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Rechtsprechung des Monats Februar 2025: Gefahr widersprechender Entscheidungen beim Teilurteil über Stufenklage mit erledigter Stufe

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 30.07.2024 – 11 U 118/22 (BeckRS 2024, 22255)

Schwerpunkte: §§ 301, 511, 513, 538, 546 ZPO

In Kooperation mit Alpmann Schmidt präsentieren wir die Rechtsprechung des Monats. Hierbei handelt es sich um examensrelevante Rechtsprechung, die dir von erfahrenen Praktiker:innen vorgestellt wird. Zusätzlich bieten dir diese Fälle die Möglichkeit, das Schreiben von Assessorklausuren zu üben.

Fall

Die Parteien sind durch einen zwischenzeitlich beendeten Kooperationsvertrag miteinander verbunden, durch den die Klägerin verschiedene, vertraglich festgelegte Leistungen zu erbringen hatte und im Gegenzug sowohl eine Grundvergütung als auch eine erfolgsabhängige Beratervergütung von der Beklagten erhielt.

Da die Beklagte die Zahlung der Vergütung verweigerte, hat die Klägerin erstinstanzlich zum einen im Wege der Leistungsklage die Grundvergütung geltend gemacht und zum anderen im Wege der Stufenklage Auskunft, ggf. eidesstattliche Versicherung und schließlich – noch unbeziffert – Zahlung der erfolgsabhängigen Beratervergütung begehrt.

Die Beklagte hat sämtlichen Ansprüchen der Klägerin – auch der mit der Stufenklage begehrten Beratervergütung – entgegengehalten, die Klägerin habe ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt.

Das erkennende Landgericht hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ein Teilurteil erlassen, in dem die Grundvergütung zuerkannt und dem Auskunftsanspruch teilweise stattgegeben wurde. Hinsichtlich des nicht zuerkannten Auskunftsanspruchs wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das Landgericht zu den Einwendungen der Beklagten u.a. ausgeführt, die Nichterbringung der Gegenleistung der Klägerin könne dem Anspruch nach Beendigung des Vertrages nicht mehr entgegengehalten werden.

Der Originalfall stellt die Entscheidung des Berufungsgerichts dar. Der Sachverhalt wurde zu Ausbildungszwecken hinsichtlich einzelner vertraglicher Details und der Randumstände des Falles abgeändert.
Gegen das Teilurteil hat der bisherige Prozessbevollmächtigte der Beklagten Berufung eingelegt. Im Rahmen der Berufungsbegründung hat er unter Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Vorbringens die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von „deutlich mehr als 500.000 €“ und einem weiteren, der sich auf „bis zu 700.000 €“ belaufe, erklärt und zur Begründung ausgeführt, diese Ansprüche beruhten darauf, dass die Klägerin ihre aus dem zugrundeliegenden Vertrag resultierende Pflicht zur Hinterlegung der Provisionen verletzt habe. Darüber hinaus hat die Beklagte den – in Abrede gestellten – Auskunftsanspruch während des laufenden Berufungsverfahrens gleichwohl erfüllt, woraufhin die Klägerin die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt hat.

 

Aufgabenstellung:

  • 1. Teil: Gutachten (s.u.)
  • 2. Teil: Ergänzende Fragen im Rahmen eines Prüfungsgesprächs

Leitsätze

  1. Das Verbot eines Teilurteils bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen gilt auch zwischen der letzten Stufe der Stufenklage und außerhalb des Stufenverhältnisses stehenden Anträgen.
  2. Wird die Hauptsache hinsichtlich einer der früheren Stufen der Stufenklage einseitig für erledigt erklärt, steht der Antrag auf Feststellung der Erledigung außerhalb des Stufenverhältnisses.

1. Teil:

Infolge eines Hinweises des Senats kam es zwischen der Beklagten und ihrem bisherigen Prozessbevollmächtigten zu einem Zerwürfnis, weshalb die Beklagte in den Kanzleiräumen Ihres Einzelausbilders der Anwaltsstation erschienen ist und um Mandatsübernahme und Fortführung des Rechtsstreits bat. Ihr Einzelausbilder bittet Sie um die Erstellung eines Gutachtens zu der Frage, ob die Berufung Erfolgsaussichten aufweist oder möglicherweise wegen fehlender Erfolgsaussichten aus Kostengesichtspunkten zurückgenommen werden sollte. Dabei sollen Sie davon ausgehen, dass die Berufung frist- und formgerecht eingelegt und begründet wurde.

