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Referendariat

Das Referendariat während der Pandemie

By 10. März 2021Oktober 11th, 2023No Comments
Erfahrungsbericht

Meine Erfahrungen in der AG und Einzelausbildung während COVID-19

Die aktuelle Lage bedeutet für viele Menschen einen erheblichen Einschnitt in die Lebensgestaltung. Während man sich nach der Arbeit oder – in meinem Fall – nach den Arbeitsgemeinschaften, Sitzungsdiensten oder Lerneinheiten in der Bibliothek, noch mit Freunden und Familie treffen konnte oder den Kopf bei ein wenig Sport im Fitnessstudio mal ausschalten konnte, ist dies bis auf weiteres nicht mehr möglich. Die Ausübung des Referendariats ist durch die aktuelle Lage nur erschwert möglich.

Zum größten Ärgernis für mich persönlich hat es sich es entwickelt, dass die Corona Pandemie einen nicht unerheblichen Einschnitt in die Fortgeschrittenen-AG (F-AG) und die Anwaltsstation mit sich gebracht hat. Die Teilnahme an den Arbeitsgemeinschaften ist (fast) nur noch in digitaler Form möglich, und dort, wo man seinen Ausbilder durch Mandantengespräche und Gerichtstermine begleiten konnte, ist zumindest ersteres nur noch via Zoom möglich.

Gerade die Inhalte der F-AG sind von enormer Wichtigkeit für das Zweite Staatsexamen und die Anwaltsstation sehr prägend für die weitere Karriere vieler Referendare, denn nicht selten kommt es vor, dass die ausbildenden Kanzleien die Referendare nach Abschluss des Zweiten Examens fest anstellen.

Doch in einem Punkt kann die aktuelle Lage auch einen Vorteil bieten: Sie verschafft den Referendaren bei sorgfältiger Planung zusätzliche Zeit zum Lernen. Von meinen Erfahrungen rund um die digitalen Arbeitsgemeinschaften, der Anwaltsstation während der Pandemie und Vorteilen sowie Chancen, die sich durch die Situation bieten, möchte ich dir berichten.

Wie ist die Arbeitsgemeinschaft gestaltet?

Die Fortgeschrittenen-AG sowie die Anwaltsstation erstrecken sich in Nordrhein-Westfalen über einen Zeitraum von zehn Monaten. Der Zeitraum ist jedoch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In der ersten Woche gab es einzelne Einführungsveranstaltungen z. B. zum Gebührenrecht, welche die Praktiker der einzelnen Rechtsgebiete mit uns durchsprachen.

Während die Einführungswoche noch präsent in den Örtlichkeiten des Landgerichts stattfinden konnte, ist dies bei den übrigen geplanten Veranstaltungen nur noch in digitaler Form möglich. Die Fortgeschrittenen-AG umfasst dabei grundsätzlich das Zwangsvollstreckungsrecht, Einheiten zur Kautelarklausur und zu den Rechtsanwaltsklausuren, die Urteils- und Revisionsklausur im Strafrecht sowie die Anwalts-, Beschluss- und Urteilsklausur im öffentlichen Recht.

Die AGs fanden via EduIP statt. Unser jeweiliger AG-Leiter schickte uns an den jeweiligen AG-Tagen einen Link per E-Mail zu, über den wir uns anmelden sollten. Während die ersten digitalen Veranstaltungen aufgrund diverser technischer Probleme schleppend verliefen, wurde  dies von Mal zu Mal besser – dass der Unterricht auf diese Weise abgehalten wurde, ist sowohl für die AG-Leiter als auch für uns Referendare Neuland, sodass wir uns erst noch an die Umstellung gewöhnen mussten. Meist wurden uns die zu besprechenden Unterlagen einige Tage vor dem Unterrichtstag per E-Mail zugeschickt, sodass wir uns so auf den Unterricht vorbereiten konnten. Wenn sich ein Teilnehmer der Veranstaltung zu Wort melden möchte, wird das Bild bzw. das Mikrofon freigeschaltet, sodass Fragen problemlos gestellt werden können.

Auch das Schreiben von Klausuren ist während der F-AG verpflichtend. Alle zwei Monate sind vier Klausuren in den unterschiedlichen Rechtsgebieten zu schreiben, also insgesamt 16 Klausuren. Da das Schreiben der Klausuren im Landgericht nicht möglich war, mussten wir dies von zu Hause aus machen. Ich habe das „Glück“ eine Wohnung ganz für mich zu haben, sodass ich die Klausuren ungestört schreiben kann. Dies ist jedoch nicht bei allen der Fall. Viele Referendare leben mit ihren Partnern zusammen oder teilen sich die Wohnung mit ihren Mitbewohnern, die ebenfalls von zu Hause aus arbeiten müssen. Dies erschwert das ungestörte Schreiben von Klausuren und das Lernen nicht unerheblich.

