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Referendariat

Der Gang einer Hauptverhandlung im Strafprozess

By 24. Juli 2018Oktober 12th, 2023No Comments
Erfahrungsbericht_Strafstation_FB

Der Gang einer Hauptverhandlung im Strafprozess

Der Klassiker in den Prüfungen

Sowohl im Ersten Staatsexamen als auch im Zweiten Staatsexamen sind kleine Fragen zum Gang der Hauptverhandlung Standard. Sie eignen sich besonders gut, wenn den Prüfern noch eine Restzeit übrigbleibt oder einfach nur, um noch ein paar Basics abzufragen. Daher soll hier anhand einer schematischen Orientierung an § 243 StPO ein kurzer Überblick geschafft werden.

1. Aufruf der Sache

Jede Sache wird zunächst öffentlich aufgerufen. Ist noch niemand anwesend, wartet das Gericht in der Praxis i.d.R. noch 15 Minuten. Ist dann immer noch niemand anwesend, wird dies festgestellt.

2. Der Vorsitzende stellt die Anwesenheit fest

Sind der Angeklagte und die Zeugen anwesend wird dies zunächst für das Protokoll festgestellt.

3. Zeugen werden belehrt und gebeten, den Sitzungssaal wieder zu verlassen

Die Zeugen werden belehrt über die Wahrheitspflicht. Eventuell werden sie auch über Aussageverweigerungsrechte belehrt, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen.

4. Vernehmung des Angeklagten zur Person

Der Angeklagte wird zunächst ganz allgemein zur Person befragt (Name, Wohnort, Geburtstag, verheiratet oder ledig etc.).

5. Der Staatsanwalt verliest den Anklagesatz

Zuerst steht der Staatsanwalt auf und verliest den Anklagesatz („Mündlichkeitsprinzip“).

Randbemerkung: Der Staatsanwalt sitzt immer auf der Fensterseite. Warum das so ist, darüber ranken sich die Legenden. Eine besagt, dass dem Angeklagten keine Möglichkeit gegeben werden soll, aus dem Fenster zu springen und zu entfliehen (kam tatsächlich öfter mal vor). Die andere besagt, dass das „Licht des Rechts“ auf den Rücken der Staatsanwaltschaft fallen soll. Wahrscheinlich spielt ersteres gepaart mit einer langen Tradition eine Rolle.

6. Belehrung des Angeklagten

Der Angeklagte wird darüber belehrt, dass es ihm frei steht sich zur Sache zu äußern. Er kann auch schweigen.

(An dieser Stelle kann das Gericht auch Auszüge aus dem Bundeszentralregisterauszug (BzR) verlesen. Wann es dies im Rahmen der Hauptverhandlung tut, steht dem Gericht allerdings frei).

7. Vernehmung des Angeklagten zur Sache

Will sich der Angeklagte äußern, so hat er nun Gelegenheit selbst etwas zu sagen oder sich auch über seinen Verteidiger einzulassen.

Das Gericht kann hier auch nachfragen („Amtsermittlungsgrundsatz“).

8. Beweisaufnahme

Anschließend eröffnet das Gericht die Beweisaufnahme.

  • Zeugenvernehmung
  • Inaugenscheinnahme
  • Urkundenverlesung
  • Sachverständigengutachten

(Hier nochmal besonders wichtig: Das Mündlichkeitsprinzip im Strafprozess. Alle Urkunden müssen verlesen werden!)

9. Die Beweisaufnahme wird geschlossen

10. Plädoyer des Staatsanwalts

Zunächst hält der Staatsanwalt sein Plädoyer und schildert den Sachverhalt, wie er sich nach seiner Sicht dargestellt hat. Dabei werden alle Beweise gewürdigt. Anschließend folgen Ausführungen zur Strafzumessung (Was spricht für, was gegen den Angeklagten?). Im Anschluss folgt der Antrag auf das Strafmaß (Einzelstrafen? Gesamtstrafenbildung?).

11. ggf. Plädoyer des Verteidigers

Nun erhebt sich der Verteidiger und trägt seine Verteidigung vor. Diese strukturiert sich i.d.R so wie das Plädoyer der Staatsanwaltschaft.

12. Letztes Wort des Angeklagten

Der Angeklagte hat immer das letzte Wort. Dieses Recht findet sich in § 258 Abs. 2 Hs.2, Abs. 3 StPO.

13. Beratung

Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Bei Einzelrichtern dauert dies in der Regel allerdings nur wenige Minuten, da der Richter sich mit keinen Schöffen absprechen muss.

14. Urteilsverkündung

Zur Urteilsverkündung erheben sich alle Beteiligten und Zuschauer. Es wird im „Namen des Volkes“ verkündet.

15. Der Vorsitzende teilt die wesentlichen Entscheidungsgründe mit

Der Vorsitzende teilt die Entscheidungsgründe mit und erläutert, warum er die verhängte Strafe im Rahmen der Strafzumessung für angemessen hält (oder warum ein Freispruch erfolgen musste).

16. Rechtsmittelbelehrung

17. Verkündung weiterer Beschlüsse (Haftfortdauer; Bewährungsbeschluss)

18. ggf. Belehrung über Fahrverbot oder Belehrung gemäß § 268 a StPO

Wie du siehst, gestaltet sich die Hauptverhandlung im Strafprozess ganz strikt nach einem formellen Verfahren. Dabei soll dem besonderen Grundrechtseingriff des Angeklagten Rechnung getragen werden, der sich sicher sein soll, einem rechtsstaatlichen Verfahren zugeführt zu werden. Werden diese Vorschriften nicht eingehalten, begründen sie unter Umständen einen Revisionsgrund.

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Beitragsautor:

Sinan Akcakaya

Sinan Akcakaya

Sinan schrieb für JurCase zunächst über seine Erfahrungen im juristischen Vorbereitungsdienst und sodann über das Assessorexamen. Seine letzten Beiträge für uns befassen sich hingegen mit dem Karrierebeginn junger Volljuristen.

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