Gutachten

Zur Berufung allgemein s. AS-Skript Die zivilgerichtliche Assessorklausur (2023), Rn. 1099 ff. sowie aus der Anwaltssicht AS-Skript Die zivilrechtliche Anwaltsklausur (2025), Rn. 246 ff. und 503 ff.
Das weitere zweckmäßige Vorgehen bestimmt sich danach, ob die Berufung der Beklagten zulässig und begründet ist.

 

I. Die Berufung müsste zulässig sein.

1. Sie ist statthaft und dem Einzelausbilder zufolge ist davon auszugehen, dass sie frist- und formgerecht eingelegt wurde, §§ 511 Abs. 1, Abs. 2, 517, 519, 520 ZPO.

2. Ihrer Zulässigkeit könnte jedoch jedenfalls mit Blick auf den Auskunftsanspruch entgegenstehen, dass dieser mittlerweile erfüllt wurde und hierdurch die Beschwer der Beklagten entfallen ist.

Im Originalfall wird demnach klargestellt, dass die Beschwer gerade nicht entfällt, wenn der Anspruch lediglich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfüllt wurde. Zur entsprechenden Handhabung bei der Frage, ob die Erfüllung des Anspruchs erledigenden Charakter hat, s. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 45. Aufl. 2024, § 91a Rn. 5.

„[10] … [Die] Beschwer [entfällt nämlich jedenfalls dann], wenn der zugesprochene Anspruch erfüllt wird und es dabei sein Bewenden haben soll, d.h. dies nicht nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt, was trotz dem mit der Auskunft endgültig preisgegebenen Wissen auch bei der Erfüllung von Auskunftsansprüchen in Betracht kommt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels ist jedoch derjenige der Rechtsmitteleinlegung. Die Beklagte hat die Auskunft [vorliegend indes] erst nach Einlegung der Berufung erteilt [, sodass die Beschwer nicht entfallen ist].“

Im Übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit keine Bedenken. Die Berufung ist zulässig.

II. Darüber hinaus müsste die Berufung begründet sein.

Sie kann in der Sache gemäß § 513 Abs. 1 ZPO darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Zum Teilurteil s. AS-Skript Die zivilgerichtliche Assessorklausur (2023), Rn. 89

Die Gefahr widersprechender Entscheidungen ist demnach immer dann anzunehmen, wenn der durch Teilurteil beschiedene Anspruch und der noch rechtshängige Anspruch oder Anspruchsteil von gemeinsamen Vorfragen abhängen, z.B. kumulative Anspruchshäufung und Entscheidung über einen von mehreren selbstständigen Ansprüchen, Urteil hinsichtlich eines von mehreren einfachen Streitgenossen, bei Klage und Widerklage über eine von beiden (Thomas/Putzo/ Seiler § 301 ZPO Rn. 3).

Zur Klage und Widerklage s. jedoch die Ausnahme im Falle einer Widerklage auf Sicherheitsleistung gemäß § 650f BGB, in deren Rahmen die Gefahr widersprechender Entscheidungen zur Erreichung des Gesetzeszwecks u.U. hinzunehmen ist (hierzu ausführlich RÜ2 2024, 153).

1. Das landgerichtliche Teilurteil könnte entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO ergangen sein und daher auf einer Rechtsverletzung beruhen. Gemäß Abs. 1 S. 1 der Vorschrift hat das Gericht ein Teilurteil zu erlassen, wenn und soweit von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif ist.

a) „[13] Auch bei objektiver Klagehäufung oder grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstands darf ein Teilurteil [allerdings] nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen – auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht – ausgeschlossen Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden.

[14] Danach steht der Umstand, dass die Beklagte sowohl dem die Grundvergütung betreffenden Zahlungsanspruch, als auch dem zum Gegenstand der Stufenklage gemachten Anspruch auf Beratervergütung entgegengehalten hat und entgegenhält, solche Ansprüche schieden aus, weil die Klägerin ihren Vertragspflichten nicht hinreichend nachgekommen sei, einem Teilurteil nur über die Grundvergütung entgegen. Denn die Frage, ob es eine Pflichtverletzung gab und welche Auswirkungen diese ggf. auf vertragliche Vergütungsansprüche hat, wird sich bei der Entscheidung über die dritte Stufe der Stufenklage erneut stellen.“

Diese Frage ist daher mit dem angefochtenen Teilurteil gerade nicht abschließend entschieden worden.

„[15] Die Ausführungen des Landgerichts, die Nichterbringung der Gegenleistung der Klägerin könne dem Anspruch nach Beendigung des [Vertrags] nicht mehr entgegengehalten werden, legt nahe, dass das Landgericht das Vorbringen jedenfalls auch als Ausübung eines – alle Ansprüche betreffenden – Zurückbehaltungsrechts gewertet hat. Auch ein solches alle Ansprüche betreffendes Zurückbehaltungsrecht schließt ein Teilurteil über nur einen oder einige dieser Ansprüche aus.“

b) Ein anderes Ergebnis könnte sich vorliegend daraus ergeben, dass die Klägerin eine Stufenklage erhoben hat.

