir mitgeteilt, dass alle Unterlagen beisammen seien und ich im Auswahlverfahren sei.
Nun hieß es Warten. Ende März habe ich dann endlich die erste Rückmeldung erhalten, aus Sachsen, mit einer Zusage für Dresden. Im ersten Moment war die Freude selbstverständlich riesig, doch bedauerlicherweise hatten sich bei mir in der Zwischenzeit persönliche Gründe ergeben, die mir einen Strich durch diese Rechnung gemacht hatten. Ich konnte den juristischen Vorbereitungsdienst in Sachsen deshalb nicht antreten. Gleiches hätte auch für Berlin gegolten, doch von dort erhielt ich ärgerlicherweise gar keine Rückmeldung, also weder eine Zu- noch eine Absage. Meine Hoffnung lag nun also in Hessen. Ende März war es dann auch hier soweit, ebenso mit einer Zusage. Selbstverständlich war die Freude auch hier groß. Allerdings erfüllte mir Hessen keinen meiner Wünsche, sondern hat mich der Stammdienststelle LG Limburg zugewiesen. Die Reisezeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Limburg von mir ausgesehen beträgt ca. 1 Stunde, die Amtsgerichte in diesem Gerichtsbezirk sind noch weiter entfernt. Mit Blick auf meine Dissertation kam für mich ein mindestens zweistündiger Zeitverlust durch Pendeln genauso wenig in Betracht wie ein Umzug nach Limburg. Daher habe ich mich dazu entschieden, den Antritt zum Referendariat um zwei Monate zu schieben. Hierfür brauchte Hessen lediglich eine aktuelle Erklärung zu meinem Gesundheitszustand sowie einen aktuelles Führungszeugnis der Belegart 0.
Meine Zeit nutze ich nun sehr sinnvoll, zum einen eben mit der Promotion und zum anderen habe ich nun eine ehrenamtliche Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft in Mainz beim sogenannten Haus des Jugendrechts aufgenommen.
Und was lernen wir daraus?
Es ist stets ratsam sich zu genau zu überlegen, in welchen Bundesländern man sich vorstellen könnte, das Referendariat zu absolvieren. Bei diesen Favoriten sollte dann genau geschaut werden, welche Bewerbungsunterlagen benötigt werden, welche Fristen einzuhalten sind und vor allem, wie sich der Vorbereitungsdienst samt Examen gestaltet.
Zu beachten ist jedenfalls, dass ein gleichzeitiges Bewerben bei mehreren Bundesländern nicht notwendigerweise zu einer größeren Auswahl an Arbeitgebern führt. Nicht nur liegen die Rückmeldungen regelmäßig bis zu einen Monat auseinander, sondern es kann auch hinsichtlich der Fristen für die Zusage beziehungsweise Absage zu Verschiebungen und somit zu Problemen kommen.
In jedem Fall sollte man stets einen ordentlichen Plan B in der Rückhand haben, sei es, weil man wider Erwarten doch keinen Platz bekommt oder weil man mit der zugewiesenen Stammdienststelle – aus welchen Gründen auch immer – unzufrieden ist.
Sebastian
– Doktorand und Referendar aus Hessen. Weitere Veröffentlichungen von Sebastian sind auf seinem Facebook-Blog zu finden.
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