Wie bearbeite ich eine Assessorklausur?
Herangehensweise und Zeiteinteilung
Die richtige Zeiteinteilung ist im Assessorexamen noch viel wichtiger als im Ersten Staatsexamen. Aber keine Panik – mit Struktur und Plan ist alles gut lösbar. Wichtig ist vor allem sich vorab eine Klausurtaktik zu überlegen und nicht allzu weit vom Plan abzuweichen.
Zweifelsfrei sind Klausurbearbeitung und Herangehensweise eine Typenfrage. Somit sollte jeder selbst sich eine Herangehensweise erarbeiten, mit der er die besten Erfahrungen gesammelt hat. Heute möchte ich euch meine Bearbeitungsweise einer Assessorklausur vorstellen.
1. Bearbeitervermerk lesen
Zunächst solltet ihr euch den Bearbeitervermerk durchlesen. Dann wisst ihr vor dem Lesen des Sachverhalts auf welche Dinge ihr achten sollt. Häufig kommt es in Assessorklausuren vor, dass Teile einer Klausurbearbeitung vom Bearbeitervermerk ausgeschlossen sind und damit nicht zu bearbeiten sind. Tendenziell ist das im Zweiten Staatsexamen häufiger der Falls als im Ersten Staatsexamen. Um euer Gehirn nur mit den wichtigsten Dingen zu belasten, die ihr für die Bearbeitung braucht, halte ich dies als ersten Schritt äußerst sinnvoll.
2. Sachverhalt lesen
Klar, als nächstes solltet ihr den Sachverhalt sauber und langsam lesen. Dabei halte ich es für sinnvoll, sich erste Gedanken, die einem beim Durchlesen in den Sinn kommen, zu notieren. Sachverhaltsverständnis ist für die Klausurbearbeitung unerlässlich. Daher bitte immer den Sachverhalt langsam und deutlich lesen, um die dort geschilderten Umstände auch zu verstehen.
Daher nehmt euch auch die Zeit den Sachverhalt ein zweites Mal zu lesen. Das erste Lesen verschafft euch einen Überblick – das zweite Lesen verschafft euch Verständnis.
3. Gliederung erstellen
Danach ist es für mich unerlässlich eine Gliederung zu erstellen. Dabei schreibe ich mir die aufgeworfenen Rechtsprobleme raus. Dann überlege ich mir, wie diese Probleme zu lösen sind. Ich gehe dabei zunächst anhand des Aufbaus eines Gutachtens heran.
Zivilklausur:
Zulässigkeit mit den dazugehörigen Problemen, Begründetheit mit den jeweils aufgeworfenen Rechtsfragen
Öffentlich-rechtliche Klausur:
Zulässigkeit und Begründetheit mit jeweiligen Problemkreisen
Strafrechtsklausur:
Welche Straftatbestände kommen in Betracht? Welche prozessualen Probleme gibt es?
Im nächsten Schritt löse ich die Rechtsprobleme. Dabei greife ich entweder auf vorhandenes Wissen zurück oder schaue in den Kommentaren nach Ansätzen und Argumenten für meine Lösung. Wichtig ist, dass im Assessorexamen keine Meinungsstreitigkeiten auszuführen sind. Hier ist immer der Rechtsprechung zu folgen, da man entweder selbst die Sicht des Gerichts präsentiert oder man auch aus Rechtsanwaltssicht davon ausgeht, dass das Gericht der ständigen Rechtsprechung folgen wird. Daher kommt es meistens mehr darauf an die Sicht der Rechtsprechung mit Argumenten zu untermauern.
Am Ende dieses Abschnitts steht dann meine Gliederung, in der mein Ergebnis bereits feststeht. Von diesem Ergebnis rücke ich dann während der Ausformulierung nicht mehr ab. Davon ist auch zwingend abzuraten, da man sonst Gefahr läuft sich in den eigenen Ausführungen zu widersprechen oder die Klausur nicht fertig bearbeiten zu können. Gerade im Zweiten Examen ist es enorm wichtig, ein Ergebnis zu haben bevor man mit der Ausformulierung anfängt, da man im Urteilsstil schreibt. Das heißt das Ergebnis ist immer voranzustellen und die Begründung dann nachzuliefern – unmöglich, wenn das Ergebnis noch nicht feststeht.