„[16] … [Das] Teilurteilsverbot bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen [gilt] bei der Stufenklage [nämlich] nicht uneingeschränkt. Soweit sich auf den einzelnen Stufen der Stufenklage dieselben Vorfragen stellen, ist ein Teilurteil über die jeweils vorrangige Stufe dennoch möglich, denn anders wäre die Stufenklage entgegen der gesetzgeberischen Konzeption des § 254 ZPO nicht stufenweise bescheidbar.

Die nur der Anspruchsbezifferung dienenden Stufen (Auskunft, eidesstattliche Versicherung) können deshalb ohne Rücksicht auf das Verbot beschieden werden.

Dies gilt sowohl im Verhältnis zur Zahlungsstufe der Stufenklage, als auch im Verhältnis zu weiteren, außerhalb des Stufenverhältnisses stehenden Klage- oder Widerklageanträgen.

[17] Im Verhältnis zwischen der Zahlungsstufe der Stufenklage, die das eigentliche Rechtsschutzbegehren der Stufenklage darstellt, und außerhalb des Stufenverhältnisses stehender Anträge gelten allerdings die allgemeinen Anforderungen. Über einen außerhalb des Stufenverhältnisses stehenden Antrag und die Zahlungsstufe der Stufenklage darf [daher] nur entschieden werden, wenn eine Widerspruchsgefahr nicht besteht. Das Verbot wird nur hinsichtlich des Widerspruchs zwischen den Anträgen auf Auskunft und eidesstattliche Versicherung – untereinander und hinsichtlich weiterer Anträge – eingeschränkt.“

aa) Vorliegend liegt der geltend gemachte und vom Landgericht im Teilurteil beschiedene Antrag auf Zahlung der Grundvergütung außerhalb des Stufenverhältnisses, sodass das Teilurteil demnach unzulässig und aufzuheben ist.

Die Berufung ist insoweit begründet.

bb) Entsprechendes könnte auch für den Antrag auf Feststellung der teilweisen Erledigung der Hauptsache gelten.

„[19] [Denn auch dieser] Feststellungsantrag steht außerhalb der Stufenklage. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 254 ZPO, der sich nicht auf Feststellungsanträge bezieht und aus der Ratio der Norm. Die Klägerin bedarf des nunmehr insoweit begehrten Ausspruchs nicht, um ihren Leistungsantrag zu beziffern. Im Übrigen würde die Annahme, das Stufenverhältnis bestünde hinsichtlich des Feststellungsantrags fort, die Rechtsverfolgung regelmäßig sachwidrig erschweren. Denn träfe sie zu, müsste bei erstinstanzlich erfolgender einseitiger Erledigungserklärung hierüber vorab entschieden werden, bevor die Stufenklage in zweiter und dritter Stufe beschieden werden könnte.

[20] Steht der Feststellungsantrag aber außerhalb des Stufenverhältnisses, besteht auch kein Grund, ihn vom Teilurteilsverbot bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen auszunehmen.

[21] Der außerhalb des Stufenverhältnisses stehende Feststellungsantrag, der dahin geht, festzustellen, dass die Klage hinsichtlich der Auskunft ursprünglich zulässig und begründet war, dann aber unzulässig oder unbegründet geworden ist, ist im Streitfall gegenüber der Zahlungsstufe der Stufenklage und dem Anspruch auf die Grundvergütung nicht teilurteilsfähig, weil nicht auszuschließen ist, dass er im Instanzenzug als zulässig behandelt wird und dann bei seiner sachlichen Prüfung die auch für die beiden Zahlungsansprüche vorgreifliche – vom Landgericht zum Auskunftsanspruch auch beschiedene – Frage zu bescheiden ist, ob vertraglichen Ansprüchen der Klägerin eine unzureichende Erfüllung ihrer Vertragspflichten entgegensteht.

Die Teilurteilsfähigkeit ist [demnach] weder zum Ausspruch über die Grundvergütung, noch zur noch erstinstanzlich anhängigen Zahlungsstufe der Stufenklage gegeben.“

Die Berufung ist also auch insoweit begründet.

III. Ergebnis

Die Berufung ist mithin insgesamt begründet, da das angefochtene Teilurteil entgegen der Vorschrift des § 301 ZPO erlassen wurde und daher auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht.

2. Teil:

Ergänzende Fragen im Rahmen eines Prüfungsgesprächs:

Frage: Welche Anträge kommen im Berufungsverfahren in Betracht?

