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Referendariat

Insiderwissen Referendariat: Interview mit Richterin Stuffler-Buhr vom Landgericht Wiesbaden (Teil 2)

By 7. Juni 2018Oktober 18th, 2023No Comments
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Interview mit Richterin Stuffler-Buhr vom Landgericht Wiesbaden

Ein Einblick in die Ausbildung einer AG-Leiterin und Einzelausbilderin (Teil 2)

Im ersten Teil des Interviews mit Richterin Stuffler-Buhr haben wir insbesondere hilfreiche Einblicke zur Ausbildung in den Arbeitsgemeinschaften erhalten und entsprechende Hilfestellungen, wie die AGs erfolgreich von den jungen Rechtsreferendaren gemeistert werden können. Im Teil 2 unseres Interviews berichtet Frau Stuffler-Buhr über ihre Tätigkeit als Einzelausbilderin und gibt uns insoweit ebenso viele hilfreiche Hinweise:

Frau Stuffler-Buhr, Sie sind auch Einzelausbilderin, seit wie vielen Jahren und wie viele Referendare haben Sie schon in etwa betreut?

Stuffler-Buhr: Einzelausbildung mache ich seit 1989, d.h. seit fast 29 Jahren, neben der Referendaren in der ersten Station habe ich auch einige in der Wahlstation und recht oft auch Kandidaten im Ergänzungsvorbereitungsdienst gehabt, so dass es insgesamt ca. 180 – 200 sein dürften.

Worauf kommt es im Vergleich zur Arbeitsgemeinschaft bei der Einzelausbildung an?

Stuffler-Buhr: Auf die konkreten Akten, die nicht immer so sind, dass sie parallel zur Arbeitsgemeinschaft bearbeitet werden können. Die Einstellung hierauf ist schwierig, erfordert auch noch einmal viel Eigeninitiative und auch den Mut, eine Entscheidung überhaupt zu treffen, diese dann überzeugend und aus dem Sachverhalt heraus zu begründen.

Wo liegen hier die typischen Probleme für die Rechtsreferendare?

Stuffler-Buhr: Die Arbeitsmethoden aus der Arbeitsgemeinschaft müssen umgesetzt werden, die Einstellung auf sich plötzlich verändernde Situationen ist nicht immer einfach, auch die Zusammenarbeit mit dem Einzelausbilder muss eingeübt werden, die objektive Betrachtung des Rechtsstreites macht häufig noch Probleme.

Ist es für Referendare sinnvoll, in der Einzelausbildung möglichst viele Akten zu lesen sowie in möglichst vielen öffentlichen Verhandlungen teilzunehmen?

Stuffler-Buhr: Nach meiner Auffassung auf jeden Fall!. Juristische Denkweisen und Argumentation können aus den Akten entnommen werden, eine schnelle Sachverhaltserfassung wird trainiert, die unterschiedlichsten Rechtsgebiete werden angesprochen und können zur weiteren Befassung mit dem Thema anregen, rasche Änderungen der prozessualen Situation sind in der Sitzung am besten wahrzunehmen. Dies ist z.B. auch für die mündliche Prüfung und den Aktenvortrag wichtig und  stellt auch ein gutes Training für die spätere berufliche Tätigkeit dar, egal, in welchem Bereich diese dann angesiedelt ist. Schließlich soll die Referendarzeit ja nicht nur dazu dienen, ein Examen zu bestehen, man sollte hier schon auch an die Zeit danach denken. Und außerdem können die Fälle und die Sitzungen ja auch recht interessant und abwechslungsreich sein!

Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile einer Einzelausbildung bei einem Richter am Amtsgericht und wo bei einem Richter am Landgericht?

Stuffler-Buhr: Die Vorteile beim Amtsgericht sind die nicht so dicken Akten, vielleicht auch nicht so komplexe Fälle, mehr Aktenumlauf, mehr Beweisaufnahmen, beim Landgericht lernt man auch die Situation in einer Kammer mit mehreren Mitgliedern kennen, die Akten sind vielleicht nicht immer so ganz geeignet, aber auch hier gibt es genügend Fälle, die rechtlich nicht allzu schwierig sind. Im Ergebnis würde ich keine Vor- oder Nachteile sehen, es kommt wesentlich auf die Art der Ausbildung an und auf die Bereitschaft der Referendare, sich hierauf einzulassen.

Wann und wie sollten sich die Referendare bestenfalls auf das zweite Staatsexamen vorbereiten?

