Wir präsentieren dir in Kooperation mit JuraIntensiv unsere #examensrelevanten Fälle des Monats 2022: Die folgenden 13 Beiträge aus dem Jahr 2022 beschäftigen sich mit Thematiken, die sicherlich auch 2023 weiterhin examensrelevant bleiben.
1. Fall des Monats Januar 2022: Befassungs- und Entscheidungskompetenz des Stadtrats
Anknüpfend an ein altbekanntes Problem des Kommunalrechts, dem Vorprüfungsrecht des Ratsvorsitzenden bei der Aufstellung der Tagesordnung, können sich weitere, regelmäßig weniger bekannte Rechtsfragen stellen: Hat der Stadtrat eine Befassungs- und/oder Entscheidungskompetenz, wenn es an einer Verbandskompetenz der Stadt oder an der Organkompetenz des Stadtrats fehlt? Wie der Beschluss des OVG Bautzen zeigt, bedarf es hier einer differenzierten Betrachtung.
2. Fall des Monats Februar 2022: Notwegerecht im Sinne von § 917 BGB bei mehreren denkbaren Notwegen
Es können zahlreichen Probleme zwischen Grundstücksnachbarn wegen eines Notwegerechts gem. § 917 BGB entstehen. Das Notwegerecht aus § 917 BGB ist Teil des Eigentums. Beeinträchtigungen können gem. § 1004 I 2 BGB abgewehrt werden.
3. Fall des Monats März 2022: Voraussetzungen der Notwehr, § 32 StGB
Im vorliegenden Fall befasst sich der BGH mit den Anforderungen an die Notwehrhandlung und das subjektive Rechtfertigungselement. Ein klassischer Fall zu Problemen der Erforderlichkeit und Gebotenheit der Notwehrhandlung und den subjektiven Anforderungen an § 32 StGB, den man im Gutachten nur sinnvoll lösen kann, wenn man zwischen den Handlungen vor und nach der Rückgabe trennt.
4. Fall des Monats April 2022: Bundesnotbremse II – Schulschließungen
Der ohne Zustimmung des Bundesrates beschlossene § 28b Infektionsschutzgesetz (IfSG) sah in seiner vom 23.4.2021 bis zum 30.6.2021 geltenden Fassung umfassende Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vor (sog. Bundesnotbremse). Die Maßnahmen waren abhängig von der Überschreitung bestimmter Grenzwerte (Sieben-Tage-Inzidenz) und umfassten auch Vorgaben für den Schulunterricht bis hin zu Schulschließungen (§ 28b III IfSG). Betroffene Schülerinnen und Schüler sehen sich dadurch in ihrem Grundrecht auf schulische Bildung aus Art. 2 I i.V.m. Art. 7 I GG verletzt.
5. Fall des Monats Mai 2022: Mietminderung wegen Baulärms
Ob Immissionen zu einem zur Minderung gem. § 536 BGB berechtigenden Mietmangel führen, beschäftigt die Gerichte nicht nur in Großstädten. In letzteren stellt Lärm eine nahezu natürliche Immission dar, seine Häufigkeit und Intensität hängt allerdings stark vom jeweiligen Belegenheitsort der Liegenschaft ab. Es geht den Klägern um eine angeblich konkludent getroffene Beschaffenheitsvereinbarung zur Immissionsfreiheit des Objekts.
6. Fall des Monats Juni 2022: Keine Erpressung bei bestehenden Ansprüchen
Der BGH befasst sich mit der Strafbarkeit eines Täters, der einen bestehenden Anspruch mit qualifizierten Nötigungsmitteln durchsetzen will und kommt zu dem Schluss, dass die §§ 249 I; 255 StGB ausscheiden und nur § 240 I StGB greift. Außerdem geht es um die Mordmerkmale Heimtücke, Habgier und niedrige Beweggründe.
