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Gewusst

Fristen und Vorverfahren – wann muss die Behörde meine Anwältin zahlen? (OVG Münster, 4 A 239/19)

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#HierZucktDeinPrüfungsamt im Öffentlichen Recht in Kooperation mit RiVG Dr. David Stadermann

 

Moin zusammen,
heute empfehle ich euch einen interessanten Beschluss des OVG Münster vom 12. Januar 2024 (4 A 239/19) zum Thema Kostenerstattung und Fristen im Zusammenhang mit dem Vorverfahren.

JurCase informiert:

Der Beschluss des OVG Münster vom 12.01.2024 (4 A 239/19) findest du hier kostenfrei zugänglich auf der Homepage der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen.

Was ist passiert?

Im Ausgangsrechtsstreit – die Entscheidung des VG Köln ist nicht veröffentlicht – ging es um das Zuwendungsrecht, genauer um die Frage, ob eine konkrete Maßnahme noch innerhalb eines Bewilligungszeitraums durchgeführt worden sei, mithin um Fristberechnung. Die maßgebliche Frist endete an einem Sonntag (kennt jemand § 31 Abs. 3 Satz 2 VwVfG?).

Da die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten und die Beklagte eine Kostenübernahmeerklärung erklärt hat, musste das OVG (wohl der/die Berichterstatter/in, §§ 87a Abs. 2 Nr. 3, 3 VwGO) nur noch über den Antrag befinden, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.

Worum geht es?

Es geht es um die (in der Praxis sehr häufig vorkommende) Frage, wann Anwaltskosten aus dem Vorverfahren ersetzt verlangt werden können.

Warum solltest du diese Entscheidung bei der Vorbereitung berücksichtigen?

Der Beschluss ist kurz. Und er behandelt einige Themen, denen man bei der Examensvorbereitung begegnet seien müsste:

  • Zugegeben: Die Konstellation, dass nach übereinstimmender Erledigung und Kostenübernahmeerklärung der Beklagte die Entscheidung des Gerichts zu entwerfen ist, ist im Examen nicht vorstellbar. Denn in diesen Fällen entspricht es stets „billigem Ermessen“, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen (§ 161 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
  • (Relativ) Spannender wird es, wenn – wie hier – bereits im Widerspruchsverfahren ein Rechtsanwalt tätig war. Denn dann sind dessen Kosten (Gebühren und Auslagen) als sog. außergerichtliche Kosten des Verfahrens nur erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung (Nicht: Hinzuziehung) vom Gericht für notwendig erklärt wird. Hieran sollte man in der Anwaltsklausur denken, wenn eine Bevollmächtigung bereits im Vorverfahren bestand. In der Urteilsklausur aber nur dann, wenn dies beantragt wurde (keine Entscheidung von Amts wegen!)
  • Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nur dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeiten der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen. Hiervon dürfte regelmäßig auszugehen sein.
  • Zudem bietet der Beschluss die Gelegenheit, Fragen der Auslegung von Bescheiden und der (behördlichen) Fristberechnung zu wiederholen – von dieser Möglichkeit sollte man Gebrauch machen!

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Beitragsautor:

Dr. David Stadermann

Dr. David Stadermann

Dr. David Stadermann ist Richter am Verwaltungsgericht in Hamburg und Lehrbeauftragter an der HAW. Auf LinkedIn gibt Dr. Stadermann in Bezug auf der Öffentliche Recht Hinweise auf höchst- bzw. obergerichtliche Rechtsprechung, aber auch sonstige Ereignisse, die aufgrund ihrer Aktualität gerne in mündlichen Prüfungen verarbeitet werden können. Die Reihe #HierZucktDeinPrüfungsamt in Kooperation mit Herrn Dr. Stadermann findest du auch bei JurCase!

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