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GewusstReferendariat

Das Arbeiten mit Kommentaren im Zweiten Staatsexamen

By 2. August 2018Oktober 12th, 2023No Comments
Assessorexamen

Das Arbeiten mit Kommentaren im Zweiten Staatsexamen

„Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“

Wenn man Sätze hört wie: „aber wenn ihr Gesetze in der Prüfung benutzen dürft, kann die Prüfung doch nicht so schwer sein?“, weiß man, dass es sich bei der Person nur um einen Nichtjuristen handeln kann.

So erstaunt es nicht, dass es im Zweiten Staatsexamen nicht dadurch leichter wird, dass man nunmehr neben Gesetzestexten auch Kommentare als Hilfestellung hat. Denn das heißt, dass nun auch das Arbeiten mit Kommentaren gelernt und geübt sein will, um möglichst gut durch eine Klausur zu kommen. Da ich in meiner eigenen Referendarausbildung öfter auf die Problematik gestoßen bin, wie man an so einen Kommentar rangeht, ohne viel Zeit in der Klausursituation zu verlieren, möchte ich in diesem Beitrag ein paar Tipps und Erfahrungen weitergeben, die das Arbeiten mit den Kommentaren erleichtern sollen.

Rettungsanker Kommentar

Da auch ich mal gute und mal weniger gute AG-Leiter hatte, empfand ich es besonders hilfreich, wenn wir bei Klausurbesprechungen mit an die Hand bekamen, wie man den Kommentar zu seinem Vorteil in der Klausur benutzt.

Dabei hat der Kommentar m.E. mehrere Funktionen. Zum einen dient er der Lösungskontrolle. Man darf nämlich nicht außer Acht lassen, dass auch im Zweiten Staatsexamen der Schwerpunkt der Klausuren im materiellen Recht liegt. Anders als im Ersten Examen will man hier jedoch keine ellenlangen Meinungsstreitigkeiten mehr hören. Daher ist es auch nicht mehr wichtig, diese auswendig im Kopf zu haben. Vielmehr reicht eine kurze Darstellung mit Verweis auf die Meinung des BGH. Hier setzt man an und schlägt im Kommentar nach, ob man den Streit noch so ungefähr einordnen kann. Der Kommentar wird dann die relevanten Ansichten dazu anführen, die man dann nur noch als „eigene Ideen“ quasi abschreiben kann.

Aber auch als letzten Rettungsanker kann man die Kommentierungen bezeichnen. Denn es werden über kurz oder lang auch Klausuren auf euch zukommen, in denen völlig unbekannte Problemfelder abgefragt werden, auf die beispielsweise die Beteiligten in der Akte zu sprechen kommen. Jetzt liegt es an dem Prüfling dieses Problem zu erkennen und zu einer vertretbaren Lösung zu kommen. Im schlimmsten Fall habt ihr überhaupt keinen blassen Schimmer, wie das Problem gelöst werden kann und könnt nunmehr den Kommentar zur Rate ziehen. Wie genau ihr das bewerkstelligt, möchte ich im Folgenden ausführen und dies mit einem ganz konkreten Beispiel verdeutlichen.

Viele Wege führen nach Rom

Vorab: Es gibt mehrere Möglichkeiten eine Lösung im Kommentar zu finden. Lasst mich dies an einem ganz speziellen Fallbeispiel deutlich machen:

Klausurproblem „Interessengemeinschaft Heizungsanlage“ (OLG Celle, 12. Dezember 2012, Az: 4 U 70/12). Problematisch war in der Klausur, ob es sich bei der Interessengemeinschaft Heizungsanlage (mehrere Hauseigentümer nutzen gemeinsam eine Heizungsanlage und bilden dafür Instandhaltungsrücklagen) um eine GbR handelt oder um eine Bruchteilsgemeinschaft.

Wie komme ich jetzt zu der Lösung?

