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Referendariat

Meine Verwaltungsstation im Justiziariat einer Fachhochschule

By 25. Januar 2022Oktober 11th, 2023No Comments
Verwaltungsstation

Die Verwaltungsstation – mehr als nur eine Notwendigkeit auf dem Weg zum Examen

Die Verwaltungsstation im Rahmen des Referendariats weist die Besonderheit auf, dass sich die Referendare regelmäßig selbstständig eine passende Stelle aussuchen und sich auf diese bewerben müssen. Was auf den ersten Blick eine aufwändige Hürde zu sein scheint, erweist sich bei genauerem Hinschauen als hervorragende Gelegenheit eine exklusive, an den eigenen Interessen und Bedürfnissen ausgerichtete, Erfahrung zu machen. Die Möglichkeiten in der Verwaltungsstation sind – entgegen dem gängigen Klischee – vielfältig und spannend, wenn der Referendar offen für die Berufsperspektiven als Verwaltungsjurist abseits der konventionellen Verwaltungsbehörden ist. Dies setzt natürlich voraus, dass er diese überhaupt kennt. Daher solltest du dich gründlich mit den diversen Möglichkeiten auseinandersetzen und dich rechtzeitig bewerben, da die beliebten Stellen schnell vergeben sind.

Wieso die Fachhochschule und nicht eine „klassische“ Verwaltungsbehörde?

Ich selbst habe mich dafür entschieden, die Verwaltungsstation an einer Fachhochschule in Thüringen zu absolvieren. Für die vorausgehende Frage, wo ich die Verwaltungsstation ableisten möchte, waren für mich drei Aspekte ausschlaggebend: Abwechslungsreiche und zugleich examensrelevante Aufgaben sowie eine angemessene Arbeitsauslastung.

Bei der klassischen Verwaltungsbehörde, wie beispielsweise dem Rechtsamt, bearbeitet der Referendar nahezu ausschließlich Fälle examensrelevanter Rechtsgebiete (Bau-, Kommunal- und Polizeirecht). Im Hinblick auf die Examensvorbereitung ist dies natürlich effizient – keine Frage. Allerdings erschöpft sich die verwaltungspraktische Tätigkeit regelmäßig in der Anfertigung von Ausgangs- und Widerspruchsbescheiden, was mir persönlich zu monoton erschien und mich auf Dauer demotiviert hätte. Zudem ist es häufig so, dass der Referendar (beinahe) jeden Tag für acht Stunden in der Behörde anwesend sein muss. Da bleibt nicht viel Zeit zum Lernen.

Demgegenüber ist der Referendar im Justiziariat einer Fachhochschule mit vielen verschiedenen Rechtsmaterien befasst, wobei auch die prozessuale Einkleidung immer variiert. Dadurch hat der Referendar die Chance, auch mal in Rechtsgebiete reinzuschnuppern, die nicht Gegenstand des Studiums oder der Arbeitsgemeinschaften im Referendariat sind. Gleichwohl werden im Justiziariat auch häufig Sachverhalte mit hoher Examensrelevanz bearbeitet. Ich empfand dies als ausgezeichnete Balance zwischen effizienter Examensvorbereitung und der Erkundung fremder Rechtsgebiete.

Besonderheiten bei der Fachhochschule und Aufgabenbereiche

Die besondere Attraktivität der Verwaltungsstation bei der Fachhochschule lag für mich in der enormen Bandbreite an Aufgabenfeldern. Das Justiziariat der Fachhochschule ist für die Beratung und Betreuung in allen rechtlichen Angelegenheiten, die die Hochschule betreffen, zuständig.

JurCase informiert:

Die vielfältigen Aufgaben des Justiziariats hängen wesentlich mit der Selbstverwaltungsgarantie der Hochschulenzusammen (z.B. § 2 Abs. 3 ThürHG). Danach werden die Hochschulen ermächtigt, ihre eigenen Angelegenheiten eigenverantwortlich im Rahmen der Gesetze zu regeln. Zu diesem Zweck bedienen sich die Hochschulen überwiegend dem Instrument der Satzung. Das Satzungsrecht für die Grundordnungen der Hochschulen ist beispielsweise in § 3 ThürHG normiert. Darüber hinaus regeln die Hochschulen in eigener Zuständigkeit die ihnen übertragenen staatlichen Aufgaben, wie etwa die Personalverwaltung (§ 2 Abs. 4 ThürHG).

