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Referendariat

Erfahrungsbericht: Die Zweite Juristische Prüfung

By 25. April 2019Oktober 18th, 2023No Comments
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Erfahrungsbericht: Die Zweite Juristische Prüfung

Einen Schritt näher zum Erfolg mit diesen Tipps & Tricks

Das Zweite Staatsexamen bildet nicht nur das Ende der juristischen Ausbildung, sondern es handelt sich hierbei auch um einen Wegweiser: Wer sein Referendariat mit einem Prädikatsexamen beendet, dem stehen nahezu sämtliche Türen in der Arbeitswelt weit offen. Ein (wiederholtes) Scheitern führt demgegenüber dazu, dass einem die klassischen Berufe wie Richter, Staatsanwalt oder Rechtsanwalt für immer versperrt sind. Nicht zuletzt deshalb liegt der Stresslevel kurz vor dem Examen in aller Regel auf einem Rekordhoch. Während der Prüfungen gilt es hingegen die Ruhe zu bewahren. Neben der juristischen Expertise haben sich für mich während des Examens auch die folgenden fünf Tipps & Tricks als besonders wertvoll erwiesen:

1.     Das Kurzzeitgedächtnis als treuer Begleiter

Es steht stets vor dem Examen fest, welche Themengebiete wann geschrieben werden. In Hessen sieht der Spielplan beispielsweise immer wie folgt aus:

Klausur

Regelmäßiger Inhalt der Klausur

Z I:    eine gerichtliche Entscheidung, in aller Regel ein Urteil
Z III: ein anwaltliches Gutachten
PAUSE
Z II: Zwangsvollstreckungsrecht; entweder aus gerichtlicher oder anwaltlicher Sicht
AW:  Arbeitsrecht oder Wirtschaftsrecht; entweder aus gerichtlicher oder anwaltlicher Sicht
PAUSE
S I: in aller Regel eine Anklageschrift (mit vorangehendem Gutachten),
ansonsten ein Urteil
S II: meistens eine revisionsrechtliche Klausur, ansonsten ein Urteil
PAUSE
Ö I: eine gerichtliche Entscheidung, in aller Regel ein Beschluss im Eilverfahren, ansonsten ein Urteil
Ö II: ein anwaltliches Gutachten

Die Pausen, sei es ein Wochenende oder ein Mittwoch, lassen sich dazu nutzen, die prüfungsrelevantesten Themen nochmals in das Kurzzeitgedächtnis aufzunehmen. Ich habe mir zum Beispiel ausgiebig die Zulässigkeitsprüfung eines Einspruch gegen ein Versäumnisurteil gemäß § 338 ZPO angeschaut, damit ich diese – erwartungsgemäß – in der Prüfung automatisiert herunterschreiben konnte, ohne weitere Gedanken dafür aufzuwenden, mit Ausnahme von dem in diesen Fällen regelmäßig auftretenden Fristenproblem. Damit habe ich nicht nur ein wesentliches Problem der Klausur ordentlich bearbeitet, sondern auch wertvolle Zeit gespart. Im Strafrecht habe ich es ähnlich mit der Zulässigkeitsprüfung der Revision gehalten, da auch diese – mit Ausnahme von dem sich dort befindlichen Problem – sehr automatisiert niedergeschrieben werden kann. Im öffentlichen Recht waren es derweil die Zulässigkeitsprüfungen der Eilanträge aus § 80 Abs. 5 beziehungsweise § 123 Abs. 1 VwGO.

Hier ist es selbstverständlich jedem selbst überlassen, worauf ein Schwerpunkt gelegt werden soll. Ich empfehle jedoch, das Kurzzeitgedächtnis auf jeden Fall für einige Informationen zu aktivieren. Es sollte nur darauf geachtet werden, dass man sich nicht zu sehr verausgabt in den Pausen zwischen den Klausuren.

2.     Nicht nur Gesetzbücher und Kommentare sind wichtige Hilfsmittel

Hilfsmittel im engen Sinne sind – mit Ausnahme von Gesetzestexten und Kommentaren – in aller Regel nicht erlaubt. Dennoch sind einige Hilfsmittel im weiten Sinne unerlässlich:

Zunächst sollte jeder Prüfling eine einfache Uhr bei sich haben, denn nicht jeder Prüfungsraum bietet eine solche. Die Uhr dient maßgeblich dem Zeitmanagement (siehe dazu auch zugleich unter 4.). Die Gewissheit über die verbleibende Zeit nimmt aber auch einen gewissen Druck: Man stelle sich nur einmal vor, man habe noch ausreichend Zeit und plötzlich werden die letzten zehn Minuten der Klausur angekündigt.

Ein weiteres Hilfsmittel im weiten Sinne sind Nahrungsmittel: Obst, Gemüse, (Trauben-)Zucker, Nüsse, Flüssigkeiten. Ohne zwischenzeitliche Energiezufuhr werden fünf Stunden Klausur schnell strapazierend. Der Wahl der Nahrung werden im Grunde genommen keine Grenzen gesetzt. Die Nahrungsmittel sollten jedoch nicht zu schwer zu, da sie sonst zu einem Mittagstief führen können. Sie sollten außerdem als Energielieferanten gelten. Schließlich sollte ein möglichst ruhiger Verzerr möglich sein, um die anderen Prüflinge nicht zu stören – in meiner Prüfungsphase meinte eine Kandidatin tatsächlich etwas Crunchiges essen zu müssen…

Schließlich kann auch die Klamottenwahl ein psychologisches Hilfsmittel sein: Lieber locker oder doch eher professionell im Anzug? Hierbei handelt es sich um eine Geschmacksache. Ich habe mich – als einziger Kandidat – für den Anzug entschieden, um mich besser in die jeweilige Situation als Richter, Staatsanwalt oder Rechtsanwalt einfühlen zu können. Es mag sich zwar nur um ein Placebo-Effekt handeln, aber auch ein solcher kann Wunder wirken.

