Die Dezernatsarbeit im Rahmen der Zivilstation
Erfahrungsbericht und Tipps für die Dezernatsarbeit
Im Rahmen der Zivilstation bekommt man als Referendar die Möglichkeit, den eigenen Ausbilder zu entlasten und Dezernatsarbeit zu leisten.
Der folgende Erfahrungsbericht soll euch ein paar Tipps für die erfolgreiche Ableistung von Dezernatsarbeit liefern.
Allgemeines zur Dezernatsarbeit
Im Rahmen der Zivilstation soll man einen umfassenden Einblick in die Tätigkeit des Einzelausbilders bekommen. Hierzu gehört auch die so genannte Dezernatsarbeit.
Als Dezernatsarbeit bezeichnet man das Fertigen von Verfügungen, die der Richter gegenüber der Geschäftsstelle bzgl. der Aktenbearbeitung fertigt. Hierzu gehört unter anderem das Erstellen von Schreiben / Kopien, die Beiziehung von Akten oder auch die Bestimmung der Wiedervorlage einer Akte nach einer bestimmten Frist. Zusätzlich müssen vereinzelte Anordnungen getroffen werden, so zum Beispiel die Vorlage von Sitzungsakten zum Termin oder aber von Beiakten zusätzlich zur Hauptakte. Für die meisten größeren Verfügungen, so z.B. die der Klagezustellung, gibt es mittlerweile elektronische Vorlagen, die eine große Zeitersparnis bedeuten. Für kleinere Anweisungen ist aber immer noch die handschriftliche Verfügung Usus. Da eine Einführung in das Computerprogramm zu zeitaufwendig für das Referendariat ist, umfasst die Arbeit des Referendars lediglich die handschriftlichen Verfügungen.
Inhaltlich sind diese Verfügungen kurz zu halten, die meisten werden in Abkürzungen gefertigt. Der Richter schreibt Verfügungen oft auf die Rückseite der Aktenseiten, als Referendar nimmt man hierfür ein separates weißes Blatt, das der Akte angeheftet wird. Jede Verfügung ist mit Aktenzeichen, Datum und Namen zu versehen. Bei hausinternen Verfügungen genügt die Paraphe. Schreiben, die sich an Dritte richten, müssen mit vollem Namen unterschrieben werden. Als Referendar überlässt man das Abzeichnen der Verfügung dem Ausbilder, weil man selbst nicht zur Erteilung von Anweisungen ggü. der Geschäftsstelle berechtigt ist. Es bietet sich an, bereits zu Beginn der Station ein Auge auf die Verfügungstechnik des Ausbilders zu richten und diese im Rahmen der eigenen Dezernatsarbeit zu übernehmen.
Leitfaden für die Aktenbearbeitung
Akten werden von der Geschäftsstelle nur aus einem bestimmten Anlass vorgelegt. Als erstes muss man als Bearbeiter also diesen herausfinden, bevor man die konkrete Anordnung fertigen kann. Der Grund der Vorlegung ist meist entweder durch ein Lesezeichen kenntlich gemacht oder befindet sich als Neueingang am Ende der Akte. Falls weder ein Lesezeichen noch ein Neueingang zu finden ist, ist der Ablauf einer Wiedervorlagefrist wahrscheinlich. Im letzten Fall ergibt sich der Inhalt der zu treffenden Verfügung aus der vorgeschalteten Verfügung, die die Wiedervorlage angeordnet hat.
Wenn auch keine Wiedervorlagefrist abgelaufen ist, muss die Akte wahrscheinlich aufgrund eines anstehenden Verhandlungstermins durchgearbeitet werden. In diesem Fall ist natürlich keine Verfügung zu treffen. Wenn immer noch kein Grund für die Vorlage der Akte gefunden werden kann, sollte auf der Geschäftsstelle nachgefragt werden. Ausführliche Beispiele zum Fertigen einzelner Verfügungen finden sich z.B. im Anhang des Anders/Gehle (Das Assessorexamen im Zivilrecht). Das Durchlesen des entsprechenden Kapitels hat mir vor meiner Dezernatsarbeit sehr geholfen und sei euch daher ebenfalls empfohlen.
Meine Erfahrungen mit Dezernatsarbeit
Von Kollegen erfuhr ich, dass nicht jeder Ausbilder die Ableistung von Dezernatsarbeit anbietet. Mein Ausbilder machte diese sogar zur Prämisse dafür, dass im Zeugnis der Satz „hat zur Entlastung des Dezernats beigetragen“ stand. Wir verabredeten uns im letzten Monat der Station für einen Vormittag, zu dem er ausreichend Akten für mich herauslegen wollte. Obwohl ich den Stapel nur mit Mühe schleppen konnte, benötigte ich zur Bearbeitung und dem Fertigen der Verfügungen im Nachbarbüro lediglich eine gute halbe Stunde. Hierüber war selbst mein Ausbilder überrascht, wir erklärten es uns aber übereinstimmend damit, dass ich aufgrund meiner Nebentätigkeit in einer Anwaltskanzlei bereits Kenntnisse in diesem Bereich aufwies. Da meinem Ausbilder die halbe Stunde jedoch zu knapp war, suchte er weitere Akten heraus, deren nötige Anordnungen ich ihm mündlich ad hoc geben sollte. Hierbei konnte er mir auch das oben bereits erwähnte Computerprogramm ausführlicher erklären.
Als auch dieser Stapel bearbeitet war, schwankte mein Ausbilder seinen Worten nach zwischen zwei Noten für die erfolgte Bearbeitung. Daher stellte er mir abschließend noch einen Fall, der entscheiden sollte, ob ich in den besseren Notenbereich gelangen könne. Der Fall behandelte maßgeblich die verschiedenen Möglichkeiten der richterlichen Verfügung, sobald nach eröffneter Beweisaufnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein gerichtlich angeordnetes Sachverständigengutachten neu zur Akte eingeht. Da bei mir etwas die Luft raus war, zog die Fallbearbeitung sich ca. 10 weitere und sehr schmerzhafte Minuten hin, katapultierte meine Note aber in den schwindelerregenden sehr guten Bereich. Ich hätte nie zu träumen gewagt, im Rahmen des Referendariats mal ein unerreichbares „sehr gut“ einzufahren, und sei es auch „nur“ für meine Verfügungstechnik.
Fazit:
Ich habe es nicht bereut, die Chance zur Ableistung von Dezernatsarbeit zu nutzen, auch wenn dies eine zusätzliche Arbeitsbelastung darstellt. Die Examensrelevanz der Dezernatsarbeit ist zwar eher gering, trotzdem sollte man spätestens in der Zivilstation die Chance ergreifen, sich mit den Grundlagen der richterlichen Verfügungstechnik vertraut zu machen. Die Fähigkeit, sinnvoll mit einer großen Anzahl von Akten umgehen zu können, ist nicht nur in der Justiz, sondern auch in Kanzleien und der freien Wirtschaft von Nutzen und bildet die Basis des späteren Berufslebens.
Ich hoffe, dieser Erfahrungsbericht hilft euch ein wenig bei euren Aktenbearbeitungen und wünsche euch viel Erfolg bei der Dezernatsarbeit!
-Regina
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