Stuffler-Buhr: Eigentlich schon während des Studiums – durch intensives Erlernen der materiellrechtlichen Grundlagen. „Spätestens“ mit Beginn der Referendarzeit, indem die jeweiligen Themen intensiv bearbeitet werden, die gerade in der AG oder bei der Einzelausbildung anstehen, all das parallel dazu erarbeitet wird, was hier nicht direkt zur Sprache gekommen ist, das in einer Station erlernte ständig wiederholt wird, damit man nicht vor dem Examen wieder von vorne anfangen muss, Klausuren geschrieben werden, Arbeit in der Praxis übernommen wird…wenn das Alles gemacht wird, wäre man gut vorbereitet. Vor dem Examen wäre dann nur noch mal ein Überblick herzustellen und zu wiederholen. Dafür würde ich dann ein paar Wochen für ausreichend halten. Wenn man allerdings vor dem Examen alles „neu“ bearbeiten muss, dann wird das länger dauern, zumal, wenn noch Lücken im materiellen Recht aufgearbeitet werden müssen. Dafür muss aber jeder seine eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten kritisch einschätzen und sich dann entsprechend vorbereiten. Vorbereitung in kleinen Gruppen kann sicherlich auch sehr hilfreich sein und fördert eine gewisse Disziplin bei der Vorbereitung.

Gab es seit Ihrem Beginn als AG-Leiter und / oder Einzelausbilderin einen Wandel in der Ausbildung, etwa hinsichtlich Anforderungen, Erwartungen und / oder Examensschwerpunkten?

Stuffler-Buhr: Eine Veränderung ergab sich daraus, dass die Zivilstation als die erste Station – zumindest in Hessen – drastisch gekürzt wurde auf nur noch 4 Monate, das hat dazu geführt, dass die Ausbildung wenig Rücksicht auf materielle Rechtsfragen nehmen kann, sondern auf ZPO und praktische Umsetzung konzentriert ist. Der Anteil Eigenarbeit der Referendare hat sich damit natürlich erhöht, der Stoff ist nicht weniger geworden, auch die Anforderungen sind nicht gesunken. Teilweise aufgefangen soll dies allerdings durch die erhebliche Verlängerung der Anwaltsstation werden. Dies spiegelt sich darin wieder, dass im Examen vermehrt Klausuren aus dem Bereich der anwaltlichen Tätigkeit kommen, die es so früher praktisch nicht gegeben hat. Die Erwartungen waren schon immer hoch, sind es sicherlich auch jetzt noch, die Anforderungen sind jedenfalls hinsichtlich des Umfangs der zu bearbeitenden Texte in den letzten Jahren etwas höher geworden, was aber auf den Inhalt nicht unbedingt Auswirkungen haben muss.

Welcher Moment ist Ihnen als Einzelausbilder besonders in Erinnerung geblieben?

Stuffler-Buhr: Die Sitzung, in der eine Referendarin einen Zeugen vernehmen sollte, was prima geklappt hat, und sie mich dann leise fragte, ob sie die anderen 5 Zeugen auch noch vernehmen dürfte, es würde gerade so Spaß machen…sie durfte.

Welchen Rat möchten Sie den zukünftigen Rechtsreferendaren geben (ggf. sowohl hinsichtlich der AG-Ausbildung als auch hinsichtlich der Einzelausbildung)?

Stuffler-Buhr: Mit viel Interesse an die Ausbildung herangehen, die Angebote und Anregungen der Arbeitsgemeinschaft und der Einzelausbildung aufnehmen und umsetzen, sich aktiv einbringen, eigenverantwortlich die Ausbildung aufnehmen, sich nicht von Misserfolgen abschrecken lassen, da man tatsächlich aus eigenen Fehlern recht gut lernen kann, unterschiedliche Berufsbilder aktiv erfahren, die verschiedenen Rollen ausprobieren, nicht nur das Ziel des Examens im Auge haben, sondern auch an die Zeit danach denken, es zu schätzen, in ganz vielen Bereichen alles zu dürfen, was die Praxis so bietet, es aber noch nicht alleine vertreten zu müssen.

 

Das Interview führte Sebastian Klingenberg, Referendar und Doktorand aus Hessen.
Den ersten Teil des Interviews findet ihr hier!

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Beitragsautor:

Sebastian M. Klingenberg

Sebastian M. Klingenberg

Redaktionsleiter bei JurCase
Rechtsassessor, Promotionsstudent, Freiberufler

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