Die Hospitation bei der Polizei im Referendariat
Erfahrungsbericht und Tipps für die erfolgreiche Hospitation
Im Rahmen des Referendariats bekommt man vielfältige Möglichkeiten, auch abseits der eigentlichen Ausbildung in angrenzende Bereiche reinzuschnuppern. So kann man z.B. im Rahmen der Staatsanwaltsstation eine JVA besichtigen, bei einer Durchsuchung mitwirken, beim Trinkversuch die eigenen Alkoholgrenzen austesten und auch eine Schicht bei der Polizei mitfahren. Der folgende Erfahrungsbericht soll dir einen kleinen Einblick in meine Hospitation bei der Polizei geben und einige Tipps für eure eigene Teilnahme liefern.
Allgemeines zur Teilnahme
Auf die verschiedenen – allesamt freiwilligen – Zusatzaktivitäten wurde ich direkt bei der Begrüßung in der Staatsanwaltsstation hingewiesen. Die konkrete Organisation der Aktivitäten sowie die Teilnahmemodalitäten regelten die AG-Leiter für uns.
Im Rahmen der Polizeihospitation hatten wir die Möglichkeit, uns nach eigenem Wunsch (unter Berücksichtigung der Kapazitäten der jeweiligen Reviere) in von der Polizei vorgegebene Schichten einzutragen. Wir konnten zwischen einer Morgen-, Nachmittags- oder Nachtschicht von jeweils sechs Stunden Dauer wählen. Am begehrtesten waren naturgemäß die Nachtschichten auf der Feier- sowie der Rotlichtmeile und die Schichten gegen Ende des Monats in den sozialen Brennpunkten, weil dort erfahrungsgemäß am meisten Action zu erleben ist.
Zu beachten ist, dass nicht jeder an der Hospitation teilnehmen darf: So dürfen z.B. schwangere Referendarinnen sowie Referendar:innen mit schwerwiegenderen Erkrankungen aus Haftungsgründen nicht teilnehmen.
Der Ablauf meiner Schicht im „Luxusviertel“
Entgegen des allgemeinen Hypes hatte ich mich bereits zu Beginn für das Polizeirevier entschieden, das für meinen Wohnbezirk zuständig ist. Das ist allgemein als „Luxusviertel“ bekannt, weil ein kleiner Bereich exklusiv mit dem Villenviertel der Reichen, Schönen, und Rentner bebaut ist, und entsprechend wenig begehrt. Auch wollte ich eine der noch weniger begehrten Morgenschichten von 6:00 Uhr bis 13:00 Uhr begleiten.
Einerseits wollte ich hierdurch die Kriminalität „vor meiner Haustür“ besser einschätzen können, andererseits hatte ich aber auch geringe Lust, in eventuelle Schlägereien zwischen Betrunkenen, Zuhältern etc. verwickelt zu werden. Und zuletzt gebe ich zu, dass ich auch nicht scharf drauf war, für die zu erwartende Action die Nacht über auf den Beinen zu bleiben. Für die Teilnahme an den Zusatzveranstaltungen wird man nämlich lediglich im konkreten Zeitraum von der Arbeit für den Dienstherrn freigestellt. Davor und danach kann – und wird – man regelmäßig noch zum Ausbilder zitiert. Ich würde daher jedem dazu raten, eine Schicht zu Beginn des Referendariats zu wählen. Später genießt man nämlich keinen Welpenschutz mehr und muss sich sowieso die ein oder andere Nacht für seinen Ausbilder, die AG oder den Aktenvortrag um die Ohren schlagen. Für weitere Zusatzveranstaltungen, die im überfüllten Kalender sowieso kaum Platz finden, bringt man dann nur noch wenig bis keine Begeisterung mehr auf.
Direkt daran kann ich gleich den nächsten Tipp hängen: Zieh dich so bequem wie möglich an. Ich dachte zwar, dass ich mich halbwegs bequem angezogen hatte, aber es war noch der Beginn des Referendariats und im Nachhinein war ich definitiv overdressed. Das fiel zwar nicht unangenehm auf, allerdings hasste ich meine Stichschutzweste dadurch bereits nach zwei Minuten. Diese Weste ist zwangsweise zum eigenen Schutz zu tragen, flexibel verstellbar und hat einiges an Gewicht. Dabei ist sie noch weitaus leichter und handlicher als die Westen der Beamten, die hieran noch ihr komplettes Equipment tragen. Wer sich noch bemitleidet, dass er im Rekordsommer bei Gericht in Robe schwitzen muss, ändert diese Meinung ggf. nach sechs Stunden in dieser höllisch unbequemen Weste. Ich empfand hiernach zumindest einen völlig neuen Respekt vor unserer Polizei, die das Ding ihr ganzes Berufsleben tragen muss. Dass die Beamten samt und sonders Rückenschule machen müssen, überraschte mich danach auch nicht mehr. Du siehst, diese Weste hat mich nachhaltig traumatisiert, aber weiter im Text:
Mit preußischer Pünktlichkeit fand ich mich also kurz vor sechs auf dem Revier ein und wurde erstmal für ca. eine Stunde mit einem Kaffee im Pausenraum „geparkt“, während die Beamten der Morgenschicht sich dienstfertig machten und den Verwaltungsrückstau aus der vorherigen Nachtschicht aufarbeiteten. Sehr positiv empfand ich das allgemeine Klima auf dem Revier: Sämtliche Beamte kamen vorbei, um sich vorzustellen und kurz ein paar freundliche Worte mit mir zu wechseln. Auch meine Fragen wurden von Anfang an geduldig und ausführlich beantwortet. Neben meiner Wenigkeit war zu dieser Schicht noch ein Schülerpraktikant eingeteilt, der ein mehrwöchiges Praktikum zur Berufsfindung absolvierte. Auch von diesem konnte ich einiges über den generellen Schichtablauf und die Dauerbrenner des Reviers erfahren.
