Skip to main content
GewusstReferendariat

Die Anwaltsklausur

By 5. März 2020Oktober 18th, 2023No Comments
Assessorexamen

Die Anwaltsklausur

Erfahrungsbericht und Tipps für die Anwaltsklausur

Vor Beginn der jeweiligen Stationen im Referendariat sind die Anforderungen der verschiedenen Klausuren zunächst schwer abzuschätzen. Mit dem folgenden Erfahrungsbericht möchte ich euch einen kurzen Einblick in die Anforderungen der Anwaltsklausur sowie Tipps und Tricks zum erfolgreichen Klausurschreiben liefern.

In Schleswig-Holstein ist die Anwaltsklausur in jedem Rechtsgebiet vertreten. Während der Anwaltsstation findet regelmäßig eine freiwillige Sonderveranstaltung zur Anwaltsklausur statt. In deren Rahmen können drei Anwaltsklausuren geschrieben werden, die hiernach durch den Kursleiter detailliert nachbesprochen werden. Zusätzlich sind Anwaltsklausuren aber auch ein fester Bestandteil des freiwilligen Klausurenkurses des Landgerichts.

Allgemeines zur Anwaltsklausur

Die Anwaltsklausur lernt man spätestens zu Beginn der Rechtsanwaltsstation detailliert kennen. Bereits im Rahmen der Staatsanwaltsstation hat man jedoch die Möglichkeit, ein freiwilliges Seminar zur Revisionsklausur zu besuchen. Diese stellt lediglich eine strafrechtliche, besondere Ausformung der Anwaltsklausur dar.

Da die genauen Abläufe nebst Bearbeitungstipps sehr umfangreich in einschlägigen Lehrbüchern und Skripten besprochen werden, halte ich mich hierbei sehr kurz. Ich bevorzuge bei Skripten zwar generell Kaiser, kann für die Anwaltsklausur aber auch die Skripte von Alpmann/ Schmidt nur wärmstens empfehlen. Inhaltlich unterscheiden diese sich lediglich marginal. Für die Revisionsklausur empfand ich die genannten Skripte jedoch  als zu umfangreich. Im Rahmen des kostenpflichtigen Alpmann/Schmidt-Seminars zur Revisionsklausur bekamen wir in Kiel ein verkürztes Skript ausgehändigt, das kurz und prägnant die klausurrelevanten Probleme in der konkreten Prüfreihenfolge behandelt. Dies half mir insbesondere dabei, die Systematik der Revisionsklausur zu erarbeiten.

Die Reihenfolge der Arbeitsschritte

Der größte Unterschied zwischen den bereits bekannten Klausurtypen und der Anwaltsklausur besteht darin, dass sich die Anwaltsklausur mit dem konkreten Begehren eines Mandanten auseinandersetzt. Dieses Begehren ist anhand des durch den Mandanten geschilderten Sachverhalts zunächst zu ermitteln und im zweiten Schritt juristisch auszulegen. Hierbei half mir insbesondere die Metapher des „Werkzeugkoffers“. Im genannten Werkzeugkoffer befinden sich die juristischen Werkzeuge, d.h. die verschiedenen Klagearten und Anträge. Dem Mandanten kann nur insoweit geholfen werden, als sein Begehren einem dieser Werkzeuge zugeordnet werden kann. Ist dies in der anwaltlichen Realität auch teilweise sehr schwierig, wird es in der Klausur jedoch immer möglich sein. Der Mandant in der Klausur ist nämlich außerordentlich hilfreich. Entweder bringt er einen jurastudierenden Verwandten bei, der ihm die Situation bereits erklärt hat, hat kürzlich einen passenden Artikel in einschlägigen Tageszeitungen gelesen oder einen passenden Beitrag im Fernsehen gesehen. Kurzum: Der Mandant in der Klausur will den Bearbeiter nur selten in die Irre führen. Auch wenn die Sachverhalte sich durch die juristischen Einschübe witzig lesen, erweisen sie sich jedoch für die Klausurbearbeitung als sehr hilfreich.

Nach der Auslegung des Mandantenbegehrens ist, wie in der staatsanwaltschaftlichen Entschließungsklausur, ein Gutachten zu fertigen. Im Rahmen dieses Gutachtens sind Zulässigkeit und Begründetheit des begehrten Vorgehens zu prüfen. Soweit der Mandant die Einlegung eines bestimmten Rechtsbehelfs begehrt, kann die schulmäßige Prüfung (zuerst Zulässigkeit, dann Begründetheit) beibehalten werden. Ist die Fallfrage offener gestellt, empfiehlt es sich, die Begründetheit als materielle Prüfung vorzuziehen. Je nachdem, welche Anspruchsgrundlagen sich gegen welchen Anspruchsgegner als einschlägig erweisen, können hierbei Rückschlüsse auf die Zulässigkeit bzw. Veränderungen dieser erfolgen.

Die Klausur endet mit einem Praxisteil. Sollte das Begehren das Mandanten sich als erfolgversprechend erweisen, ist regelmäßig eine Klage- bzw. Antragsschrift zu fertigen. Ausnahme hiervon ist die Revisionsklausur, die lediglich mit einem ausformulierten Antrag abschließt. Ist von der Einlegung des Rechtsbehelfs abzuraten, muss ein Mandantenschreiben gefertigt werden, das diese Entscheidung für einen juristischen Laien verständlich erklärt.