Erstinstanzlich folgt die Antragsbindung des Gerichts als Ausfluss der Dispositionsmaxime aus § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO, wonach das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Denken Sie auch an S. 2, wonach dies auch für Früchte, Zinsen und andere Nebenforderungen gilt. Ein praktisches Beispiel hierfür ist, dass die Partei Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 % beantragt anstatt 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Antwort: Gemäß § 528 ZPO ist das Berufungsgericht an die gestellten Anträge gebunden. Mit dem Berufungsantrag bringt die Partei zum Ausdruck, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil angefochten und seine Abänderung begehrt wird (§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO). Über diesen Antrag hinausgehend kann die Partei allerdings gemäß § 538 Abs. 2 ZPO auch beantragen, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache zurückverweisen.

Frage: Worin kann der Vorteil der Zurückverweisung für die berufungsführende Partei liegen?

Antwort: Die Zurückverweisung der Sache (nicht des Urteils!) führt dazu, dass die daraufhin erneut zu treffende erstinstanzliche Entscheidung abermals mit der Berufung angefochten und zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt werden kann. Entscheidet das Berufungsgericht in der Sache selbst, kann dagegen nur die Revision eingelegt werden. Der Berufungsführer „verliert“ daher im Falle der Zurückverweisung keine Instanz.

Frage: An welche Voraussetzungen ist die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht geknüpft?

Antwort: Da der gesetzlich vorgesehene Instanzenzug vom Grundsatz her vorsieht, dass der Rechtsstreit nach einer Berufungsentscheidung mit der Revision anzufechten ist, ist die Zurückverweisung nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zulässig, die in § 538 Abs. 2 ZPO niedergelegt sind.

Das entgegen § 301 ZPO erlassene Teilurteil ist in § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO ausdrücklich geregelt. In einem solchen Fall kann das Berufungsgericht gemäß S. 3 der Vorschrift auch ohne ausdrücklichen Antrag der Partei von der Möglichkeit der Zurückverweisung Gebrauch machen.

Ein Verfahrensfehler i.d.S. ist ein Verstoß gegen eine Verfahrensnorm, ein Fehler, der den Weg zum Urteil oder die Art und Weise seines Erlasses betrifft im Gegensatz zum Fehler bei der Rechtsfindung, der den Inhalt des Urteils betrifft (Thomas/Putzo/Seiler § 538 Rn. 7 mit weiteren Beispielen).

Frage: Wird das Berufungsgericht die Sache vorliegend zurückverweisen?

Antwort: Das Berufungsgericht „darf“ die Sache bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen zurückverweisen, worüber es nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat. Es ist unter Berücksichtigung unterschiedlicher Gesichtspunkte wie Prozessökonomie, Verlust einer Tatsacheninstanz, Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits sowie etwaige schützenswerte Interessen der Parteien danach zu prüfen, welche Vorgehensweise sachgerecht ist (BeckOK ZPO/Wulf [01.09.2024], § 538 Rn. 6).

„[22] [Vorliegend ist es] sachgerecht, von der Möglichkeit der Zurückverweisung Gebrauch zu machen. Der Erlass eines unzulässigen Teilurteils ist ein wesentlicher Verfahrensmangel.

Die Beklagte musste erstinstanzlich nicht damit rechnen, sogleich zu einer Zahlung verurteilt zu werden. Sie durfte vielmehr davon ausgehen, dass sie zunächst allenfalls zur Auskunft verurteilt würde. So hat sie auch erst im Berufungsrechtszug ihr Vorbringen hinsichtlich der Vertragsverletzungen der Klägerin ergänzt und die Aufrechnung erklärt.

Damit stellt das landgerichtliche Verfahren letztlich entgegen der gesetzlichen Konzeption keine geeignete Grundlage für das Berufungsverfahren dar und [es] erscheint … nicht sachgerecht, die Parteien trotz des Verfahrensfehlers des Landgerichts an die besonderen Regelungen des Berufungsverfahrens zu binden und ihnen die weitere Überprüfung durch eine zweite Tatsacheninstanz zu entziehen.“

Diese Rechtsprechung wurde für dich von RinLG Dr. Tanja Stuckmann aufbereitet.

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Beitragsautor:

Alpmann Schmidt

Alpmann Schmidt

Alpmann Schmidt ist ein juristischer Fachverlag, der zudem juristische Lehrgänge und Repetitorien anbietet. In Kooperation mit JurCase präsentiert Alpmann Schmidt bei uns monatlich eine Rechtsprechung des Monats. Mehr Informationen zu Alpmann Schmidt gibt es hier.

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