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Referendariat

Mein größter Feind in der Zivilstation: das Diktiergerät!

By 20. Februar 2018Oktober 18th, 2023No Comments
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Mein größter Feind in der Zivilstation: das Diktiergerät!

Wer hätte es gedacht? In der Zivilstation am Amtsgericht waren weder Verhandlungen um Punkt 8.00 Uhr noch aufmüpfige Anwälte mein größter Feind. Auch das materielle und prozessuale Recht konnte mich nicht sonderlich beeindrucken. Mein größter Feind war tatsächlich das Diktiergerät! Dieses kleine – harmlos aussehende – silberne Ding mit dem Schiebeschalter und einem winzigen Display. Genauer gesagt ergaben sich damit exakt zwei Probleme:

1. WIE funktioniert dieses Teil?

Wie genau das Diktiergerät funktioniert, lässt sich in einem Text schwer beschreiben. Meine Richterin war so nett, mir kurz zu erklären, wie der Schiebeschalter ihres Diktiergeräts funktioniert und was ich drücken muss, um etwas aufzunehmen. Eigentlich kann man dabei auch kaum etwas falsch machen. Nur die „Löschen“-Taste sollte man nicht drücken. Außerdem darf man nicht zurückspulen und dann über die alte Aufnahme eine neue Aufnahme drüberspielen. Alles andere ist eine Frage der Übung. Ich durfte mir das Diktiergerät einen Vormittag ausleihen und in der Bibliothek damit üben. Außerdem war meine Richterin so nett, mich als aller erstes ein Versäumnisurteil diktieren zu lassen. Da kann man kaum etwas falsch machen und wenn doch, ist außer der Richterin meistens sowieso nur ein einzelner Anwalt da. Und dieser wird sich bestimmt an seine eigene Zeit im Referendariat erinnern und Gnade zeigen. Toi, toi, toi!

2. WAS soll ich damit diktieren?

Gerüchteweise ist mir zu Ohren gekommen, dass es auch noch ältere Richter geben soll, die die komplette Verhandlung von Hand mitschreiben. Mir ist eine solche Spezies an meinem Amtsgericht allerdings nicht untergekommen. Hier hat jeder Richter sein eigenes Diktiergerät und diktiert das Protokoll für die Verhandlung währenddessen direkt selbst. Dass über die Verhandlung ein Protokoll aufzunehmen ist, steht in § 159 Abs. 1 ZPO. Welchen Inhalt dieses Protokoll hat, lässt sich § 160 ZPO entnehmen. Demnach muss das Protokoll zwingend enthalten:

  • den Ort und den Tag der Verhandlung
  • die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers
  • die Bezeichnung des Rechtsstreits; die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen
  • die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

Nach § 160 Abs. 2 ZPO sind die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen. Laut § 160 Abs. 3 ZPO sind außerdem folgende Geschehnisse zu protokollieren:

  • Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich
  • die Anträge
  • Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist; die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien
  • bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht
  • das Ergebnis eines Augenscheins
  • die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts
  • die Verkündung der Entscheidungen
  • die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels
  • der Verzicht auf Rechtsmittel
  • das Ergebnis der Güteverhandlung.

Das hört sich erst einmal überwältigend an. Nachdem man einige Verhandlungstage mit „seinem“ Richter durchgestanden hat, zeigt sich aber schnell, dass es für alles eine Muster-Formulierung gibt. Diese ist zwar nicht zwingend, besonders ältere Richter diktieren aber immer wieder aus reiner Gewohnheit exakt das Gleiche. Ich war so frech das, was meine Richterin häufig diktiert, einfach mitzuschreiben und mir daraus eine Vorlage für meine eigene erste Verhandlung zu basteln.

3. Formulierungs-Beispiele für die Praxis

a) Die Eröffnung des Termins

„Protokoll der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts [X] am Mittwoch den [Datum] in dem Rechtsstreit [Kläger/Beklagter, Aktenzeichen]. Gegenwärtig ist Richter [R] als Einzelrichter ohne Hinzuziehung eines Protokollführers. Der Inhalt des Protokolls wird vorläufig auf Tonträger aufgezeichnet.“

„Die Leitung der mündlichen Verhandlung sowie die Durchführung der Beweisaufnahme werden auf die Rechtsreferendarin [Frau R] gem. § 10 GVG übertragen und erfolgt unter Aufsicht des vorbenannten Richters.“

b) Feststellung der anwesenden Personen

„Bei Aufruf der Sache erschienen der Kläger [Herr K] mit seinem Prozessbevollmächtigten [Herrn P] sowie die Beklagte [Frau B] mit ihrer Prozessbevollmächtigten [Frau A].“

c) Güteverhandlung

„Im Rahmen des Versuchs einer gütlichen Einigung führt das Gericht in den Sach- und Streitstand ein. [Blablabla]. Eine gütliche Einigung ist/ist nicht möglich.

d) Antragsstellung

„Der Klägervertreter stellt die Anträge wie in der Klageschrift vom [Datum]. Der Beklagtenvertreter beantragt Klageabweisung. Sodann treten die Parteien in die mündliche Verhandlung ein und verhandeln zur Sache. [Blablabla]“

e) Zeugenbelehrung

„Sie sind heute als Zeuge geladen. Als Zeuge sind sie verpflichtete, die Wahrheit zu sagen. Ihre Aussage hat unaufgefordert vollumfänglich zur Sache zu sein, es darf Nichts weggelassen werden. Sie müssen damit rechnen heute vereidigt zu werden. Sollten Sie in diesem Falle, auch nur fahrlässig, eine Aussage falsch tätigen, so können Sie empfindlich bestraft werden. Das Strafmaß liegt hier nicht unter einem Jahr. Auch eine uneidliche falsche Aussage ist strafbar.“

f) Zeugenvernehmung

„Max Mustermann, 38 Jahre alt, Autohändler, wohnhaft in Stuttgart, ansonsten verneinend bzw. ich bin der Bruder/Vater/Schwager des Klägers/Beklagten.“

„Ihnen steht als Bruder/Vater/Schwager des Klägers/Beklagten das Recht zu, hier zur Sache nicht aussagen zu müssen. Machen Sie von diesem Recht Gebrauch ist die Vernehmung an dieser Stelle beendet. Sollten Sie sich entscheiden eine Aussage zu tätigen, dann muss diese natürlich ebenfalls  wahrheitsgemäß sein.“

„Der Zeuge wurde besonders belehrt, daraufhin erklärt dieser: Ich möchte aussagen.“

„Der Zeuge sagt aus: Ich habe dem Beklagten am [Datum] den PKW [Details] verkauft. [Blablabla]“

„Laut diktiert und vorgespielt. Auf erneutes Vorspielen allseits verzichtet“

g) Ende der Sitzung

„Ende er Sitzung um [Uhrzeit].“

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Beitragsautor:

Jannina Schäffer

Jannina Schäffer

Jannina studierte Rechtswissenschaften in Tübingen und legte 2019 ihr Zweites Staatsexamen am Landgericht Stuttgart ab. In ihrer Freizeit betreibt sie unter anderem JURios - das online Magazin für kuriose Rechtsnachrichten.

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