
Familienrecht – Examensklassiker und Alltagsrelevanz!
Das Familienrecht findet oftmals Platz in Examensklausuren (sowohl im Ersten als auch im Zweiten Examen), gerne in Verbindung mit dem Erbrecht oder Sachenrecht und daher wird es nicht gerade als beliebt empfunden. Allerdings ist dies auch ein sehr alltagsrelevantes Rechtsgebiet, mit dem man in vielen Lebenslagen in Berührung kommen kann. Es gibt daher einige zentrale Grundsätze des Familienrechts, die hier dargestellt werden.
Die Familie
Das Familienrecht findet seine gesetzliche materielle Grundlage im 4. Buch des BGB, nämlich durch das Eherecht in §§ 1297 bis 1588, das Verwandtschaftsrecht in §§ 1589 bis 1722 und das Recht der Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft in den §§ 1773 bis 1921.
Man versteht unter dem Begriff „Familie“ die Gesamtheit aller durch Ehe, durch Verwandtschaft oder durch Schwägerschaft verbundenen Personen. Eine Kleinfamilie umfasst maximal zwei Generationen, hingegen umfasst eine Großfamilie mehrere Generationen. Die Familie steht nach Art. 6 GG unter besonderem staatlichen Schutz und ist nach Art. 6 Abs. 2 GG als Institut garantiert, genau wie die Ehe.
Besonders wichtig ist im Familienrecht die Verwandtschaft, welche sich durch Abstammung begründet. Wer voneinander abstammt, ist in gerader Linie verwandt, § 1589 S. 1 BGB, zum Beispiel Großeltern, Kinder, Enkel. Man spricht von der Seitenlinie, wenn die Personen gemeinsam von einer dritten Person abstammen, § 1589 S. 2 BGB, zum Beispiel Geschwister, Cousins, Tanten usw. Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Anzahl der sie vermittelnden Geburten, minus der Person, die die Verwandtschaft herstellt, § 1589 S. 3 BGB. Nach dieser Rechnung sind z. B. Geschwister im zweiten Grad miteinander verwandt, die Geburt der Mutter zählt dabei nicht mit.
Das Eherecht und dessen rechtliche Folgen
Typische Klausurfälle richten sich rund um die Ehe und um Rechtsgeschäfte von Eheleuten. Das Eherecht ist ein Teilgebiet im Familienrecht. Nach § 1353 Abs. 1 BGB handelt es sich bei der Ehe um ein Dauerschuldverhältnis personenrechtlicher Natur, das durch einen Vertrag zustande kommt, der grundsätzliche auf Lebenszeit geschlossen wird. Die Förmlichkeiten sind in den §§ 1303 bis 1320 BGB geregelt. Wichtig ist, dass die Ehe ein höchstpersönliches Geschäft ist, hierbei ist keine Stellvertretung zulässig. Werden die weiteren erforderlichen Voraussetzungen, wie die Ehemündigkeit nach § 1303 Abs. 1 BGB nicht eingehalten, dann liegt eine Nichtehe oder eine aufhebbare Ehe vor. Aus der Eheschließung ergibt sich nach § 1353 BGB die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft, die Pflichten wie gegenseitige Liebe, Achtung, Rücksichtnahme, Beistand, Treue, Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft und die Mitwirkung zur gemeinsamen Veranlagung bei der Einkommenssteuer enthält. Nach § 1356 BGB besteht eine Pflicht zur Haushaltsführung, wobei die Eheleute in der Aufgabenverteilung frei sind. Beide haben dabei zum Familienunterhalt beizutragen, dies kann jedoch auch durch die Haushaltsführung erfolgen.
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Es besteht nur in Notsituationen eine Verpflichtung zur Mitarbeit im Beruf oder im Geschäft des Ehepartners, aber dies ist dann auch ohne zusätzliches Entgelt möglich.
Eine Besonderheit ist auch die Schlüsselgewalt aus § 1357 BGB für Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfes. Dabei wird der andere Ehepartner mitverpflichtet, obwohl nur ein Ehepartner das Geschäft abgeschlossen hat, wenn es der angemessenen Deckung des Lebensbedarf dient, wie zum Beispiel der Kauf von Lebensmitteln. Der Lebensmittelhändler könnte dann die Forderung auch gegen den Ehepartner durchsetzen, der gar nicht vor Ort beim Abschluss des Kaufes anwesend war.
Die Scheidung: Eine Trennung mit rechtlichen Folgen
Trennen sich die Eheleute wird eine gegenseitige Unterhaltsverpflichtung ausgelöst, die monatlich in Form von Geld zu leisten ist, §§ 1360, 1361 BGB. Die Höhe berechnet sich dabei nach den ehelichen Lebensverhältnissen, damit diese während der Trennungszeit erhalten bleiben für beide Eheleute. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der unterhaltsberechtigte Partner sich selbst durch eine Erwerbstätigkeit versorgen könnte, wenn er vorher auch nicht erwerbstätig war, sondern durch Haushaltsführung den Beitrag geleistet hat. Es kann sogar ein Getrenntleben innerhalb der Wohnung erfolgen, solange eine Trennung aller Lebensbereiche möglich ist.
Bei der Scheidung kommt es darauf an, in welchem Güterstand die Eheleute gelebt haben. Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bleibt das Vermögen der Eheleute grundsätzlich getrennt, § 1363 BGB. Jeder haftet selbst für Schulden und verfügt über sein Vermögen. Der Zugewinn, also das was an Vermögenszuwachs während der Ehe erfolgt ist, abzüglich des Anfangsvermögens bei Heirat, wird am Ende bei der Scheidung ausgeglichen.
Gütertrennung besteht, wenn der gesamte Zugewinnausgleich oder der gesamte Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird, dabei ist die Teilung des Gesamtgutes ausgeschlossen, § 1419 BGB. Dies kann durch einen Ehevertrag geschehen, der der notariellen Form bedarf.
Die Scheidung erfolgt nach § 1565 Abs. 1 S. 1 BGB durch das Scheitern der Ehe, ungeachtet eines Verschuldens. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass sie von den Eheleuten wiederhergestellt wird. Vor Ablauf des Trennungsjahres kann die Ehe nur in besonderen Härtefällen geschieden werden, z. B. bei Misshandlungen, § 1565 Abs. 2 BGB. Nach einjähriger Trennung ist die Scheidung einverständlich möglich, §§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 1 BGB. Nach einer dreijährigen Trennung wird das Scheitern der Ehe unwiderlegbar vermutet, §§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 2 BGB.
Besonderheiten bestehen bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Haben hier die Parteien nichts vereinbart, wird bei der Trennung nicht miteinander finanziell abgerechnet.
Allerdings kann nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Zuwendung unter gewissen Umständen nach dem Scheitern der Beziehung zurückgefordert werden, wenn diese eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung und gerade keine Schenkung dargestellt hat. Diese Zuwendung ist an das Bestehen der Beziehung geknüpft und nicht wie die Schenkung ohne Gegenleistung gewährt worden. Die Rückforderung kann über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, §§ 313 Abs. 1, 3, 346 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB erfolgen.
Fazit
Im Familienrecht sollten immer die Intentionen der Rechtsgeschäfte im Hinterkopf behalten werden. Weiterhin ist auf Formalien zu achten, denn die rechtlichen Folgen können sich dadurch ändern! Besonders die nichteheliche Lebensgemeinschaft kommt häufig in Klausuren vor und dabei müssen die Rechtsgrundsätze des Allgemeinen Teils des BGB ausgelegt werden, um dieser Sondersituation gerecht zu werden.