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Referendariat

Wohnungsdurchsuchung mit SEK-Einsatz

By 24. Januar 2019Oktober 12th, 2023No Comments
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Wohnungsdurchsuchung mit SEK-Einsatz

Referendariat toppt Hollywood Blockbuster

Eine Wohnungsdurchsuchung ist immer ein schwerwiegender Eingriff in Grundrechte von Betroffenen. Dementsprechend hoch sind die Anforderungen (richterlicher Durchsuchungsbeschluss, Verhältnismäßigkeit etc). Dies gilt insbesondere dann, wenn sogar ein Spezialeinsatzkommando angefordert wird. Ich selbst hatte das Privileg, live bei so einer Aktion dabei zu sein. Es war ein Einsatz zu einem der spektakulärsten Kriminalfälle in der deutschen Geschichte. Woher ich das nehme? Der Fall lief sogar vor kurzem bei „Aktenzeichen XY- ungelöst“.

Was war passiert? In aller Kürze: Ein paar hochgradig kriminelle, aber ebenso intelligente Männer, haben einen Geldtransporter gekauft, mit entsprechenden Aufklebern aufbereitet und sich die entsprechende Komplettausrüstung inklusive Kleidung des Sicherheitspersonals besorgt. Die Nummer war so gut, dass das betroffene Kaufhaus den Tätern „freiwillig“ über eine Millionen Euro in bar übergeben hat.

Wie im Hollywoodstreifen

5 Uhr morgens, irgendwo vor einem Krankenhaus. Dort war mein Treffen mit dem Kriminalhauptkommissar verabredet. Ich war schon um 3 Uhr wach. Mit meinem Energydrink in der Hand und noch etwas schläfrig stellte ich mich dann vor. Erkannt hatte ich das Team nur anhand des Fahrzeugs auf dem „Ordnungsamt“ stand. Der Kriminalkommissar stellte mir dann die dazu gekommenen ca. 10 Mann vor und erläuterte das weitere Vorgehen.

Wir saßen im Zivilfahrzeug und ich bekam zunächst den Haftbefehl zu lesen.

„Z 4 ist gesichert“ tönte es dann plötzlich durch den Polizeifunk im Fahrzeug. Sofort gab der Kommissar Gas. Ich bin ja schon verrückte Taxifahrten aus Istanbul gewohnt, aber dieser Fahrstil riss mich echt vom Hocker. Innerhalb von 5 Minuten waren wir am Einsatzort. Als wir eintrafen, dachte ich zunächst, ich stehe mitten in einer Filmkulisse.

Ein gepanzerter Einsatzwagen der Polizei und mindestens sechs SEK-Beamte, maskiert und bis an die Zähne bewaffnet, erwarteten uns bereits.

Erst nachdem die Wohnung gesichert wurde, durften wir die Wohnung betreten. Die Wohnungstür war komplett demoliert.

Adrenalin Pur

Ich hatte bestimmt keine vier Stunden geschlafen, aber der ganze Adrenalin-Kick hat mich sofort hellwach gemacht. Das erste Bild, das ich sah, werde ich nie vergessen: Der Beschuldigte saß nur mit seiner Unterwäsche bekleidet auf dem Wohnzimmerboden und war gefesselt. Erstaunt war ich, wie routiniert und professionell die Polizeibeamten dann vorgingen. In ganz ruhigem Ton klärten sie den Beschuldigten über seine Rechte auf und gaben ihm Gelegenheit den Haftbefehl (der ganz schön lang war) durchzulesen. Der Beschuldigte stand natürlich erstmal neben sich, gewann aber recht schnell seine Fassung wieder und schien dann das ganze erstmal einfach so hinzunehmen.

Er war erstaunlich gut über seine Rechte informiert und gab bereits zu Beginn zu Protokoll, welche renommierte Anwaltskanzlei er beauftragen wolle. Er ließ sich sogar dazu hinreißen ein paar Späßchen mit den Beamten zu machen und sich über Fitness zu unterhalten. Das, was sich danach abspielte, war dann die eigentliche Durchsuchung. Da die Ermittlungen zurzeit noch andauern, möchte ich an dieser Stelle keine Details zu etwaig aufgefundenen Gegenständen nennen. Nur so viel: Es war erstaunlich viel dafür, dass es nur eine kleine, sehr spärlich eingerichtete Wohnung war, bei der die Mieter augenscheinlich größtenteils auf Matratzen schliefen.

Alles muss seine Ordnung haben

Was mir auch besonders in Erinnerung geblieben ist, war, wie systematisch und geduldig die Polizeibeamten vorgingen. Jeder hatte seine klare Aufgabe. Die Zimmer in der Wohnung waren systematisch eingeteilt und auf dem Papier nummeriert worden. Ein Beamter war nur zuständig für den „Papierkram“. Er schrieb penibel alle Gegenstände samt Fundort in das Durchsuchungsprotokoll und verpackte alles in Tüten mit Aufklebern. Die Mitarbeiter vom Ordnungsamt waren als Zeugen dabei (§ 105 Abs. 2 S.1 StPO) und hielten sich dementsprechend zurück. Meine Aufgabe beschränkte sich eher darin, die ganzen Stunden nicht im Weg zu stehen und sich ab und an erklären zu lassen, warum jetzt was genau gemacht wird. Der für mich zuständige Kriminalhauptkommissar war wirklich sehr nett und hat mir alles ausführlich erklärt.

Der Tag erfuhr dann seinen Abschluss darin, dass ich mit zwei Beamten und dem noch gefesselten Beschuldigten in den zentralen Polizeigewahrsam der nächsten Stadt fahren konnte. Ich erinnere mich noch gut an den recht sympathisch wirkenden Beschuldigten, der fortdauernd versuchte, im Auto etwas Smalltalk zu halten. Bemerkenswert war dann auch, dass der Beschuldigte den Weg zum Gewahrsam – im Gegensatz zu mir – offenbar bereits kannte…

Fazit

Ohne Übertreibung würde ich sagen, dass das die beste Erfahrung während meines gesamten Referendariats war. Das dauernde Nachfragen bei der Staatsanwaltschaft nach solchen Aktionen hat sich definitiv gelohnt. Daher würde ich jeder Referendarin bzw. jedem Referendar ans Herz legen, das Referendariat selbst zu gestalten und aktiv nach solchen Gelegenheiten zu fragen. Ich jedenfalls werde vermutlich noch meinen Enkeln von diesem Erlebnis berichten 😉

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Beitragsautor:

Sinan Akcakaya

Sinan Akcakaya

Sinan schrieb für JurCase zunächst über seine Erfahrungen im juristischen Vorbereitungsdienst und sodann über das Assessorexamen. Seine letzten Beiträge für uns befassen sich hingegen mit dem Karrierebeginn junger Volljuristen.

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