Die richtige Zeiteinteilung bleibt auch in der Anwaltsklausur sehr wichtig. Der vorgelegte Aktenauszug sollte zunächst, beginnend mit dem Bearbeitervermerk, mehrfach sorgfältig gelesen werden. Dies sollte ½ Stunde nicht überschreiten. In der darauf folgenden Stunde sollte der Sachverhalt ermittelt werden (soweit nicht erlassen). In den nächsten zwei Stunden sollte das Gutachten skizziert werden. Dann sollte der Praxisteil geschrieben werden. Hierfür sollten nicht mehr als 1 ¼ Stunden veranschlagt werden. In der verbleibenden Zeit sollte die Klausur noch einmal durchgelesen und auf Fehler geprüft werden.

Soweit sich ein Zeitproblem einstellt, sollte auch die Anwaltsklausur „von hinten“ zu Ende geschrieben werden. Im Zweiten Examen wird der Fokus auf eine praxistaugliche Entscheidung gelegt. Daher ist der Praxisteil sorgfältig ausformuliert und vor allem vollständig abzugeben. Bei Zeitproblemen sollten hierbei lieber Abstriche im Sachverhalt und notfalls im Rahmen des Gutachtens gemacht werden. So kann man zumindest vermeiden, eine unfertige Klausur abzugeben.

Der Ablauf meiner Anwaltsklausuren

Im Rahmen der Anwaltsstation nahm ich an der Sonderveranstaltung zur Anwaltsklausur teil. Hierbei wurden drei Klausuren über einen Zeitraum von drei Monaten gestellt. Die Klausuren konnten entweder präsent im Landgericht geschrieben werden oder man konnte sie zugeschickt bekommen. Das Präsenzschreiben simuliert die Examensbedingungen besser, während das Zuschicken eine flexiblere Bearbeitung ermöglicht. Dies ist insbesondere dann nötig, wenn der Stationsausbilder keine Freistellung für die freiwillige Sonderveranstaltung bewilligt. Die zugeschickten Klausuren konnten in das Anwaltspostfach des Veranstaltungsleiters eingeworfen werden. Bei Beilegung eines frankierten Rückumschlages bekam man dann die korrigierte Bearbeitung nebst Lösung ebenfalls postalisch zugeschickt. Alternativ konnte man die Klausur im Rahmen des Besprechungstermins, der im Anschluss an die nächste Klausur stattfand, abholen.

Zusätzlich zu dieser Sonderveranstaltung werden regelmäßig Anwaltsklausuren im Rahmen des freiwilligen Klausurenkurses des Landgerichts angeboten.

Da die Bearbeitung aus anwaltlicher Sicht sich zunächst als ungewohnt erweist, empfiehlt es sich, möglichst viele Anwaltsklausuren zu schreiben, um eine Routine zu entwickeln.

Fazit:

Die angebotenen Anwaltsklausuren mitzuschreiben, habe ich nicht bereut. Insbesondere kommt das nötige Wissen in den AGs zu den Anwaltsklausuren schlicht zu kurz. Daher ist die Umsetzung des selbst erarbeiteten Wissens zu Beginn doch recht schwierig und benötigt eine gewisse Einarbeitungszeit. Man sollte hierbei nicht unterschätzen, dass im Zweiten Examen der dreifache Umfang (Sachverhaltsfindung, Gutachten und Urteil) im Vergleich zum Ersten Examen verlangt wird, aber trotzdem nur fünf Stunden Zeit bleiben. Ich konnte durch die geschriebenen Anwaltsklausuren viel lernen und Sicherheit für das anstehende Examen sammeln. Und da die Klausuren lediglich zur Übung dienen, fällt mir eigentlich kein vernünftiger Grund ein, diese Chance verstreichen zu lassen.

-Regina

JURCASE MIETANGEBOT FÜR DEIN
ZWEITES STAATSEXAMEN

Jetzt mieten statt kaufen!

Für alle Bundesländer bietet JurCase die zugelassenen Hilfsmittel auf Basis der Prüfungsordnung der jeweiligen Bundesländer zur Miete an. Du kannst je nach Bedarf nur die Examenskommentare, nur die Gesetzestexte oder das Kombi-Paket mit allen Kommentaren und Gesetzestexten bei JurCase mieten.

Profitiert als AG von den JurCase AG-Rabatten: Wir bieten bei Gruppenbestellungen attraktive Sonderkonditionen für unsere JurCase Mietprodukte an.

Hat dir der Beitrag gefallen?

Beitragsautor:

Regina Kardel

Regina Kardel

Regina berichtete uns über ihre Erlebnisse und Erfahrungen, die sie während ihres juristischen Vorbereitungsdienstes gemacht hat. Mittlerweile ist sie zugelassene Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei. Deshalb schreibt sie aktuell für JurCase-Jobs über die anwaltliche Karriere.

Alle Beiträge von Regina Kardel ansehen