Vorab: Ich denke zuerst an die GbR und schlage daher § 705 BGB im Grüneberg auf. Siehe da: unter dem Tatbestandsmerkmal „gemeinsamer Zweck“ taucht das OLG Celle Urteil mit dem Stichwort „Interessengemeinschaft“ auf. Dort wird ausführlich diskutiert, wann ein gemeinsamer Zweck vorliegt und wird im obigen Urteil verneint.

Alternativ: Ich suche in § 741 BGB im Grüneberg. Überraschung: Auch da findet sich ein Urteil des LG Stade zur Bruchteilsgemeinschaft.

Wenn man voll in Panik verfällt bleibt dann noch die sogenannte „Idiotenwiese“. Natürlich ist man kein Idiot, wenn man so klug ist und auch über das Inhaltsverzeichnis das Problem unter dem Suchbegriff „Interessengemeinschaft Heizung“ findet.

Chronologischer Aufbau der Kommentare

Dazu sei aber noch ein ganz wichtiger Aspekt anzuführen. Ich würde in einem Fall wie oben die Kommentierung immer chronologisch absuchen. Das heißt, wenn es z.B. um solch ein Abgrenzungsproblem gibt, würde ich zuerst in § 705 BGB und dann erst in § 741 BGB suchen. Dies hat einen ganz einfachen Grund: Am Grüneberg arbeiten mehrere Redakteure und diese wollen natürlich Doppelungen vermeiden. Denn nichtsdestotrotz handelt es sich beim Grüneberg um einen Kurzkommentare, der so viel Wissen wie möglich auf so wenig Platz wie nötig einbringen will. Daher wird der Redakteur in § 741 BGB auch keine ellenlangen Ausführungen mehr zur Abgrenzung mit der GbR bringen, wenn bereits dieses Problem in § 705 BGB breitgetreten wurde. Also merke: Kommen Abgrenzungsprobleme in der Klausur, immer bei dem chronologisch ersten Paragrafen nachschlagen.

Der Lösungsweg entscheidet

Neben all den Vorteilen verleitet die Hilfestellung der Kommentare jedoch auch dazu, einfach die Lösung hinzuschreiben, ohne einen schönen Lösungsweg zu bauen. Das ist schade, da auch mich das in der Klausur immer wieder Punkte gekostet hat. Es mag banal klingen, aber ihr müsst die Kommentarmeinungen immer noch als eigene Leistung verkaufen. Das würde im obigen Beispiel bedeuten, dass es nicht ausreicht, lediglich das Ergebnis anzuführen, die Interessengemeinschaft Heizungsanlage wäre eine Bruchteilsgemeinschaft (hier sind sowieso beide Ansichten vertretbar). Vielmehr sollten alle Tatbestandmerkmale einer GbR angeführt werden, um am Schluss beim „gemeinsamen Zweck“ die Voraussetzungen aus der Kommentierung aufzuzählen und sauber unter dem konkreten Fall zu subsumieren (Achtung! Auch hier lauert eine Gefahr: Scheinbar bekannte Urteile werden gerne von den Prüfungsämtern ausgeschmückt, sodass daraus ein ganz anderer Fall wird!)

Fazit

Wie ihr seht, sind Kommentare eine sehr gute Hilfestellung und erleichtern das Meistern auch von unbekannten Klausuren enorm. Auch ich habe sehr lange gebraucht, um das Ganze zu üben und kann sagen, dass es mir sehr geholfen hat, alleine mit Kommentaren Klausuren zu schreiben. Legt alle Schemata und Hilfsmittel weg, auch wenn es schwerfällt. Denn auch im Examen habt ihr nur die Kommentare zur Hand. Die Klausuren sind darauf ausgelegt, dass sich jedes Problem im Kommentar finden lässt, wenn man weiß, wo man suchen muss.

In diesem Sinne: Frohes Schaffen!

 

– Sinan

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Beitragsautor:

Sinan Akcakaya

Sinan Akcakaya

Sinan schrieb für JurCase zunächst über seine Erfahrungen im juristischen Vorbereitungsdienst und sodann über das Assessorexamen. Seine letzten Beiträge für uns befassen sich hingegen mit dem Karrierebeginn junger Volljuristen.

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