7. Fall des Monats Juni 2022 Special für Referendare – Problem: Berufungsbeschränkung als Teilrücknahme?
Die vorliegende Entscheidung des BayObLG betrifft, mit der aufgeworfenen Frage der Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung, eine gängige von Amts wegen zu beachtende Prozessvoraussetzung im Rahmen der Überprüfung eines landgerichtlichen Berufungsurteils. Das BayObLG vertritt dabei, im Gegensatz zu anderen Oberlandesgerichten, die Auffassung, dass in einer Berufungsbeschränkung eine teilweise Rücknahme des Rechtsmittels i.S.d. § 302 I S. 1 StPO liegt.
8. Fall des Monats Juli 2022: Verfassungsidentität – Vorrang des EU-Rechts
Der EuGH hat sich rechtsgrundsätzlich zu einem aktuell hoch umstrittenen und grundlegenden Problem des Europarechts geäußert, dem Anwendungsvorrang des EU-Rechts vor dem nationalen Recht, insbesondere im Falle einer Gefährdung der Verfassungsidentität eines Mitgliedstaates.
9. Fall des Monats August 2022: Widerruf eines Werkvertrages über einen Badezimmereinbau
Der Widerruf eines Werkvertrages durch den Verbraucher unterscheidet sich in seinen Problemstellungen von Fall zu Fall deutlich. Schließen ein Bauunternehmer und ein Verbraucher einen Vertrag über Bauleistungen, welche nicht die Schwelle des Verbraucherbauvertrages gem. § 650i BGB überschreiten, richtet sich im Falle des Widerrufs die Wertersatzpflicht des Verbrauchers allein nach § 357 VIII BGB. § 357d findet mangels Regelungslücke keine Anwendung.
10. Fall des Monats September 2022: Niedrige Beweggründe bei Spontantat
Der BGH befasst sich vorliegend mit dem Mordmerkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe. Beide Angeklagten wussten um die hochgradige Gefährlichkeit ihres Tuns und nahmen den Tod des Opfers billigend in Kauf. Haben sie sich wegen mittäterschaftlichen Mordes, §§ 211, 25 II StGB, strafbar gemacht?
11. Fall des Monats Oktober 2022: T-Shirts mit großem „Z“ als Kundgebungsmittel
Der Buchstabe „Z“ wird in überdimensionaler Form von den russischen Streitkräften im Rahmen ihres Angriffskrieges gegen die Ukraine verwendet. Seine öffentliche Präsentation in Deutschland, insbesondere bei Versammlungen, hat zu hitzigen Diskussionen geführt. Rechtlich stellt sich Frage, ob das Zeigen dieses Symbols bei einer Versammlung untersagt werden darf.
12. Fall des Monats November 2022: Keine Beteiligung des Käufers an den Nachbesserungskosten
Es ist eine stets umstrittene Frage, ob und wann ein Geschädigter „fiktiv“ abrechnen darf, wenn er Schadensersatz fordert. Die Antwort fällt im Kaufrecht nach dem Kauf einer Bestandsimmobilie anders aus als im Werkvertragsrecht, wenn Bauleistungen mangelhaft erbracht wurden. Vorliegend bleibt der V. Zivilsenat des BGH seiner Linie treu. Dies zwingt ihn Stellung zu beziehen, ob Käufer, die „kleinen Schadensersatz statt der Leistung“ vom Verkäufer fordern, eine Vorteilsausgleichung nach den Grundsätzen „neu für alt“ hinnehmen müssen.
13. Fall des Monats Dezember 2022: Niedrige Beweggründe bei Spontantat
Der BGH befasst sich vorliegend mit dem Mordmerkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe. Beide Angeklagten wussten um die hochgradige Gefährlichkeit ihres Tuns und nahmen den Tod des Opfers billigend in Kauf. G starb an den Folgen der ihm zugefügten Verletzungen. Haben K und S sich wegen mittäterschaftlichen Mordes, §§ 211, 25 II StGB, strafbar gemacht?