Nach ca. einer Stunde holten mich die beiden Beamten, denen ich offiziell zugeteilt war, ab, um mit mir eine Streife zu fahren. Diese dauerte ca. eine Stunde und verlief weitgehend ereignislos. Das war etwas schade, allerdings konnte ich die Beamten so besser mit meinen Fragen zum Polizeidienst löchern und zusätzlich viel Neues – und teilweise gruseliges – über meine Wohngegend erfahren. Kleiner Tipp zur Fahrt: Dass die Kindersicherung sich bei den Polizeiwagen für die hinteren Türen nicht ausschalten lässt, ist zu Anfang gewöhnungsbedürftig. Dies gilt nicht nur für dich, sondern auch für die Beamten, die mich nach der ersten Fahrt auf dem Rücksitz „vergaßen“. Erinnere sie also sicherheitshalber daran, dass sie dich rauslassen müssen, bevor sie aussteigen.
Kurz nachdem wir aufs Revier zurückgekehrt waren, ging dann der erste Notruf ein. Ein Wortgefecht zwischen zwei Obdachlosen und einem Geschäftsinhaber war eskaliert. Trotz Einsatz von Sonderprivilegien – mein fünfjähriges Ich war begeistert von Blaulicht und Martinshorn, mein sechzehnjähriges Ich erlebte GTA live – , war die Situation bereits weitgehend geklärt, als wir ankamen. Ich bekam aber einen guten Einblick in die Modalitäten der polizeilichen Vernehmung. Die teilweise hohe Emotionalität, die die beteiligten Parteien bereits bei juristischen Kleinigkeiten an den Tag legen, und die eine polizeiliche Vernehmung extrem erschweren, gehen aus den Ermittlungsakten regelmäßig nicht hervor. Auch die unfreundlichen Reaktionen der Anzeigenden, wenn die Polizei sich nicht so verhalten kann, wie es gewünscht ist, hatte ich unterschätzt. Dieser Einsatz gab sozusagen den Startschuss für die nächsten Stunden, in denen wir von Einsatz zu Einsatz hetzten. Zwar waren dies vergleichsweise kleine Vorfälle, wie unerwünschte Personen oder Verkehrsunfallflucht, meiner Meinung nach konnte ich hieran aber die Routine des Polizeialltags weit besser erfahren. So konnte ich anhand eines simplen Parkremplers, der Unfallflucht begangen hatte, u.a. die umfangreichen Methoden der Spurensicherung, die Ermittlung Tatbeteiligter und zuletzt noch das Stellen des Täters lernen.
Nach einigen Stunden kehrten wir erneut auf das Revier zurück. Hier wurde ich nun in die Verwaltung eingewiesen. Mir wurde das @rtus-System erklärt und ich half beim Verfassen der Berichte sowie dem Asservieren.
Zum Abschluss fahndeten wir noch nach einer unerwünschten Person, die sich aber bereits entfernt hatte und ließen die Schicht mit einer letzten Streife ausklingen.
Fazit
Als kleines Fazit möchte ich dir mitgeben, dass – anders als die landläufige Meinung – die Hospitation bei der Polizei in einem vergleichsweise ruhigen Revier nicht langweilig sein muss. Im Gegenteil, von Kollegen, die Schichten in den attraktivsten Revieren ergattern konnten, hörte ich im Nachhinein, dass sie sehr enttäuscht waren. Einerseits hatten die Beamten sich dort kaum Zeit für die Referendare, geschweige denn die Verwaltung, nehmen können, andererseits soll auch die Atmosphäre vielfach angespannt und unangenehm gewesen sein.
Durch die kleinen Fälle während meiner Schicht bekam ich einen guten Überblick über die Routinearbeit. Auch nahmen die Beamten sich unglaublich viel Zeit für meine Fragen und zeigten mir die Abläufe detailliert. Zusätzlich bekam ich einen völlig neuen Einblick in meine Wohngegend, was u.a. dazu führte, dass ich manche Ecken nun geflissentlich meide.
Die Hospitation ist dazu gedacht, dass die anfangs sehr trockenen Ermittlungsakten mit Leben gefüllt werden und gleichzeitig Verständnis für die teilweise stark überlasteten Beamten geweckt wird. Dies kann man auch oder gerade auf den ruhigeren Revieren im Rahmen einer Tagesschicht erfahren.
Und zum Ende noch ein kleiner Tipp bzw. eine kleine Anekdote: Die höllische Weste wird übrigens zumindest etwas bequemer, wenn man weiß, dass sie auf allen Seiten verstellbar ist. Dies fiel mir nur leider erst kurz vor Schichtende auf.
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