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GewusstReferendariat

Der Aktenvortrag im Assessorexamen (Zivilrecht)

By 14. März 2019Oktober 12th, 2023No Comments
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Der Aktenvortrag im Assessorexamen (Zivilrecht)

Aufbau und Tipps für einen souveränen Aktenvortrag

Wie der Titel bereits verrät, soll es in diesem Beitrag um den Aufbau eines Aktenvortrages im Zivilrecht gehen. Zwecks Übersichtlichkeit konzentriere ich mich dabei auf die häufigste Konstellation im Examen, nämlich auf den Fall einer Gerichtsakte. Da ich selbst mitten in der Vorbereitung stecke, konnte ich Tipps aus verschiedenen Quellen zusammentragen und für mich austesten. Daher sollen nachfolgende Ausführungen einen kleinen Leitfaden für den eigenen Aktenvortrag darstellen. In NRW macht der Aktenvortrag 10 % der Gesamtnote aus (Prüfungsgespräch 30 %, Mündliche Prüfung insgesamt: 40%). Daneben dient er als erster Eindruck für die Prüfungskommission und ist daher – auch bei nicht so tollen Vornoten – unabdingbar für einen positiven Einfluss auf das spätere Prüfungsgespräch. Man hat eine Stunde, um den Vortrag vorzubereiten und dann nochmal maximal 12 Minuten für den Vortrag. Dabei sollte man so üben, dass man in der vorgesehenen Zeit von 10 Minuten fertig wird, denn nach 12 Minuten wird der Aktenvortrag von der Prüfungskommission unterbrochen. Damit das nicht geschieht, soll euch der folgende Leitfaden helfen.

I. Einleitung

Jeder Aktenvortrag beginnt mit einer kurzen Einleitung oder „Standardfloskel“. Gerade diese eignet sich hervorragend zum Auswendiglernen. Das hat zum einen den Vorteil, dass man sich schon zu Beginn sicher fühlt und zum anderen den Eindruck erweckt, frei zu reden. Dieser könnte wie folgt aussehen:

 „Sehr geehrte Prüfungskommission, ich berichte von einem Rechtsstreit, der seit dem 05.07.2018 am Amtsgericht Düsseldorf anhängig ist. Es klagt Herr B. aus Bochum gegen Frau C. aus Düsseldorf. Die Parteien streiten um die Kündigung aus einem Nachhilfeunterrichtsvertrag. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:…“

II. Sachverhaltsdarstellung

Im Anschluss folgt die euch bekannte Sachverhaltsdarstellung. Im Grunde ist sie genauso kurz und knapp darzustellen, wie in einer Klausur. Unstreitiges, streitiger Klägervortrag, Anträge, streitiger Beklagtenvortrag, gegebenenfalls Prozessgeschichte II.

Alles was für das Urteil erforderlich ist, soll rein. Aber Unnötiges sollte keine Erwähnung finden. Dies ist jetzt umso wichtiger, da im Vortrag anderenfalls jede wichtige Minute verloren geht. Kleiner Tipp: Die Anträge könnt ihr aus der Akte direkt ablesen, u.U. könnt ihr dann einleitend darauf aufmerksam machen mit den Worten: „ich zitiere aus der Akte: Der Kläger beantragt…“. Einige raten auch dazu, die Anträge nur kurz und im Wesentlichen wiederzugeben. Etwa: „sinngemäß beantragt der Kläger…“. Ich persönliche halte dieses Vorgehen jedoch für zu riskant und würde die Anträge direkt aus der Akte vorlesen. So seid ihr immer auf der richtigen Seite. Markiert euch bereits während der Vorbereitung diese farblich, sodass ihr sie schnell wiederfindet.