Die praktische Ausbildung

Meine Anwaltsstation absolviere ich in einer kleineren Kanzlei für Verwaltungsrecht in Düsseldorf. Anfangs war es möglich, dass ich zumindest noch einmal die Woche unter strikten hygienischen Vorkehrungen in der Kanzlei anwesend sein konnte, um meine Aufgaben mit meinem Ausbilder zu besprechen. Mit steigendem Infektionsgeschehen musste ich jedoch von zu Hause aus arbeiten, was bei mir jedoch recht unproblematisch möglich war. Einmal in der Woche gibt es eine kanzleiinterne Besprechung via Zoom, in der wir uns über aktuelle Fälle und anstehende Gerichtsverhandlungen austauschen.

Neben Rechercheaufgaben gehört es auch zu meinen Aufgaben, einen Artikel für eine juristische Zeitschrift zu verfassen, meinen Ausbilder zu Gerichtsverhandlungen zu begleiten und Klageschriften zu formulieren. Ein besonders spannender Fall, mit dem ich mich beschäftigen durfte, war der einer Teilnehmerin einer Demonstration, die gegen die geltende Corona Schutzverordnung verstieß. Fraglich war, ob überhaupt eine Versammlung vorlag, wie gegen die CoronaSchvo vorgegangen werden kann und wie man sich gegen einen Bußgeldbescheid, dem Grunde und der Höhe nach, zur Wehr setzen kann.

Da ich nun alle meine Aufgaben von zu Hause aus erledigen muss, kann ich nicht viel über den Kanzleialltag berichten, was ich persönlich als den größten Nachteil der aktuellen Lage empfinde. Üblich ist es, sich vor Ort in der Kanzlei mit Fragen, die man an den Ausbilder hat, direkt zusammen zu setzen, zu diskutieren und auszutauschen. Dies ist via Telefon nur bedingt möglich, was vor allem mit der unterschiedlichen Strukturierung des Alltags zu tun hat: Während ich den „Luxus“ habe, meinen Arbeitsalltag frei nach meinem Belieben strukturieren zu können, musste mein Ausbilder sich aufgrund der Schließung der Kindergärten um die Betreuung seiner Kinder kümmern und kam erst am späten Nachmittag zur Bearbeitung von Fällen. Es war daher nicht unüblich, dass wir es erst am Abend schafften, etwaige Fragen, die ich hatte, zu besprechen.

Von enormen Vorteil war es jedoch, dass mir das Pendeln dreimal in der Woche erspart bleibt: Ich hatte mir meistens einen Plan für die kommende Woche erstellt, etwa wann ich welches Rechtsgebiet lerne, wann ich die Aufgaben für die praktische Ausbildung erledige und wann ich die Aufgaben für die Arbeitsgemeinschaft vorbereiten möchte. So war ich nicht mehr an die von der Kanzlei vorgegebenen Zeiten gebunden und hatte Raum, um mir meine Arbeitszeiten frei einzuteilen.

Auch nutzte ich die Wochenenden, um juristische Seminare zur Vorbereitung auf das Zweite Staatsexamen zu besuchen.

JurCase informiert:

Kaiser bietet für alle Referendare die sog. „Kaiserseminare“ an. Dort werden binnen eines Wochenendes Crashkurse zu verschiedenen examensrelevanten Themen angeboten. Da auch diese zurzeit digital angeboten werden, spart man sich auch hier lange Anfahrtszeiten und kann bequem von zu Hause aus sein Examenswissen auffrischen. Diese Seminare bieten eine gute Ergänzung zu den Arbeitsgemeinschaften!

Fazit

Die aktuelle Lage bringt Vor- und Nachteile mit sich. Wichtig ist aber – wie eigentlich immer in der Examensvorbereitung – ein gutes Zeitmanagement. Dass ich losgelöst von den Arbeitszeiten der Kanzlei war, hat mir dabei geholfen, meinen Arbeitsalltag frei zu strukturieren. Zwar ist hierfür ein bestimmtes Maß an Eigenständigkeit erforderlich, doch mir war bereits im Studium klar, dass vor allem eins gefragt ist: Selbstständigkeit und die Fähigkeit zum strukturierten Lernen!

Das Referendariat während der Pandemie

Covid-19 hat unser aller Leben stark beeinflusst. Die Ausübung des Referendariats ist durch die aktuelle Lage für viele nur erschwert möglich.

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Beitragsautor:

Jesina

Jesina

Jesina studierte Rechtswissenschaften in Trier und absolvierte dort auch ihr Erstes Staatsexamen. Aktuell absolviert sie ihr Referendariat am Landgericht Essen. Für JurCase gibt sie Einblicke in ihren juristischen Vorbereitungsdienst, vor allem über ihre Verwaltungs- und Anwaltsstation.

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