Der Gang einer Hauptverhandlung im Strafprozess
Der Klassiker in den Prüfungen
Sowohl im Ersten Staatsexamen als auch im Zweiten Staatsexamen sind kleine Fragen zum Gang der Hauptverhandlung Standard. Sie eignen sich besonders gut, wenn den Prüfern noch eine Restzeit übrigbleibt oder einfach nur, um noch ein paar Basics abzufragen. Daher soll hier anhand einer schematischen Orientierung an § 243 StPO ein kurzer Überblick geschafft werden.
1. Aufruf der Sache
Jede Sache wird zunächst öffentlich aufgerufen. Ist noch niemand anwesend, wartet das Gericht in der Praxis i.d.R. noch 15 Minuten. Ist dann immer noch niemand anwesend, wird dies festgestellt.
2. Der Vorsitzende stellt die Anwesenheit fest
Sind der Angeklagte und die Zeugen anwesend wird dies zunächst für das Protokoll festgestellt.
3. Zeugen werden belehrt und gebeten, den Sitzungssaal wieder zu verlassen
Die Zeugen werden belehrt über die Wahrheitspflicht. Eventuell werden sie auch über Aussageverweigerungsrechte belehrt, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen.
4. Vernehmung des Angeklagten zur Person
Der Angeklagte wird zunächst ganz allgemein zur Person befragt (Name, Wohnort, Geburtstag, verheiratet oder ledig etc.).
5. Der Staatsanwalt verliest den Anklagesatz
Zuerst steht der Staatsanwalt auf und verliest den Anklagesatz („Mündlichkeitsprinzip“).
Randbemerkung: Der Staatsanwalt sitzt immer auf der Fensterseite. Warum das so ist, darüber ranken sich die Legenden. Eine besagt, dass dem Angeklagten keine Möglichkeit gegeben werden soll, aus dem Fenster zu springen und zu entfliehen (kam tatsächlich öfter mal vor). Die andere besagt, dass das „Licht des Rechts“ auf den Rücken der Staatsanwaltschaft fallen soll. Wahrscheinlich spielt ersteres gepaart mit einer langen Tradition eine Rolle.
6. Belehrung des Angeklagten
Der Angeklagte wird darüber belehrt, dass es ihm frei steht sich zur Sache zu äußern. Er kann auch schweigen.
(An dieser Stelle kann das Gericht auch Auszüge aus dem Bundeszentralregisterauszug (BzR) verlesen. Wann es dies im Rahmen der Hauptverhandlung tut, steht dem Gericht allerdings frei).
7. Vernehmung des Angeklagten zur Sache
Will sich der Angeklagte äußern, so hat er nun Gelegenheit selbst etwas zu sagen oder sich auch über seinen Verteidiger einzulassen.
Das Gericht kann hier auch nachfragen („Amtsermittlungsgrundsatz“).
8. Beweisaufnahme
Anschließend eröffnet das Gericht die Beweisaufnahme.
- Zeugenvernehmung
- Inaugenscheinnahme
- Urkundenverlesung
- Sachverständigengutachten
(Hier nochmal besonders wichtig: Das Mündlichkeitsprinzip im Strafprozess. Alle Urkunden müssen verlesen werden!)
9. Die Beweisaufnahme wird geschlossen
10. Plädoyer des Staatsanwalts
Zunächst hält der Staatsanwalt sein Plädoyer und schildert den Sachverhalt, wie er sich nach seiner Sicht dargestellt hat. Dabei werden alle Beweise gewürdigt. Anschließend folgen Ausführungen zur Strafzumessung (Was spricht für, was gegen den Angeklagten?). Im Anschluss folgt der Antrag auf das Strafmaß (Einzelstrafen? Gesamtstrafenbildung?).
11. ggf. Plädoyer des Verteidigers
Nun erhebt sich der Verteidiger und trägt seine Verteidigung vor. Diese strukturiert sich i.d.R so wie das Plädoyer der Staatsanwaltschaft.
12. Letztes Wort des Angeklagten
Der Angeklagte hat immer das letzte Wort. Dieses Recht findet sich in § 258 Abs. 2 Hs.2, Abs. 3 StPO.
13. Beratung
Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Bei Einzelrichtern dauert dies in der Regel allerdings nur wenige Minuten, da der Richter sich mit keinen Schöffen absprechen muss.
14. Urteilsverkündung
Zur Urteilsverkündung erheben sich alle Beteiligten und Zuschauer. Es wird im „Namen des Volkes“ verkündet.
15. Der Vorsitzende teilt die wesentlichen Entscheidungsgründe mit
Der Vorsitzende teilt die Entscheidungsgründe mit und erläutert, warum er die verhängte Strafe im Rahmen der Strafzumessung für angemessen hält (oder warum ein Freispruch erfolgen musste).
16. Rechtsmittelbelehrung
17. Verkündung weiterer Beschlüsse (Haftfortdauer; Bewährungsbeschluss)
18. ggf. Belehrung über Fahrverbot oder Belehrung gemäß § 268 a StPO
Wie du siehst, gestaltet sich die Hauptverhandlung im Strafprozess ganz strikt nach einem formellen Verfahren. Dabei soll dem besonderen Grundrechtseingriff des Angeklagten Rechnung getragen werden, der sich sicher sein soll, einem rechtsstaatlichen Verfahren zugeführt zu werden. Werden diese Vorschriften nicht eingehalten, begründen sie unter Umständen einen Revisionsgrund.
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