Sollte eine Einzelheit im Sachverhalt sehr umfangreich dargelegt worden sein, so könnt ihr darauf hinweisen, dass ihr später darauf zurückkommen wollt. Hier empfiehlt sich etwa folgender Standardsatz: „Auf die Einzelheiten komme ich, sofern erforderlich, in der rechtlichen Würdigung zurück.“ Auch auf zu viele Daten würde ich verzichten. Es reicht beispielsweise aus, wenn man Monate und Jahre benennt, auf den Tag kommt es nur in Einzelfällen (Fristprobleme?) an. Das erleichtert den Prüfern das Zuhören enorm.

Achtet nur darauf, nicht zu viel Zeit für den Sachverhalt zu beanspruchen, da der Schwerpunkt auch hier eindeutig in der rechtlichen Würdigung liegen muss. Allgemeine Zeitangaben würde ich hier nicht machen. In der Regel reicht es aber, wenn man ca. 2 Minuten mit dem Sachverhaltsvortrag verbringt.

III. Vorweggenommener Entscheidungsvorschlag

Da ihr ja bereits eine Lösungsskizze fertiggestellt habt, macht ihr vorweg einen Entscheidungsvorschlag (je nach Aufgabenstellung).

Beispiel: „Ich schlage vor, der Klage (teilweise) statt zu geben.“

Oder: „Ich schlage vor, die Klage abzuweisen.“

IV. rechtliche Würdigung (gegebenenfalls auch Nebenentscheidungen)

Wie bereits erwähnt, stellt die rechtliche Würdigung auch im Aktenvortrag ohne Frage den Schwerpunkt dar. Wer auch hier eine flüssige Überleitung sucht: „Dem liegen folgende rechtliche Erwägungen zugrunde…“.

Auch hier geht ihr genauso vor, wie in einer Klausur. Jedoch besteht im Gegensatz zur Urteilsklausur eine wichtige Besonderheit: Der Urteilsstil wird immer nur dann angewendet, wenn etwas unproblematisch ist. Anders als im klassischen Urteil, sollte man hier in den Gutachtenstil wechseln, um der Prüfungskommission deutlich zu machen, dass man auf ein rechtliches Problem gestoßen ist. Ansonsten bleibt es beim bekannten Konzept:

Geht eine Anspruchsgrundlage voll durch, wird jedes Tatbestandsmerkmal geprüft. Lehnt man eine Anspruchsgrundlage ab, so benennt man direkt das Tatbestandsmerkmal, an dem sie scheitert.

Auch hier würde ich immer meinen Schwerpunkt des Vortrages deutlich machen. Fange ich an, länger über ein rechtliches Problem nachzugrübeln, ist dies meistens immer ein Indiz dafür, dass verschiedene Lösungswege denkbar sind. Dementsprechend würde ich das auch anhand einer argumentativen Auseinandersetzung für den einen oder anderen Weg deutlich machen. Bekannte Hilfsmittel sind: Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck und (in Einzelfällen die Historie).

Ich mache es immer so, dass ich bestimmte Schwerpunkte in meiner Würdigung rot markiere, damit ich während des Vortrages nicht vergesse, zu diesem Punkt besonders viel zu sagen. Achtet besonders auf den Bearbeitervermerk. Wenn Nebenentscheidungen nicht erlassen sind, ist auch kurz dazu Stellung zu nehmen.

V. Tenor

Abschließend folgt der genaue Tenor in der Sache. Achtet auch hier darauf, ob die vorläufige Vollstreckbarkeit oder die Kostenentscheidung erlassen ist oder nicht.

Dies könnte so aussehen: „Ich schlage abschließend folgenden Tenor vor: Der Beklagte wird verurteilt an den Kläger Summe X zu zahlen.“

Oder: „Die Klage wird abgewiesen.“

Zum Schluss: Üblich ist es dann, den Vortrag mit einem „Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit“ zu beenden.

 

Viel Glück für eure Prüfungen!

-Sinan

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Beitragsautor:

Sinan Akcakaya

Sinan Akcakaya

Sinan schrieb für JurCase zunächst über seine Erfahrungen im juristischen Vorbereitungsdienst und sodann über das Assessorexamen. Seine letzten Beiträge für uns befassen sich hingegen mit dem Karrierebeginn junger Volljuristen.

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