Das Folgende ist nun vom Klausurtyp abhängig. Vor allem bei Urteilsklausuren gibt es häufig Probleme die für das Urteil keine Rolle spielen, dennoch aber ausgeführt werden müssen. Also mach ich mir danach Gedanken, welche Punkte meiner Gliederung nun ins Urteil oder den Schriftsatz gehören und welche Punkte im Hilfsgutachten behandelt werden müssen.
4. Ausformulierung
Sodann folgt die Ausformulierung der bereits erarbeiteten Gliederung. Wenn man eine ordentliche Gliederung erstellt hat, in der man die Probleme bereits gelöst hat, sollte die Reinschrift kein Problem mehr darstellen. Daher macht euch bitte keine Gedanken mehr über die Lösung der Klausur – das solltet ihr schon unter Punkt 3 gemacht haben – sondern schreibt überzeugend eure Lösung nieder.
Allerdings sollte die Zeit für die Reinschrift nicht unterschätzt werden. Meistens braucht man doch länger als gedacht. Also setzt euch auf jeden Fall ein Zeitlimit und fangt auch spätestens bei diesem Zeitlimit an zu schreiben. Eine nicht fertig bearbeitete Klausur bringt deutlichen Punktabzug, den ihr durch eine gute Argumentation an anderer Stelle nicht unbedingt wieder hereinholt. Sollte es zum Ende hin knapp werden, dann haltet euch kürzer aber werdet fertig! Meine Erfahrungen zeigen mir, dass nicht fertig geschriebene Klausuren tatsächlich deutlich bestraft werden bei der Benotung.
5. Zeiteinteilung
Nun zum schwierigsten aller Punkte: die Zeiteinteilung in einer Klausur. Auch hier ist die richtige Zeiteinteilung eine Typenfrage. Die einen schreiben schneller – die anderen weniger schnell. Somit kann ich nur von meinen Erfahrungen berichten. Damit habe ich bereits im Ersten Examen gute Erfahrungen gesammelt und diese somit auch in den bisherigen Klausuren des Assessorexamens angewendet – weiterhin mit Erfolg.
- Für die Punkte 1 und 2 verwende ich ca. 30 Minuten. Das reicht mir für das zweimalige Lesen des Sachverhalts. Hier geht es noch nicht darum eine Lösung zu finden!
- Für die Erstellung der Gliederung und für das Lösen der Probleme (stichpunktartig) brauche ich in der Regel 2 – 2,5 Stunden (je nachdem wie umfangreich)
- Für die Reinschrift setze ich mir ein Limit. Spätestens nach 3 Stunden fange ich damit an, um mit der Klausurbearbeitung fertig zu werden (s.o.). Somit verbleiben je nach Klausur 2 – 2,5 Stunden für die Reinschrift
Mit dieser Zeiteinteilung bin ich bisher in jeder Klausur gut gefahren. Vor dem Ersten Examen im Rahmen der ersten Übungsklausuren habe ich mir regelmäßig schwer getan mit der richtigen Zeiteinteilung. Seitdem ich diese Regeln bei mir anwende, habe ich jede Klausur zumindest zu Ende geschrieben. Die fertige Bearbeitung – ich kann es nur nochmals betonen – ist das A und O der Klausurbearbeitung. Punktabzug sollte hier dringlichst vermieden werden!
Struktur, Plan und Zeiteinteilung – der erste Schritt zu einer erfolgreichen Klausur!
In diesem Sinne hoffe ich, dass ich euch mit meiner Herangehensweise und Zeiteinteilung einer Klausurbearbeitung eine hilfreiche Stütze gegeben habe. Vielleicht probiert ihr es einfach mal aus und schaut selbst, ob ihr damit zurechtkommt. Ich freue mich über jeden Einzelnen, dem ich damit weiterhelfen kann!
-Lara
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