#HierZucktDeinPrüfungsamt im Öffentlichen Recht in Kooperation mit RiVG Dr. David Stadermann
Moin, ö-rechtliche Klausuren im Examen sind in der Regel nach jeweiligem Landesrecht zu lösen. Häufig lassen sich die Rechtsgebiete im besonderen Verwaltungsrecht aber auf gemeinsame Grundstrukturen zurückführen, so wie im Baurecht. Hinzu tritt, dass das gesamte Bauplanungsrecht bundesrechtlich geregelt ist. Mit einer derart bauplanungsrechtlichen Frage beschäftigte sich das OVG Weimar im Urteil vom 18. Oktober 2022.
JurCase informiert:
Das Urteil des 1. Senats des OVG in Thüringen vom 18. Oktober 2022 (1 Ko 775/18 ) findest du hier.
Was ist passiert?
Im Raum stand die Genehmigungsfähigkeit der „Nutzung von Kellerräumen für eine gastronomische Einrichtung mit Schwerpunkt für Vereinsmitglieder“. Die klagende Bauherrin hatte den Keller einem Tischfußball-Verein vermietet – ein Sport, der vielen Referendarinnen und Referendaren in Großkanzleien sicherlich sehr geläufig ist. Der Verein wollte den Keller, bei dem es sich um zwei Räume von je rund 150 m² handelte, welche auch zum Training und für Turniere verwendet wurden, nunmehr u.a. auch für Tanz-, Livemusik und „Promotionsveranstaltungen“ für bis zu 250 Gäste nutzen.
Worum geht es?
Der Keller lag in einem sog. faktischen Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO), das auch durch Wohnnutzung geprägt war. Der Senat hatte sich daher mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es sich hier um (a) eine Anlage für sportliche Zwecke handelt (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO, verneint, „Drehstangen-Kickfußball“ zwar Sport, aber keine Anlage i.d.S., weil auch Tanz-, Livemusik- sowie „Promotionsveranstaltungen“ angeboten werden sollen) oder (b) eine sog. „sonstige“ (d.h. nicht-kerngebietstypische) Vergnügungsstätte handelt. Der Senat bejahte zwar das Vorliegen einer derartigen Vergnügungsstätte, allerdings ist § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO an dieser Stelle noch nicht zu Ende, denn die Anlage müsste auch in einem Teil des Gebiets liegen, das überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt ist. Da es daran fehlte, kam nur eine ausnahmsweise Zulassung (lies § 6 Abs. 3 BauNVO) in Betracht, so dass letztlich ein Bescheidungsurteil erging.
Warum solltest du dieses Thema bei deiner Vorbereitung berücksichtigen?
Insgesamt eine lesenswerte Entscheidung, die dazu einlädt, einen Spezialbereich des Bauplanungsrechts und damit die Systematik des Bauplanungsrechts (BauGB und BauNVO) insgesamt zu wiederholen. Wie die Eingangsfrage dann zu beantworten ist, muss jede:r selbst wissen.
Und sonst?
Zum Weiterdenken:
- Hier lag eine Nutzungsänderung vor. Wann ist diese eigentlich genehmigungsbedürftig?
- Geklagt hat eine GbR – wie wäre es, wenn als Vermieterin (und Bauherrin) eine Erbengemeinschaft auftreten würde?
- In welchem Gebiet wäre die Nutzung ohne Weiteres genehmigungsfähig?
- Wie könnte der Fall geändert werden, um ihn aus der Nachbarperspektive lösen zu können (auch sehr beliebt in Klausuren und der Praxis)?
- Und (für die Mündliche): Was ist eigentlich die Musterbauordnung?