3.     Man beginne am Ende: Der Bearbeitervermerk

Es handelt sich um einen großen Fehler, sich als erstes den Sachverhalt durchzulesen. Denn beim Lesen werden für gewöhnlich die ersten Gedanken gemacht, die zweckmäßigerweise auch direkt notiert werden. Wenn sich danach aus dem Bearbeitervermerk ergibt, dass einige dieser Gedanken unnötig waren, da verschiedene Themenkomplexe erlassen wurden, dann ist dies nicht nur ärgerlich, sondern auch eine Verschwendung kostbarer Zeit.

In diesem Zusammenhang kann auch festgestellt werden, dass im Regelfall immer irgendwas erlassen wird, etwa Tatbestand, Kostenentscheidung, Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit, Rechtsmittelbelehrung, Begleitverfügung, Einstellungsverfügung und / oder Streitwertfestsetzung.

4.     Zeitmanagement – der erste Schritt zum erfolgreichen Examen

Beim Zeitmanagement handelt es sich um ein wichtiges Handwerkzeug. Selbstverständlich hat jeder Prüfling sein eigenes System, sodass meine Empfehlungen sicherlich nicht für jeden hilfreich sind – wichtig ist es aber, überhaupt ein System zu haben. Hierauf sollte bereits in der Klausurvorbereitung ein wesentliches Hauptaugenmerk geworfen werden.

Ich habe mir stets maximal 1,5 Stunden für die Skizze eingeräumt. Diese war immer sehr stichpunktartig; hervorgehoben wurden lediglich die jeweiligen Probleme und die Farbe des Fähnchens, welche ich stets an die einschlägige Kommentarstelle geklebt hatte. Beim ausformulieren musste ich also nur noch die richtige Seite aufschlagen und die Lösung beziehungsweise Argumentation halbwegs wortgenau aus dem Kommentar zitieren. Das spart nicht nur Gedanken, sondern dadurch auch Zeit. Dies gilt freilich nur, wenn man selbst eine gewisse Erfahrung hat, wie die jeweiligen Kommentare aufgebaut sind sowie was, wo zu finden ist. Deshalb empfiehlt es sich, auch hier ein wesentliches Hauptaugenmerk in der Klausurvorbereitung zu werfen.

5.     Niemals die Flinte ins Korn werfen

Es kann schon einmal vorkommen, dass eine Klausur vom Gefühl her nicht so lief, wie sie hätte laufen sollen. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass die subjektiv betrachtet schlechtgelaufenen Klausuren oftmals sogar recht gut waren.

Aber selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, darf dies kein Grund für Frustration sein, denn diese zieht sich möglicherweise durch die restlichen Klausuren. Vielmehr sollte man sich bewusst machen, dass eine Klausur nur einen Bruchteil der Gesamtnote ausmacht. In Hessen setzt sich die Gesamtnote beispielsweise wie folgt zusammen: 8 x 7,5 %, also 60 % im schriftlichen Examen, und 40 % im Mündlichen.

Schließlich darf auch die – im Regelfall unbegründete – Angst vor dem Scheitern einen nicht niederringen. Um dem vorzeitig entgegenzuwirken empfiehlt es sich einen Blick in das einschlägige Justizausbildungsgesetz zu werfen, denn zum Beispiel in § 49 JAG Hessen lauten die durchaus erreichbaren Mindestvoraussetzungen wie folgt:

„Fertigt eine Rechtsreferendarin oder ein Rechtsreferendar sechs oder mehr Aufsichtsarbeiten an, die mit einer Durchschnittspunktzahl von weniger als 4 Punkten bewertet werden oder liegt die Durchschnittspunktzahl aller Aufsichtsarbeiten unter 3,1 Punkten, so ist sie oder er von der weiteren Prüfung ausgeschlossen und hat die Prüfung nicht bestanden.“

Fazit

Die Zweite Juristische Prüfung ist ein Wegweiser sondergleichen: Für viele Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare handelt es sich hierbei um den Beginn oder das Ende eines Traums, denn viele der klassischen Traumberufe sind stark von der Note abhängig.

Dies führt wiederum zu einem Stress sondergleichen: Deshalb ist es unausweichlich, dass dem mit verschiedenen Methoden vorgebeugt wird, denn ansonsten hilft im worst-case-scenario auch die beste juristische Expertise nur wenig.

In diesem Sinne wünsche ich allen Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren eine gute Examensvorbereitung und eine erfolgreiche Zweite Juristische Prüfung.

– Sebastian Klingenberg, Referendar und Doktorand aus Hessen

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Beitragsautor:

Sebastian M. Klingenberg

Sebastian M. Klingenberg

Redaktionsleiter bei JurCase
Rechtsassessor, Promotionsstudent, Freiberufler

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