Zum einen erstellen die Juristen des Justiziariats die eigenen Hochschulsatzungen (z.B. die Grundordnung der Fachhochschule). Zum anderen sind sie für allgemeine hochschulrechtliche Probleme zuständig, zu welchen sie insbesondere die internen Gremien entsprechend beraten. Überdies fertigen sie unter anderem Forschungs- und Kooperationsverträge an und übernehmen die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung in hochschulrechtlichen Angelegenheiten. Natürlich werden im Justiziariat der Fachhochschule auch Prüfungsanfechtungen, Anfechtungen von Gebührenfestsetzungen, Verpflichtungsbegehren zur Zulassung zum Studium oder beamtenrechtliche Fragestellungen bearbeitet. Auch die Beratung in datenschutz- und urheberrechtlichen Fragen gehört zum Zuständigkeitsbereich.

Dies bringt die Besonderheit mit sich, dass der Jurist an der Fachhochschule sowohl rechtsgestaltend und rechtsberatend als auch rechtssetzend und rechtsdurchsetzend tätig ist. Diese außergewöhnliche Kombination der verschiedenen Bereiche und Blickwinkel macht die Arbeit sehr abwechslungsreich und stellt den Bearbeiter immer vor neue Herausforderungen. Hierin lag auch der Reiz für mich, meine Verwaltungsstation bei einer Fachhochschule zu absolvieren.

Zusätzlich variiert stets die prozessuale bzw. verwaltungspraktische Einkleidung. Von der Erstellung von Ausgangs- und Widerspruchsbescheiden, bis zum Entwerfen von Verträgen und gerichtlichen Schriftsätzen ist alles dabei. Dies hat vor allem auch für Referendare den Vorteil, dass viele der examensrelevanten Aufgabenstellungen im öffentlichen Recht in formaler Hinsicht erlernt werden.

Arbeitsalltag und Arbeitsauslastung

Der Bewerbungsprozess verlief unkompliziert und dürfte regelmäßig keine Hürde darstellen. Da die meisten Referendare die Fachhochschule als Option für die Verwaltungsstation nicht auf dem Radar haben, wirst du es wahrscheinlich nicht mit vielen Mitbewerbern zu tun haben.

Während der Verwaltungsstation arbeitete ich coronabedingt überwiegend im Home-Office. Regelmäßig bekam ich eine Akte pro Woche zur Bearbeitung.  Ein- bis zweimal in der Woche traf ich mich mit meiner Ausbilderin persönlich. In diesem Rahmen besprachen wir meine schriftlichen Ausarbeitungen, und ich durfte einige Male Aktenvorträge anhand „echter“ Akten vorbereiten und halten. Leider fanden hochschulinterne Gremienversammlungen – bei denen ich normalerweise hätte teilnehmen können – aufgrund der Coronasituation nicht statt, sodass ich diese Erfahrung leider nicht mitnehmen konnte.

Die Akten waren meistens umfangreich und bedurften aufgrund des speziellen Rechtsgebiets eines höheren Rechercheaufwands. Insgesamt war die Arbeitsauslastung aber angemessen, sodass nebenbei ausreichend Zeit zum Lernen und zur Vorbereitung der Arbeitsgemeinschaft blieb.

Tipps und Hinweise

Falls du dich dafür entscheidest, die Verwaltungsstation bei einer Fachhochschule zu verbringen, wirst du schnell feststellen, dass dem Hochschulrecht zahlreiche Rechtsquellen zugrunde liegen. Im Rahmen deiner Aufgaben solltest du daher darauf achten, sorgfältig zwischen den einzelnen Gesetzen und den verschiedenen hochschulinternen Satzungen zu unterscheiden. Das Zusammenspiel zwischen den diversen Vorschriften kann zwar auf den ersten Blick verwirrend sein, fördert aber bei der genauen Auseinandersetzung das Systemverständnis und das systematische Arbeiten mit unbekannten Normen. Dies ist auch für das Examen hilfreich, weil du es vermutlich in der einen oder anderen Klausur mit unbekannten Normen zu tun haben wirst.

Fazit

Die Zeit im Justiziariat der Fachhochschule habe ich während meines Referendariats sehr genossen. Die Arbeit hat mir großen Spaß bereitet und war sehr abwechslungsreich. Eine positive und lehrreiche Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Für diejenigen Referendare, die das Verwaltungsrecht eher als langweilig und monoton empfinden, könnte daher die Verwaltungsstation bei der Fachhochschule eine erwägenswerte Alternative darstellen.

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Beitragsautor:

Kassandra Forst

Kassandra Forst

Kassandra ist Diplom-Juristin und seit kurzem Rechtsassessorin. Ihr Referendariat absolvierte sie in Thüringen und wird hierüber in Erfahrungsberichten erzählen. Außerdem wird sie die #Gewusst-Reihe mit Beiträgen zu examensrelevanter, aktueller Rechtsprechung sowie zum materiellen und formellen Recht in Assessorklausuren unterstützen.

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